Abmahn­fä­hig­keit von Ver­stö­ssen gegen die DSGVO: OLG Hamburg

In Deutsch­land hat nach den Land­ge­rich­ten Würz­burg und Bochum nun auch das Ober­lan­des­ge­richt (OLG) Ham­burg ein Urteil gefällt, das sich mit der Abmahn­fä­hig­keit von Ver­stö­ssen gegen die DSGVO nach deut­schem Lau­ter­keits­recht beschäf­tigt. Nach Auf­fas­sung des OLG Ham­burg ent­hält die DSGVO kein abge­schlos­se­nes Sank­ti­ons­sy­stem, das Abmah­nun­gen ausschliesst:

[…] Der Senat ist ent­ge­gen der von der Beklag­ten ver­tre­te­nen Auf­fas­sung nicht der Ansicht, dass die DS-GVO ein abge­schlos­se­nes Sank­ti­ons­sy­stem ent­hält, das die Ver­fol­gung daten­schutz­recht­li­cher Ver­let­zungs­hand­lun­gen auf lau­ter­keits­recht­li­cher Grund­la­ge durch Mit­be­wer­ber ausschlösse.

55 Die­se ins­be­son­de­re auch von Köh­ler […] ver­tre­te­ne Auf­fas­sung, ist auf Kri­tik gesto­ßen. Sie basiert vor allem dar­auf, dass die Art. 77 – 79 DS-GVO der „betrof­fe­nen Per­son”, also der­je­ni­gen Per­son, deren Daten ver­ar­bei­tet wer­den (vgl. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO) , Rechts­be­hel­fe zur Sei­te stellt und die betrof­fe­ne Per­son nach Art. 80 Abs. 1 der Ver­ord­nung berech­tigt ist, Orga­ni­sa­tio­nen zu beauf­tra­gen, die in ihrem Namen die genann­ten Rech­te wahr­nimmt. Die Öff­nungs­klau­sel des Art. 80 Abs. 2 der Ver­ord­nung sehe nur vor, dass die Mit­glieds­staa­ten die­sen Orga­ni­sa­tio­nen auch das Recht ein­räu­men kön­nen, ohne einen Auf­trag der betrof­fe­nen Per­son eine Rechts­ver­let­zung zu ver­fol­gen. Dem ent­nimmt die Beklag­te mit Köh­ler, dass Wett­be­wer­bern die Befug­nis, eige­ne Rech­te gel­tend machen kön­nen, nicht zukommt.

56 Dage­gen wird zur Recht ein­ge­wen­det, dass Art. 80 Abs. 2 DS-GVO die Fra­ge der Ver­bands­kla­ge regeln will, aber kei­nen abschlie­ßen­den Cha­rak­ter wegen der Rechts­durch­set­zung durch ande­re hat […]. Dafür spricht auch, dass zwar in den Art. 77 – 79 DS-GVO Rechts­be­hel­fe betrof­fe­ner Per­so­nen […] oder jeder ande­ren Per­son […] gere­gelt sind, inso­weit aber stets unbe­scha­det eines ander­wei­ti­gen ver­wal­tungs­recht­li­chen oder gericht­li­chen […] bzw. eines ander­wei­ti­gen ver­wal­tungs­recht­li­chen oder außer­ge­richt­li­chen […] Rechts­be­helfs. Und Art. 82 DS-GVO spricht wie­der­um „jeder Per­son”, die wegen des Ver­sto­ßes gegen die Ver­ord­nung einen Scha­den erlit­ten hat, Scha­dens­er­satz­an­sprü­che zu. Auch das lässt klar erken­nen, dass die DS-GVO die Ver­fol­gung von daten­schutz­recht­li­chen Ver­let­zungs­hand­lun­gen durch ande­re als die „betrof­fe­nen Per­so­nen”, deren Daten ver­ar­bei­tet wer­den (vgl. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO), nicht ausschließt.

57 Schließ­lich heißt es in Art. 84 Abs. 1 DS-GVO, dass die Mit­glied­staa­ten die Vor­schrif­ten über ande­re Sank­tio­nen für Ver­stö­ße gegen die­se Ver­ord­nung […] fest­le­gen und alle zu deren Anwen­dung erfor­der­li­chen Maß­nah­men tref­fen. […] Auch das spricht dafür, dass die Ver­ord­nung nur einen Min­dest­stan­dard an Sank­tio­nen vor­sieht […] Gera­de im Kon­text der Vor­schrift des Art. 77 DS-GVO, die für jede betrof­fe­ne Per­son auch ander­wei­ti­ge – also nicht in der DS-GVO selbst gere­gel­te – gericht­li­che Rechts­be­hel­fe offen lässt, sowie der Vor­schrift des Art. 82 Abs. 1 DS-GVO, die nicht nur der betrof­fe­nen Per­son, son­dern jeder Per­son ein Recht auf Scha­dens­er­satz ein­räumt, wird deut­lich, dass die DS-GVO wegen ander­wei­ti­ger, in der Ver­ord­nung selbst nicht gere­gel­ter Rechts­be­hel­fe und Sank­tio­nen offen gestal­tet ist.

Abmah­nun­gen blei­ben daher grund­sätz­lich mög­lich. Es muss aber im Ein­zel­fall die ver­letz­te Norm dar­auf unter­sucht wer­den, ob sie wett­be­werb­li­chen Cha­rak­ter hat; andern­falls stellt die Ver­let­zung kei­nen Wett­be­werbs­ver­stoss dar:

Nach § 3a UWG han­delt -[…] unlau­ter, wer einer gesetz­li­chen Vor­schrift zuwi­der han­delt, die auch dazu bestimmt ist, im Inter­es­se der Markt­teil­neh­mer das Markt­ver­hal­ten zu regeln. […] Eine Vor­schrift, die dem Schutz von Rech­ten, Rechts­gü­tern oder son­sti­gen Inter­es­sen von Markt­teil­neh­mern dient, ist eine Markt­ver­hal­tens­re­ge­lung, wenn das geschütz­te Inter­es­se gera­de durch die Markt­teil­nah­me, also durch den Abschluss von Aus­tausch­ver­trä­gen und den nach­fol­gen­den Ver­brauch oder Gebrauch der erwor­be­nen Ware oder in Anspruch genom­me­nen Dienst­lei­stung berührt wird. Nicht erfor­der­lich ist eine spe­zi­fisch wett­be­werbs­be­zo­ge­ne Schutz­funk­ti­on in dem Sin­ne, dass die Rege­lung die Markt­teil­neh­mer spe­zi­ell vor dem Risi­ko einer unlau­te­ren Beein­flus­sung ihres Markt­ver­hal­tens schützt. […] […] Mit der Ent­schei­dung des Senats vom 27.06.2013 ist indes – anders als offen­bar vom Land­ge­richt ange­nom­men – nicht schon zum Aus­druck gebracht, dass jeg­li­che daten­schutz­recht­li­che Norm markt­ver­hal­tens­re­geln­den Cha­rak­ter hat. In Recht­spre­chung und Lite­ra­tur wird inzwi­schen zu Recht ange­nom­men, dass inso­weit die jewei­li­ge Norm kon­kret dar­auf über­prüft wer­den muss, ob gera­de jene Norm eine Rege­lung des Markt­ver­hal­tens zum Gegen­stand hat.

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