A‑1432/2016: Greenpeace/Axpo; Öffent­lich­keits­prin­zip und Umgang mit Ver­wei­ge­rungs­grün­den (z.B. Geschäfts­ge­heim­nis­sen) bei umfang­rei­chen Dokumenten

Beim vor­lie­gen­den Ent­scheid A‑1432/2016 des BVGer war strit­tig, ob Green­peace einen auf BGÖ gestütz­ten Anspruch auf Ein­sicht in Doku­men­te der Axpo betr. das KKW Bez­nau hat. Kon­kret ging es um ein rund 950-sei­ti­ges Doku­ment zur Abnüt­zung des Druck­be­häl­ters. Das ENSI als Vor­in­stanz hat­te den Zugang ins­ge­samt abgewiesen.

Strit­tig war vor BVGer in erster Linie, ob die betref­fen­den Doku­men­te Berufs‑, Geschäfts- oder Fabri­ka­ti­ons­ge­heim­nis­se i.S.v. Art. 7 Abs. 1 lit. g BGÖ ent­hal­ten. Das BVGer hält in die­sem Zusam­men­hang zunächst fest, dass das Bestehen einer Ver­trau­lich­keits­ver­ein­ba­rung mit Bezug auf Infor­ma­tio­nen in den betref­fen­den Doku­men­ten zwar den sub­jek­ti­ven Geheim­hal­tungs­wil­len doku­men­tiert, dass aber gleich­wohl im Ein­zel­fall zu prü­fen ist, ob an der Geheim­hal­tung der betref­fen­den Tat­sa­chen auch ein objek­ti­ves Geheim­hal­tungs­in­ter­es­se besteht und die­se Tat­sa­chen rela­tiv unbe­kannt sind. Das BVGer bejaht die­se Vor­aus­set­zun­gen im vor­lie­gen­den Fall.

Infol­ge­des­sen war eine Inter­es­sen­ab­wä­gung durch­zu­füh­ren zwi­schen den Inter­es­sen an der Geheim­hal­tung und dem Trans­pa­renz­in­ter­es­se. Dabei über­wie­gen hier die Geheim­hal­tungs­in­ter­es­sen, obwohl hier im Kon­text der Sicher­heit des KKW Bez­nau ein erheb­li­ches Trans­pa­renz­in­ter­es­se besteht, weil die vom Zugangs­ge­such betrof­fe­nen Doku­men­te in einem Green­peace vor­lie­gen­den Doku­ment zusam­men­ge­fasst sind und weil die Ver­öf­fent­li­chung der Geschäfts­ge­heim­nis­se erheb­li­chen Scha­den ver­ur­sa­chen könnte.

Das Doku­ment wäre dem­nach im Grund­satz nur, aber immer­hin inso­weit offen­zu­le­gen, als es kei­ne Geschäfts­ge­heim­nis­se ent­hält. Das ENSI hat­te den Zugang indes­sen gesamt­haft ver­wei­gert, weil der Auf­wand zur Tria­ge gehei­mer und nicht-gehei­mer Infor­ma­tio­nen unver­hält­nis­mä­ssig hoch sei. Hier wider­spricht das BVGer dem ENSI:

[…] eine im beschrie­be­nen Sin­ne vor­zu­neh­men­de Dif­fe­ren­zie­rung der Infor­ma­tio­nen […] umfang­rei­che Arbei­ten mit sich bringt. Es ist jedoch davon aus­zu­ge­hen, dass der Gesetz- bzw. Ver­ord­nungs­ge­ber auch beson­ders auf­wän­di­ge Begeh­ren zulässt, sofern sie den Geschäfts­gang der Behör­de nicht gera­de­zu lahm­le­gen[…]. Ins­ge­samt ist – in Ach­tung des gesetz­ge­be­ri­schen Wil­lens einer mög­lichst trans­pa­ren­ten Ver­wal­tung und einer wei­test­ge­hen­den Offen­le­gung von Infor­ma­tio­nen – der durch die Vor­in­stanz sowie die Beschwer­de­geg­ne­rin gel­tend gemach­te Auf­wand in Kauf zu neh­men, machen doch weder Beschwer­de­geg­ne­rin noch Vor­in­stanz gel­tend, die Dif­fe­ren­zie­rung der Daten sei gänz­lich unmög­lich. Im Wei­te­ren kön­nen die Kosten grund­sätz­lich der Zugangs­ge­such­stel­le­rin in Rech­nung gestellt wer­den (Art. 17 Abs. 1 BGÖ).

Für die ent­spre­chend erfor­der­li­che Tria­ge weist das BVGer die Sache ans ENSI als Fach­be­hör­de zurück. Dabei sol­len die von den Infor­ma­tio­nen betrof­fe­nen Dritt­un­ter­neh­men Gele­gen­heit erhal­ten, sich zu äussern. Das ENSI habe ferner

[…] zu berück­sich­ti­gen, dass im Fal­le eines nicht offen­sicht­li­chen Vor­lie­gens eines Aus­nah­me­grun­des i.S.v. Art. 7 Abs. 1 BGÖ grund­sätz­lich für jedes Doku­ment bzw. für jede Text­pas­sa­ge, für wel­che sie den Zugang ein­zu­schrän­ken oder zu ver­wei­gern beab­sich­tigt, dar­zu­le­gen ist, wes­halb sie einen Aus­nah­me­tat­be­stand i.S.v. Art. 7 Abs. 1 BGÖ als erfüllt ansieht[…]. Hier­bei ist unter Umstän­den, um dem Zugang ent­ge­gen­ste­hen­de Inter­es­sen zu schüt­zen, zwar auf eine umschrei­ben­de Begrün­dung aus­zu­wei­chen. All­ge­mei­ne bzw. grund­sätz­li­che Über­le­gun­gen genü­gen jedoch in der Regel nicht, um das Zugangs­recht nach Art. 7 BGÖ ein- zuschränken.[…]

Im Rah­men der Neu­be­ur­tei­lung hat das ENSI zudem zu berück­sich­ti­gen, ob auch der Zugang zur Infor­ma­ti­on i.S.v. Art. 7 Abs. 1 lit. c BGÖ geeig­net wäre, die inne­re oder äusse­re Sicher­heit der Schweiz zu gefährden:

Ob jene Kate­go­rien von Infor­ma­tio­nen, wel­che nicht die Qua­li­tät haben, um von Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ erfasst zu wer­den (vgl. E. 5.6.4) und in der Fol­ge offen zu legen sind, sodann auch nicht als sicher­heits­re­le­vant im Sin­ne des Aus­nah­me­tat­be­stan­des von Art.7 Abs. 2 Bst. c BGÖ zu beur­tei­len sind, wird im Zuge der Neu­be­ur­tei­lung durch die Vor­in­stanz dif­fe­ren­ziert und im Lich­te der oben erwähn­ten Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts zu prü­fen sein.

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