Moti­on Qua­dri (12.3993): Wei­ter­ga­be von Daten von Bank­an­ge­stell­ten oder ehe­ma­li­gen Bank­an­ge­stell­ten an aus­län­di­sche Behör­den sofort stoppen

Moti­on Qua­dri (12.3993): Wei­ter­ga­be von Daten von Bank­an­ge­stell­ten oder ehe­ma­li­gen Bank­an­ge­stell­ten an aus­län­di­sche Behör­den sofort stoppen
Abge­lehnt (19.06.2013)

Ein­ge­reich­ter Text

Der Bun­des­rat wird beauftragt:

1. Rechts­vor­schrif­ten zu erlas­sen, die ver­hin­dern, dass Daten zu Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern oder ehe­ma­li­gen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern von Schwei­zer Unter­neh­men paket­wei­se oder auto­ma­tisch an aus­län­di­sche Behör­den über­mit­telt werden;

2. unver­züg­lich kla­re und ver­bind­li­che Rechts­vor­schrif­ten zu erlas­sen, mit denen die frü­he­ren, vom Bun­des­rat miss­bräuch­lich erteil­ten Ermäch­ti­gun­gen auf­ge­ho­ben werden;

3. den Per­so­nen, die von der miss­bräuch­li­chen Über­mitt­lung ihrer Daten an aus­län­di­sche Behör­den betrof­fen sind, recht­li­chen und finan­zi­el­len Bei­stand zu gewähren.

Begrün­dung

Der Bun­des­rat hat bekannt­lich erlaubt, dass Daten zu bis­lang über 10 000 Ange­stell­ten und ehe­ma­li­gen Ange­stell­ten von elf Ban­ken an die US-ame­ri­ka­ni­schen Unter­su­chungs­be­hör­den über­mit­telt werden.

Ohne die Ermäch­ti­gung des Bun­des­ra­tes wäre die­se Daten­wei­ter­ga­be nach Arti­kel 271 des Straf­ge­setz­bu­ches straf­bar gewe­sen. Die bun­des­rät­li­che Ermäch­ti­gung wird aber von ver­schie­de­ner Sei­te, unter ande­rem auch vom Daten­schutz­be­auf­trag­ten, als miss­bräuch­lich beurteilt.

Per­so­nen, deren Namen auf den ent­spre­chen­den Listen figu­rie­ren, wer­den dar­über nicht ein­mal informiert.

Die Ermäch­ti­gung gilt bis zum 31. März 2014. Man kann sich unschwer aus­ma­len, dass bis zu die­sem Datum Tau­sen­de wei­te­re Bank­an­ge­stell­te und ehe­ma­li­ge Bank­an­ge­stell­te auf dem Altar einer Finanz­platz­po­li­tik geop­fert wer­den, die auf eid­ge­nös­si­scher Ebe­ne geprägt ist durch ein stän­di­ges sofor­ti­ges Nach­ge­ben gegen­über aus­län­di­schen Staa­ten und Behörden.

Die bis­he­ri­gen Daten­lie­fe­run­gen hat­ten auch Straf­an­zei­gen durch Per­so­nen zur Fol­ge, die ent­deck­ten, dass sie auf den nach Washing­ton über­mit­tel­ten Listen figurieren.

Mit der Ermäch­ti­gung der Daten­über­mitt­lung hat der Bun­des­rat sei­ne Pflicht, den Rechts­staat und die schwei­ze­ri­sche Sou­ve­rä­ni­tät zu schüt­zen, miss­ach­tet. Er hat so grü­nes Licht gege­ben für einen “Mas­sen­aus­ver­kauf” der Daten von Tau­sen­den Schwei­zer Bür­ge­rin­nen und Bür­gern an eine aus­län­di­sche Behörde.

Die Per­so­nen, deren Namen auf den den USA aus­ge­hän­dig­ten Listen figu­rie­ren, und ihre Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen müs­sen schwer­wie­gen­de Kon­se­quen­zen befürch­ten, wenn sie in die Ver­ei­nig­ten Staa­ten rei­sen. Es ist auch nicht aus­zu­schlie­ssen, dass sol­che Kon­se­quen­zen eines Tages unmit­tel­bar nach der Aus­rei­se aus der Schweiz ein­tref­fen, etwa als Fol­ge von Amtshilfegesuchen.

