Der Bundesrat hat am 28. August 2028 die Botschaft zur Revision des Bundespersonalgesetzes (BPG) verabschiedet:
Das BPG regelt das Personalrecht für die Bundesverwaltung, die Parlamentsdienste, die SBB, die dezentralisierten Verwaltungseinheiten und der Bundesgerichte unter Vorbehalt spezialgesetzlicher Bestimmungen und weitere Stellen, nicht aber für die Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts ausserhalb der Bundesverwaltung, die mit Verwaltungsaufgaben betraut sind (Art. 2 BPG).
Profiling
Ein Ziel der Teilrevision besteht darin, eine gesetzliche Grundlage für das Profiling zu schaffen (Art. 27 rev-BPG). Profiling werde für die Suche nach potentiellen Mitarbeitenden in sozialen Medien benötigt. Die Botschaft:
Da soziale Medien Algorithmen nutzen, um Suchanfragen von Stellensuchenden mit Stellenangeboten zu vergleichen, fällt diese Form der Rekrutierung unter den Begriff des Profilings, der mit Inkrafttreten des neuen Datenschutzgesetzes am 1. September 2023 in die Rechtsordnung eingeführt worden ist. Gemäss dem Datenschutzgesetz benötigen Bundesorgane eine gesetzliche Grundlage, um ein Profiling durchführen zu können. Damit die Bundesbehörden die sozialen Medien weiterhin für die Rekrutierung nutzen können, soll mit dieser Vorlage eine solche Grundlage geschaffen werden. Diese regelt, welche Daten wozu verwendet werden dürfen.
Ein Profiling liege deshalb vor, weil Bundesorgane, deren Anstellungsverhältnisse dem BPG unterliegen (so sie dies tun) bei der aktiven Suche nach Bewerbenden auch Profilings vornehmen dürften:
Durch den Einsatz statistischer und mathematischer Methoden, insbesondere von Algorithmen, können aus einer grossen Menge von Daten, die für sich genommen möglicherweise nicht sehr aussagekräftig sind, neue Informationen über Einzelpersonen generiert werden. Auch die Arbeitgeber nutzen heute vermehrt neue Rekrutierungskanäle und ‑technologien, um bestimmte Alters- und Berufsgruppen besser zu erreichen. Insbesondere betreiben sie in den sozialen Medien wie LinkedIn und Xing eine aktive Personalsuche, das sogenannte active sourcing. Die Nutzerinnen und Nutzer von sozialen Medien entscheiden, ob sie auf den sozialen Medien ein Profil erstellen und welche Daten sie über sich preisgeben. Mit den Such- und Auswertungsmöglichkeiten der sozialen Medien werden verschiedene Daten von Nutzerinnen und Nutzern verknüpft mit dem Ziel, den Arbeitgebern geeignete Kandidatinnen oder Kandidaten für eine bestimmte Stelle vorzuschlagen und den Nutzerinnen und Nutzern geeignete Stellenangebote zu unterbreiten. Die Arbeitgeber geben in den sozialen Medien ein, welche Voraussetzungen die potentielle Kandidatin oder der potentielle Kandidat für eine bestimmte Stelle erfüllen muss. Mit den in den sozialen Medien verwendeten Methoden und Algorithmen können Arbeitgeber aktiv suchen, welche Nutzerin oder welcher Nutzer die angegebenen Voraussetzungen am besten erfüllt. Aufgrund der automatisierten Vorgehensweise kann die aktive Personalsuche einem Profiling oder einem Profiling mit hohem Risiko nach DSG entsprechen.
Interessant ist dabei, dass der Bundesrat offenbar davon ausgeht, ein entsprechendes Profiling sei dem Bundesorgan und nicht oder nicht nur dem Anbieter der Plattform zuzuordnen, allerdings ohne diese Frage ausdrücklich anzusprechen. Die Verwendung der Plattform zur automatisierten “Auswertung” der möglichen Eignung kann unter Umständen aber wohl tatsächlich ein Profiling darstellen.
Bei Assessments könne ferner auch ein Profiling mit hohem Risiko vorliegen:
Als Unterstützung in der Personalauswahl dient das Assessment. Es gibt verschiedene Arten von Assessments: das Gruppenassessment (Assessment-Center), das Einzelassessment, das Auswahlassessment, das Entwicklungsassessment, das Standortassessment und das Remote Assessment. Mit dem Auswahlassessment erhalten Arbeitgeber wertvolle Informationen, die mithelfen herauszufinden, welche Person aus einem engen Kreis an Bewerberinnen und Bewerbern für eine konkrete Stelle am besten geeignet ist. Diese Art von Assessment wird insbesondere bei der Rekrutierung von Personen für das obere Kader eingesetzt. Die Assessments werden in der Regel von Psychologinnen und Psychologen durchgeführt und dabei werden auch maschinell gesteuerte Tests für die Bewertung gewisser Merkmale genutzt. Ein Assessment endet meistens mit einem Bericht für den Arbeitgeber. Dieser Bericht entspricht einer Zusammenstellung von Daten, aus welcher sich ein Bild über wesentliche Aspekte oder Teilaspekte der Bewerberin oder des Bewerbers ergibt. Die Bewertung erfolgt teilautomatisiert. Es ist davon auszugehen, dass die Automatisierung der Bewertung zukünftig noch zunehmen wird. Aufgrund der Methode (automatisierte Bewertung bestimmter Aspekte) und des Ergebnisses (Persönlichkeitsprofil) ist davon auszugehen, dass Assessments ein Profiling mit hohem Risiko nach DSG darstellen können.
