- Bundesgericht bestätigt, dass Datenschutz nur insoweit Auskunft gewährt, als es gesetzlichen Zielsetzungen entspricht.
- Ein Herausgabeanspruch aufgrund von Rechtsmissbrauch wird von Amtes wegen berücksichtigt.
- Vorinstanz stufte Testverfahren als irrelevant ein, was eine Überprüfung der Auskunftsverweigerung ausschloss.
Im einem IV-Verfahren war der Leistungsanspruch des Beschwerdeführers verneint worden. Im Verfahren vor Bundesgericht machte die Beschwerdeführerin geltend, in formeller Hinsicht seien ihr Anspruch auf rechtliches Gehör und die Grundsätze der Waffengleichheit und Transparenz verletzt worden, weil das Sozialversicherungsgericht Zürich ihrem Antrag, es seien Testergebnisse herauszugeben, nicht nachgekommen worden. Die Gutachterstelle hatte die Herausgabe verweigert, weil unkontrollierte Weiterverbreitung zu befürchten wäre – die Testverfahren würden damit unbrauchbar. Das Bundesgericht schützt diese Argumentation in ständiger Rechtsprechung.
Vorliegend hatte die Beschwerdeführerin den Herausgabeanspruch allerdings auch mit dem datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch begründet. Das Bundesgericht weist diesen Anspruch vorliegend (Urteil 8C_723/2022) ab und bestätigt BGE 140 V 464:
5.3. Aus datenschutzrechtlicher Warte kommt ein Herausgabeanspruch nur insoweit zum Tragen, als er den einschlägigen gesetzlichen Zielsetzungen entspricht. Das Auskunftsrecht nach aArt. 8 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (neu: Art. 25 des Bundesgesetzes vom 25. September 2020 über den Datenschutz […]) ist dazu bestimmt, die betroffene Person in die Lage zu versetzen, ihre übrigen Datenschutzrechte wahrzunehmen (BGE 140 V 464 E. 4.2; 139 V 492 E. 3.2; je mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin beabsichtigt nach eigenen Angaben, anhand der Beschwerdevalidierungsdaten zu beweisen, dass sie “tatsächlich, wie von ihren (behandelnden) Ärzten dargelegt, in ihrer Arbeitsfähigkeit massiv eingeschränkt ist”. Ihrem Begehren liegt somit ausschliesslich die Verfolgung respektive Durchsetzung eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruchs zugrunde. Nachdem diese Zielsetzung offenkundig nicht mit derjenigen des DSG übereinstimmt (vgl. dazu ferner: Art. 26 Abs. 1 lit. c DSG), fällt eine Berufung auf das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht ausser Betracht. Daran ändern, soweit im hier interessierenden Kontext überhaupt verbindlich, die in der Beschwerde zitierten Passagen aus dem Leitfaden des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) für die Bearbeitung von Persondendaten im medizinischen Bereich vom Juli 2002 nichts.
Damit bestätigt das Bundesgericht auch, dass die Rechtsmissbräuchlichkeit eines Auskunftsbegehrens – bspw. wegen Zweckwidrigkeit – von Amtes wegen zu berücksichtigen ist. Jedenfalls war die Frage, ob die Testverfahren offenzulegen sind, von der Vorinstanz als irrelevant eingestuft worden, und es scheint nicht so, als wäre ein Rechtsmissbrauchseinwand erhoben worden.
Bei der Anwendung des Rechtsmissbrauchsverbots obliegt es zwar den Parteien, den massgeblichen Sachverhalt zu behaupten und ggf. zu beweisen (soweit nicht der Untersuchungsgrundsatz gilt); ergibt sich aus dem erstellten Sachverhalt die Rechtsmissbräuchlichkeit, ist sie aber von Amts wegen zu berücksichtigen. Dazu Hausheer/Jaun, SHK-Einleitungsartikel, Art. 2 N 91:
Art. 2 Abs. 2 ZGB ist objektives zwingendes Recht. Er verpflichtet den Richter, rechtsmissbräuchliches Verhalten von Amtes wegen zu berücksichtigen, “wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von einer Partei in der vom Prozessrecht vorgeschriebenen Weise vorgetragen worden sind und feststehen”. Es gilt der Grundsatz “iura novit curia”; eine besondere Einrede oder Einwendung ist nicht erforderlich.