Inter­pel­la­ti­on Gutz­wil­ler (14.3204): Kon­sens der Arbeits­grup­pe Agur 12. Wei­te­res Vorgehen

Inter­pel­la­ti­on Gutz­wil­ler (14.3204): Kon­sens der Arbeits­grup­pe Agur 12. Wei­te­res Vorgehen
Erledigt.

Ein­ge­reich­ter Text

Das Eid­ge­nös­si­sche Justiz- und Poli­zei­de­par­te­ment hat im August 2012 eine poli­tisch breit zusam­men­ge­setz­te Arbeits­grup­pe zum Urhe­ber­recht (Agur 12) ein­ge­setzt. Die­se Arbeits­grup­pe unter Lei­tung von IGE-Direk­tor Roland Grossen­ba­cher hat im Dezem­ber 2013 ter­min­ge­recht und ohne Gegen­stim­me einen umfang­rei­chen Bericht inklu­si­ve eines Kata­logs von kon­kre­ten Emp­feh­lun­gen publi­ziert. Weder das EJPD noch der Gesamt­bun­des­rat haben dazu bis­her Stel­lung genommen.

Der Bun­des­rat wird ein­ge­la­den, die fol­gen­den Fra­gen zu beantworten:

1. Wie beur­teilt er die von der Arbeits­grup­pe geäu­sser­ten Emp­feh­lun­gen inhaltlich?

2. Wel­chen Ter­min­plan sieht er vor für die anste­hen­den Schritte?

3. Wel­che der Mass­nah­men erfor­dern aus sei­ner Sicht Geset­zes­än­de­run­gen, wel­che kön­nen aus sei­ner Sicht auf ande­re geeig­ne­te Wei­se umge­setzt werden?

4. Wie inte­griert er die Erkennt­nis­se des vom Seco initi­ier­ten soge­nann­ten Round­ta­ble zu Urhe­ber­rechts­fra­gen, des­sen Akti­vi­tä­ten Anfang 2014 mit Ver­weis auf die Umset­zung der von der Agur 12 emp­foh­le­nen Mass­nah­men sistiert wor­den sind?

Begrün­dung

Der Agur-12-Bericht lässt kei­ne Zwei­fel offen: In der Schweiz herrscht aner­kann­ter, dring­li­cher Hand­lungs­be­darf zur Anpas­sung des Urhe­ber­rechts und der zuge­hö­ri­gen Durch­set­zungs­in­stru­men­te im Internet-Zeitalter.

Im eid­ge­nös­si­schen Par­la­ment sind wie­der­holt Vor­stö­sse ein­ge­reicht wor­den, die den gesetz­li­chen Schutz der Inter­es­sen der Rech­te­inha­ber auch im Inter­net for­dern (z. B. Inter­pel­la­ti­on Stöck­li 12.4202, “Swis­s­com. Umgang mit urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Inhal­ten”; Postu­lat Flu­ri 12.4238, “Volks­wirt­schaft­li­cher Scha­den durch ille­ga­le Ange­bo­te auf Internet”).

Auch das Bun­des­ge­richt wies im Nach­gang zum Fall Logi­step (BGE 136 II 508) bereits 2010 dar­auf hin, dass es Sache des Gesetz­ge­bers sei, aktiv zu wer­den: “Abschlie­ssend stell­te es” – das Bun­des­ge­richt – “fest, dass die aktu­el­le Situa­ti­on zumin­dest hin­sicht­lich des Urhe­ber­rechts­schut­zes unbe­frie­di­gend erschei­ne, dass es indes­sen Sache des Gesetz­ge­bers sei, die not­wen­di­gen Mass­nah­men zu tref­fen, um einen den neu­en Tech­no­lo­gien ange­pass­ten Urhe­ber­rechts­schutz zu gewähr­lei­sten” (Geschäfts­be­richt des Bun­des­ge­rich­tes 2010, S. 17, ver­füg­bar unter http://www.bger.ch/gb2010_bger_d.pdf).

Das Seco hat sei­ner­seits auf Antra­gen des Koope­ra­ti­ons­fo­rums Schweiz-USA für Han­del und Inve­sti­tio­nen an einem soge­nann­ten Round­ta­ble Arbei­ten bezüg­lich der Rechts­durch­set­zung im Inter­net 2011 auf­ge­nom­men und eine Arbeits­grup­pe ein­ge­setzt. Die­se Arbeits­grup­pe hat ihre explo­ra­ti­ven Arbei­ten Ende 2013 / Anfang 2014 unter Ver­weis auf die Agur 12 und eine erwar­te­te Beur­tei­lung durch den Bun­des­rat sistiert. Auch der Round­ta­ble wies dar­auf hin, dass die Schaf­fung eines zivil­recht­li­chen Instru­men­ta­ri­ums als Ergän­zung der straf­recht­li­chen Ver­fah­rens­mög­lich­kei­ten ange­zeigt sei (Bericht “Round­ta­ble zum Urhe­ber­recht im Inter­net” vom 23. Janu­ar 2014, S. 9f., abruf­bar unter http://www.seco.admin.ch/themen/00513/00561/00566/index.html?lang=de).