Der Bundesrat schliesst sich hier der wohl herrschenden Auffassung an, dass ein Profiling dann ein Profiling mit hohem Risiko darstellt, wenn sein Ergebnis einem altrechtlichen Persönlichkeitsprofil entspricht und nicht auch dann, wenn die Inputdaten – die Datengrundlage für das Profiling – zusammengenommen ein Persönlichkeitsprofil sind. Das ist von Bedeutung, weil sehr viele Datenauswertungen auf einer breiten Basis beruhen (bspw. Transaktionsdaten), aber zu einem schmalen Ergebnis führen (bspw. eine Affinität). Diese Fälle stellen kein Profiling mit hohem Risiko dar, weil es auf den Output und nicht den Input ankommt – das ist die Folge der Haltung, die offenbar auch der Bundesrat einnimmt.
Die gesetzliche Grundlage soll aber nicht nur diese Fälle abdecken, sondern weitere, und zwar auch mit Blick auf künstliche Intelligenz:
Es wird sowohl von den Bewerberinnen und Bewerbern als auch von den Angestellten erwartet, dass die Arbeitgeber die Chancen der Digitalisierung nutzen und technologische Entwicklungen berücksichtigen. In der Bundesverwaltung sollen vermehrt Standardanwendungen eingesetzt werden. Es ist davon auszugehen, dass für diese Anwendungen in Zukunft sich verändernde Algorithmen, künstliche Intelligenz und neue Technologien verwendet werden. Die Arbeitgeber werden sich somit den neuen Technologien nicht entziehen können. Aus diesem Grund soll eine gesetzliche Grundlage für Profiling und Profiling mit hohem Risiko zusätzlich zum Bereich der Personalrekrutierung auch in weiteren Bereichen des Personalwesens geschaffen werden. Dies für die gezielte Förderung und den langfristigen Erhalt der Angestellten sowie für die Personalentwicklung
Das wirft die interessante Frage auf, ob der Einsatz eines LLM ein Profiling mit hohem Risiko darstellen kann, wenn der Output einem Persönlichkeitsprofil entspricht. Das dürfte dann zu bejahen sein, wenn der Input Personendaten enthält oder wenn das LLM Personendaten enthält und verwendet. Ob dies zutreffen kann, ist eine strittige Frage, aber a priori lässt sich dies nicht ausschliessen.
Weitere Anpassungen
Weitere Anpassungen betreffen das Whistleblowing. Bei Art. 22a rev-BPG stehen Klarstellungen und terminologische Änderungen im Vordergrund. Neu wird aber die Geltung des Öffentlichkeitsprinzips ausgeschlossen für “Dokumente, die eine Meldung nach dieser Bestimmung belegen, mit dieser eingereicht werden oder die gestützt auf eine Meldung erstellt wurden”, zum Schutz des Vertrauens in das Institut des Whistleblowings. Der EDÖB hatte sich gegen diesen Ausschluss ausgesprochen.
Weitere Änderungen betreffen die Disziplinaruntersuchung und Digitalisierungsthemen:
Die Revision wird schliesslich zum Anlass genommen, um mit einer Reihe von Anpassungen Klarstellungen vorzunehmen und die Digitalisierung im Personalwesen voranzutreiben. Diese Anpassungen betreffen zum einen den Whistleblower-Artikel: Vertrauensstellen des Bundes sollen von der Pflicht, Verbrechen oder Vergehen melden zu müssen, befreit werden, sofern sie den Verdacht im Rahmen ihrer Tätigkeit
schöpfen. Zum anderen betreffen die Anpassungen die Arbeitsverträge. Hier soll zunächst eine Annäherung an die Arbeitsverträge der Privatwirtschaft erreicht werden, indem die Formvorschriften gelockert werden. Beispielsweise sollen für die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags auch fortgeschrittene elektronische Signaturen genutzt werden können. Zudem soll es im Bundespersonalrecht analog zum Privatrecht möglich werden, befristete Verträge zu kündigen, sofern dies vertraglich vereinbart worden ist. Schliesslich soll die maximale gerichtlich ausgesprochene Entschädigung bei ungerechtfertigten Kündigungen neu höchstens acht Monatslöhne betragen.