Das Bundesgericht hat mit Entscheid vom 22. Oktober 2021 (1C_333/2020, zur amtlichen Publikation vorgesehen) eine Streitigkeit zum BGÖ beurteit. Es ging um den Zugang zu Unterlagen bei der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die Verwertungsgesellschaften im Verfahren um einen neuen Gemeinsamen Tarif GT 7 eingereicht hatten (Vergütungen für die schulische Nutzung von Werken). Die Schiedskommission hatte den Zugang verweigert mit der Begründung, die Einsicht in die betroffenen Dokumente unterstehe nicht dem Öffentlichkeitsgesetz.
Nach BGÖ 2 Abs. 1 gilt das Öffentlichkeitsgesetz unter anderem für die Bundesverwaltung; und nach BGÖ 3 Abs. 1 lit. a BGÖ sind u.a. Verfahren der Staats- und Verwaltungsrechtspflege vom Anwendungsbereich ausgenommen.
Das BGer kommt zum Ergebnis, das BGÖ sei auf die Schiedskommission anwendbar:
Die Schiedskommission sei Teil der Bundesverwaltung, weshalb das BGÖ in persönlicher Hinsicht zur Anwendung komme:
Nach Art. 7a Abs. 1 lit. a RVOV gehören ausserparlamentarische Kommissionen ausdrücklich zur dezentralen Bundesverwaltung. In Anhang 2 sind die ausserparlamentarischen Kommissionen abschliessend aufgelistet (Art. 8 Abs. 2 RVOV); die Schiedskommission ist als marktorientierte ausserparlamentarische Kommission Teil dieser Liste und wird dem EJPD zugeordnet (Anhang 2 Ziff. 2 RVOV). Diese (administrative) Zuordnung der Schiedskommission zum EJPD findet sich im Übrigen auch im URG (vgl. Art. 58 Abs. 1 URG). Hinweise, wonach die Schiedskommission der Judikative zugeteilt ist – insbesondere einem der Bundesgerichte -, finden sich hingegen weder im URG noch in anderen Bundesgesetzen […].
Die Dokumente, die vorliegend vom Informationszugangsgesuch betroffen sind, stammen aus dem Tarifgenehmigungsverfahren betreffend den Gemeinsamen Tarif GT 7 (Schulische Nutzung), in welchem der Schiedskommission ein Einigungstarif vorgelegt wurde und keine allfälligen Drittparteien gegenteilige Anträge gestellt haben […]. Da kein Mitglied der Spruchkammer die Durchführung einer Sitzung beantragt hatte, erfolgte die Behandlung des Antrages um Genehmigung des Tarifs auf dem Zirkulationsweg. Die Schiedskommission führte somit weder eine Sitzung noch eine (mündliche) Anhörung der Parteien durch. Da sich die beiden Parteien auf einen Tarif geeinigt hatten, nahm die Schiedskommission im Tarifgenehmigungsverfahren betreffend den Gemeinsamen Tarif GT 7 (Schulische Nutzung) keine Streitentscheidungsfunktion wahr; ihre Funktion lag einzig darin, den Tarif zu genehmigen. Insofern amtete sie als Genehmigungsbehörde […].
Infolgedessen habe die Schiedskommission keine Rechtsprechungsfunktion wahrgenommen:
Zusammengefasst nimmt die Schiedskommission im Tarifgenehmigungsverfahren keine Rechtsprechungsfunktion wahr, zumindest wenn sich die Verwertungsgesellschaften mit den Nutzerverbänden auf einen Tarif geeinigt haben und keine allfälligen Drittparteien gegenteilige Anträge gestellt haben. Als erstinstanzliches Verwaltungsverfahren unterliegt das vorliegend betroffene Tarifgenehmigungsverfahren somit dem BGÖ und ist nicht nach Art. 3 Abs. 1 lit. a Ziff. 5 BGÖ von dessen sachlichem Geltungsbereich ausgenommen.
Ob dies auch gelten würde, wenn sich die Parteien nicht auf einen Tarif einigen, lässt das BGer offen:
Im Übrigen kann hier offen bleiben, wie es sich mit der Funktion der Schiedskommission in einem Tarifgenehmigungsverfahren verhält, in welchem sich die Parteien nicht auf einen Tarif einigen konnten oder in welchem allfällige Dritte gegenteilige Anträge stellten, und ob dieses allenfalls als Streitentscheidung bezeichnet werden kann.