Stel­lung­nah­me des Bundesrats 

Nach schwei­ze­ri­schem Arbeits­recht und nach dem Bun­des­ge­setz über den Daten­schutz (DSG) hat der Arbeit­ge­ber die Pflicht, Daten über die Arbeit­neh­mer zu schüt­zen. In Bezug auf die Recht­fer­ti­gungs­grün­de einer Daten­be­ar­bei­tung ist das DSG anwend­bar (Art. 328b des Obli­ga­tio­nen­rechts, OR). Nach OR und nach DSG dür­fen Per­so­nen­da­ten nur recht­mä­ssig bear­bei­tet wer­den. Ihre Bear­bei­tung hat nach Treu und Glau­ben zu erfol­gen, muss ver­hält­nis­mä­ssig sein und darf nur zu dem Zweck erfol­gen, der bei der Beschaf­fung ange­ge­ben wur­de, aus den Umstän­den ersicht­lich oder gesetz­lich vor­ge­se­hen ist (Art. 4 Abs. 1 – 3 DSG). Eine Daten­be­kannt­ga­be an das Aus­land darf nur erfol­gen, wenn die­se für die Durch­füh­rung des Arbeits­ver­trags der betrof­fe­nen Per­so­nen erfor­der­lich ist (Art. 328b OR). Soll­te dies nicht zutref­fen, muss ein über­wie­gen­des öffent­li­ches oder pri­va­tes Inter­es­se für die Bekannt­ga­be vor­lie­gen (Art. 6 Abs. 1 und 2 Bst. d, Art. 13 DSG). Die­se Bestim­mun­gen sind klar und bie­ten Arbeit­neh­men­den einen hin­rei­chen­den Schutz.

Der Bun­des­rat hat den von US-Ver­fah­ren betrof­fe­nen Ban­ken eine Bewil­li­gung nach Arti­kel 271 Zif­fer 1 des Straf­ge­setz­bu­ches erteilt, um sicher­zu­stel­len, dass sie ihre Par­tei­rech­te wahr­neh­men kön­nen, ohne den Straf­tat­be­stand der ver­bo­te­nen Hand­lun­gen für einen frem­den Staat zu erfül­len. Die Bewil­li­gung stellt kei­nen Frei­brief für Daten­über­mitt­lun­gen in die USA dar. Bei der kon­kre­ten Daten­über­ga­be haben die Ban­ken das gel­ten­de schwei­ze­ri­sche Recht zu beachten.

Im Okto­ber 2012 über­prüf­te der Eid­ge­nös­si­sche Daten­schutz- und Öffent­lich­keits­be­auf­trag­te (Edöb) die Lie­fe­rung von Mit­ar­bei­ter­da­ten von Schwei­zer Ban­ken an die US-Behör­den. Er führ­te meh­re­re Sach­ver­halts­ab­klä­run­gen durch und erliess Emp­feh­lun­gen an fünf betrof­fe­ne Ban­ken. Er leg­te dar, dass er die von den Ban­ken gel­tend gemach­ten öffent­li­chen Inter­es­sen als Recht­fer­ti­gungs­grün­de für die Über­mitt­lung der Mit­ar­bei­ter­da­ten an die USA nach­voll­zie­hen kön­ne. Gleich­zei­tig beton­te er die Not­wen­dig­keit, dass die Inter­es­sen der betrof­fe­nen Mit­ar­bei­ten­den an trans­pa­ren­ter Infor­ma­ti­on beach­tet wer­den. Gemäss den Emp­feh­lun­gen haben die Ban­ken den betrof­fe­nen Per­so­nen ein Aus­kunfts­recht gemäss Arti­kel 8 DSG über bereits erfolg­te Daten­lie­fe­run­gen ein­zu­räu­men. Künf­tig müs­sen die Ban­ken die betrof­fe­nen Per­so­nen im Vor­aus über Umfang und Art der zu lie­fern­den Doku­men­te unter­rich­ten, damit sie ihr Aus­kunfts­recht gel­tend machen kön­nen. Spricht sich eine betrof­fe­ne Per­son gegen die Über­mitt­lung ihres Namens aus, muss die Bank eine Inter­es­sen­ab­wä­gung vor­neh­men. Will sie die Doku­men­te trotz­dem über­mit­teln, hat sie die betrof­fe­ne Per­son dar­über und über ihre Rech­te zu infor­mie­ren. Alle fünf betrof­fe­nen Ban­ken haben die vom Edöb erlas­se­nen Emp­feh­lun­gen angenommen.

Die Inter­es­sen­ver­tre­ter des Bank­per­so­nals sind dar­an, zusam­men mit der Ban­kier­ver­ei­ni­gung nach Lösun­gen zum Schutz des Bank­per­so­nals und gege­be­nen­falls zu des­sen Schad­los­hal­tung zu suchen. Der Bun­des­rat sieht kei­ne Rechts­grund­la­ge, die es ihm erlau­ben wür­de, Bank­mit­ar­bei­ten­den recht­li­chen oder finan­zi­el­len Bei­stand zu gewähren.

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