Stel­lung­nah­me des Bundesrats

1. Die Emp­feh­lun­gen der Agur 12 stel­len eine wert­vol­le Grund­la­ge für die Fol­ge­ar­bei­ten dar. Aller­dings ist der Kon­kre­ti­sie­rungs­grad der ein­zel­nen Vor­schlä­ge sehr unter­schied­lich; sie rei­chen von blo­ssen Anre­gun­gen bis hin zu aus­for­mu­lier­ten Geset­zes­tex­ten. Zudem betref­fen zen­tra­le Tei­le des emp­foh­le­nen Mass­nah­men­pa­kets mit der Ein­bin­dung der Inter­net­pro­vi­der ein The­ma, wel­ches die in Zif­fer 2 genann­te Arbeits­grup­pe eben­falls behandelt.

2. Der Bun­des­rat hat bereits am 9. Okto­ber 2013 gestützt auf das Postu­lat Amherd 11.3912, “Recht­li­che Basis für Social Media”, vom 29. Sep­tem­ber 2011 das Eid­ge­nös­si­sche Justiz- und Poli­zei­de­par­te­ment mit Frist bis Ende 2015 beauf­tragt, die zivil­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit von Platt­form­be­trei­bern und Pro­vi­dern zu unter­su­chen und gege­be­nen­falls einen Vor­ent­wurf für deren gesetz­li­che Rege­lung zu erstel­len. Eine ver­wal­tungs­in­ter­ne Arbeits­grup­pe unter dem Vor­sitz des Bun­des­am­tes für Justiz befasst sich damit. Die Fol­ge­ar­bei­ten zum Schluss­be­richt der Agur 12 sind inhalt­lich, aber auch zeit­lich damit zu koor­di­nie­ren. Der Bun­des­rat wird sich noch vor der Som­mer­pau­se ver­tieft mit dem Schluss­be­richt der Agur 12 befas­sen und über das wei­te­re Vor­ge­hen entscheiden.

3. Der gröss­te Teil der Emp­feh­lun­gen der Agur 12 betrifft Mass­nah­men, die einer Geset­zes­än­de­rung bedür­fen. Kurz­fri­stig und ohne Geset­zes­än­de­rung kön­nen die vor­ge­schla­ge­ne breit­an­ge­leg­te Infor­ma­ti­ons­kam­pa­gne und gewis­se Mass­nah­men zur wei­te­ren Erhö­hung der Effi­zi­enz und Trans­pa­renz der Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten (Ver­ein­fa­chung der Tarif­land­schaft) umge­setzt wer­den. Sie lie­gen pri­mär in der Hand der Rech­te­inha­ber und Nut­zer bzw. der Tarif­part­ner. Eben­so kann die Auf­sichts­be­hör­de auf die Kosten der Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten Ein­fluss nehmen.

Die Emp­feh­lung an den Gesetz­ge­ber, Markt­zu­tritts­schran­ken zu ver­mei­den oder zu eli­mi­nie­ren, wel­che die Ent­ste­hung lega­ler Ange­bo­te behin­dern, erfor­dert zur Umset­zung einen lang­fri­sti­gen Zeit­ho­ri­zont. Sie impli­ziert ver­mehr­tes wett­be­werbs­recht­li­ches Den­ken und eine Redi­men­sio­nie­rung des Urhe­ber­rechts­schut­zes auf ein ver­nünf­ti­ges Mass. Das wür­de eine Ände­rung oder min­de­stens eine neue Inter­pre­ta­ti­on der mass­geb­li­chen inter­na­tio­na­len Abkom­men bedingen.

Schliess­lich zeich­net sich der Schluss­be­richt der Agur 12 auch dadurch aus, dass er gewis­se Mass­nah­men und damit auch eine ent­spre­chen­de Geset­zes­än­de­rung sogar aus­drück­lich ablehnt. So sieht er z. B. vor, den frei­en Down­load zu pri­va­ten Zwecken wei­ter­hin zu erlau­ben, selbst wenn die­ser aus ille­ga­ler Quel­le erfolgt.

4. Der vom Seco initi­ier­te Round­ta­ble zum Urhe­ber­recht im Inter­net hat die Schaf­fung eines zivil­recht­li­chen Instru­ments, wel­ches die straf­recht­li­che Kla­ge­mög­lich­keit ergänzt, mit Blick auf die Ver­hält­nis­mä­ssig­keit und die Kapa­zi­tä­ten der Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den als ange­zeigt bezeich­net. Zugleich wur­den der Bericht zu den sozia­len Medi­en (sie­he Ziff. 2) und die Beschlüs­se über die Fol­ge­ar­bei­ten zur Agur 12 vor­be­hal­ten, die zum dama­li­gen Zeit­punkt noch nicht vor­la­gen. Die Agur 12 emp­fiehlt in ihrem Schluss­be­richt die Schaf­fung eines zivil­recht­li­chen Instruments.

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