Update 20. Juni 2017: Das OGer ZH hat im Dezember 2016 gegenteilig entschieden (Urteil LA160028).
Update 23. Mai 2017: Das Urteil wurde nicht angefochten und ist in Rechtskraft erwachsen.
Das Arbeitsgericht Zürich hat in einem Entscheid vom 22. Januar 2016 eine Datenübermittlung an US-Behörden untersagt. Es hält dabei zunächst die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit fest:
Im vorliegenden Fall ist der Streit untrennbar mit dem ehemaligen Arbeitsverhältnis verbunden. Ohne Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien würde die Lieferung der fraglichen Daten in die USA nicht zur Debatte stehen. Es ist daher ohne Weiteres von einem arbeitsrechtlichen Streit auszugehen. Die sachliche Zuständigkeit ist zu bejahen.
Sodann beurteilt das ArG die Frage, welcher Rechtsnatur OR 328b ist. Dabei hält das ArG fest:
Demgegenüber weisen Streiff/von Kaenel/Rudolph darauf hin, dass Art. 328b OR einen weitreichenden, eigenen Regelungsgehalt habe. Er beschränke die zulässige Datenbearbeitung im Arbeitsverhältnis auf Fälle mit Arbeitsplatzbezug. Richtig betrachtet werde gar ein elementares Prinzip des Datenschutzgesetzes durchbrochen, indem Datenbearbeitungen nicht mehr grundsätzlich zulässig, sondern grundsätzlich unzulässig seien, es sei denn, sie seien durch den Bezug zur Eignung des Arbeitnehmers oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages gerechtfertigt. Jede Bearbeitung von Daten des Arbeitnehmers, die keinen genügenden Arbeitsplatzbezug hätten, sei damit unzulässig. Sie sei also selbst dann nicht zulässig, wenn sie nach dem Datenschutzgesetz erlaubt wäre. Anders als im Bereich des Datenschutzgesetzes vermöge also auch das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes die Rechtswidrigkeit nicht zu beseitigen (STREIFF/VON KAENEL/ RUDOLPH, a.a.O., N 3 zu Art. 328b OR, insbesondere unter Hinweis auf STAEHELIN, Zürcher Kommentar zum Schweizerischen Zivilrecht, N 1 zu Art. 328b OR; gleicher Meinung OFK-MICHEL PELLASCIO, Zürich 2009, Art. 328b N 2, und PHILIPPE CARRUZZO, Le contrat individuel de travail, Commentaire des articles 319 à 341 du Code des obligations, 2009, Art. 328b OR).
Diese zweitgenannte Ansicht überzeugt. Der Wortlaut von Art. 328b OR ist klar und unmissverständlich. Es gibt gar nichts dazu auszulegen. Der erste Satz erlaubt die Datenbearbeitung nur, soweit die Daten über den Arbeitnehmer dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind. Jede andere Bearbeitung der Daten über den Arbeitnehmer ist damit verboten und rechtswidrig.
Dass sich der Gesetzgeber möglicherweise über die Tragweite dieser Norm nicht im Klaren war, ändert nichts daran, dass der Wortlaut eindeutig ist. Auch dass die Norm in gewissen Fällen zu unbefriedigenden Ergebnissen führt, mag zutreffen. Weder das Eine noch das Andere rechtfertigt aber eine Auslegung am klaren und unmissverständlichen Wortlaut der Bestimmung vorbei.
Aus dieser ausserordentlich engen Sichtweise – die nicht einmal Auslegungsbedarf anerkennt, und dies trotz der Tatsache, dass die Norm umstritten ist und zu unbefriedigenden Ergebnissen führt – wäre also zu schliessen, dass OR 328b eine eigenständige und absolut zwingende Verbotsnorm darstellt. Das ArG traut aber offenbar seiner eigenem Ergebnis nicht und prüft gewissermassen der Vollständigkeit halber auch die Anwendung von DSG 13, verneint dabei aber das Vorliegen eines überwiegenden Interesses. Mit Bezug auf DSG 6 folgt dabei, dass die Datenübermittlung auch nach dieser Bestimmung unzulässig ist.
Zudem folgt aus dem Urteil, wenn auch weniger klar, dass OR 328b nicht nur den Kreis der rechtmässig zu bearbeitenden Mitarbeiterdaten begrenzt, sondern auch die Art und Weise von deren Bearbeitung, d.h. dass sich die Verbotswirkung dieser Norm nicht nur auf Daten, sondern auch auf Datenbearbeitungen bezieht. Verboten war hier deshalb die Lieferung insbesondere von Name, Wohnadresse, Geburtsdatum, Heimatort und dergleichen, also von Daten, die grundsätzlich ohne Zweifel Arbeitsplatzbezug aufweisen.