Das Urteil AARP/432/2024 der Genfer Cour de Justice (CJ) vom 27. November 2024 betrifft einen mutmasslichen Diebstahl in den Räumlichkeiten einer Genossenschaft. Im Rahmen des Verfahrens hatte einer der Angeklagten Videoaufnahmen aus einer Überwachungskamera der Genossenschaft vorgelegt. Strittig war u.a. die Verwertbarkeit dieser Aufnahmen.
Die Aufnahmen verstiessen zwar nicht gegen Art. 179quater StGB, weil die Überwachungskamera mit der Eingangshalle und dem Aussenbereich des Genossenschaftsgebäudes Orte aufnahmen, die von jedermann weitgehend frequentiert werden. Um private oder geheime Vorgänge ging es dabei also nicht (wobei das BGer u.U. auch unmittelbare Aussenbereiche zum Privatbereich zählt, BGE 118 IV 41). Zudem wussten die aufgenommenen Personen wegen zahlreicher Kameraschilder, dass sie gefilmt wurden.
Bei der Prüfung nach dem DSG stellte das Gericht aber eine Zweckentfremdung fest, weil die Aufnahmen im vorliegenden Fall nicht mehr für Sicherheitszwecke, sondern zum Nachweis des guten Einvernehmens zweier Personen verwendet wurden:
En effet, si l’intimé B a affirmé, de manière convaincante, que les caméras avaient été installées dans un but sécuritaire, force est de constater que leur usage a bel et bien été détourné dans le cas d’espèce, dès lors que l’extraction des images a servi un but autre que celui initialement envisagé, soit celui de démontrer une apparente amitié, ou à tout le moins une bonne entente entre les deux autres parties à la procédure.
Es lag deshalb eine Persönlichkeitsverletzung vor. Das Gericht stellt allerdings nicht die Frage, ob mit einer solchen Verwendung nicht zu rechnen war – in diesem Fall hätte die Informationspflicht, nicht aber der Transparenz- und daher auch nicht der Zweckbindungsgrundsatz verletzt werden können. Dabei hätte aber sicher auch der Text bei den Kameraschildern eine Rolle gespielt (weshalb die Formulierungen hier oder in einer verwiesenen Datenschutzerklärung von Bedeutung werden können).
Eine Rechtfertigung sah die CJ nicht. Eine stillschweigende Einwilligung – von der die CJ ausging – bezog sich nur auf den Sicherheitszweck:
L’intimé ne peut se prévaloir d’un motif justificatif tel que prévu par l’art. 31 al. 1 LPD, dès lors qu’on doit admettre que le consentement – tacite – de l’appelant ne portait que sur l’exploitation des images conformément à leur finalité initiale et que par ailleurs, vu le faible intérêt des images, aucun intérêt prépondérant ne justifiait une telle atteinte.
Infolgendessen konnten die Aufnahmen nicht verwendet werden, weil es nicht um eine schwerwiegende Straftat ging:
Considérant enfin qu’une pesée des intérêts ne saurait plaider en faveur de leur utilisation dans la présente procédure, dès lors que les images ne permettent aucunement d’élucider une infraction grave, la Cour retient que les enregistrements produits devraient être déclarés inexploitables.
Letztlich blieb die Verwertbarkeit allerdings offen, weil das Verhältnis der beiden Personen, das mit den Aufnahmen hätte belegt werden sollen, nicht entscheidrelevant war.