BGer 6B_825/2019: Aus­wer­tung gelösch­ter Daten

Gelösch­te Daten dür­fen im Rah­men einer ergän­zen­den Daten­aus­le­sung wie­der­her­ge­stellt wer­den, ohne dass es einer zusätz­li­chen Anord­nung bedarf. Zu die­sem Schluss kam das Bun­des­ge­richt im Urteil 6B_825/2019, 6B_845/2019 vom 6. Mai 2021.

Hin­ter­grund waren Indis­kre­tio­nen eines Zür­cher Stadt­po­li­zi­sten, der unter ande­rem Daten aus dem Poli­zei-Infor­ma­ti­ons­sy­stem (POLIS) nach aussen gege­ben hat­te. Vor Bun­des­ge­richt setz­te er sich dage­gen zur Wehr, dass sein Mobil­te­le­fon ein zwei­tes Mal aus­ge­wer­tet wur­de unter Ein­schluss der von ihm gelösch­ten Daten. Zur Begrün­dung führ­te er an, dass die Wie­der­her­stel­lung einen neu­en Über­mitt­lungs­vor­gang aus­lö­se und von daher als Fern­mel­de­über­wa­chung geneh­mi­gungs­pflich­tig sei (E. 2.1). Eine erneu­te Aus­wer­tung ohne Ein­wil­li­gung oder Anord­nung sei genau­so unzu­läs­sig, wie wenn man auf­grund des­sel­ben Haus­durch­su­chungs­be­fehls mehr­fach tätig wür­de und «immer neue Sachen unter­su­chen» woll­te (E. 2.5.1 a.E.).

Das Bun­des­ge­richt wider­sprach: Von einer gehei­men Über­wa­chungs­mass­nah­me nach Art. 269 ff. StPO kann schon des­halb kei­ne Rede sein, weil die Aus­wer­tung eigens ange­kün­digt wor­den ist (E. 2.5.2). Zudem han­delt es sich bei der phy­si­schen Sicher­stel­lung digi­ta­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­rä­te pra­xis­ge­mäss weder um eine Fern­mel­de­über­wa­chung noch um eine rück­wir­ken­de Rand­da­ten­er­he­bung (E. 2.3.3). Ent­spre­chend hat der vor­lie­gen­de Fall, wo der Daten­trä­ger bereits beschlag­nahmt und besich­tigt und sei­ne Beweis­eig­nung fest­ge­stellt wor­den ist, nichts mit einer neu­er­li­chen Haus­durch­su­chung zu tun (E. 2.5.1). Eine zusätz­li­che Anord­nung oder Ein­wil­li­gung braucht es nicht.

Vor Vor­in­stanz hat­te die Ver­tei­di­gung gerügt, dass «es in den Ster­nen ste­he, wel­che Daten wie­der­her­ge­stellt wor­den sei­en und wel­che nicht» (OGer ZH SB170507, E. 3.4.4). Dem­ge­gen­über sahen weder das Zür­cher Ober­ge­richt noch das Bun­des­ge­richt einen Anlass, um an der Kor­rekt­heit der Daten­aus­le­sung zu zwei­feln: Dass ein­zel­ne Nach­rich­ten nicht wie­der­her­ge­stellt wer­den konn­ten, berührt die Ver­wert­bar­keit der übri­gen Daten nicht (BGer, E. 2.6.3).

Auch aus dem BGÖ, dem DSG und den kan­to­na­len Vor­schrif­ten (MERG/ZH, IDG/ZH) ver­moch­te der Beschwer­de­füh­rer nichts zu sei­nen Gun­sten abzu­lei­ten: Die POLIS-Daten sind auch ohne aus­drück­li­che Klas­si­fi­zie­rung geheim (E. 5.3) und die von ihm erteil­ten Aus­künf­te waren weder offen­kun­dig noch all­ge­mein zugäng­lich (E. 5.5.1 f.). Im Übri­gen bil­det bereits der Hin­weis, dass in Bezug auf ein nicht näher umschrie­be­nes Delikt kei­ne poli­zei­li­chen Erkennt­nis­se vor­lie­gen, ein Geheim­nis i.S.v. Art. 320 StGB (E. 5.3.3).

Man­gels Even­tu­al­vor­satz in einem von fünf Ankla­ge­punk­ten hiess das Bun­des­ge­richt die Beschwer­de teil­wei­se gut und wies die Sache in die­sem Umfang zur Neu­be­ur­tei­lung zurück (E. 5.4.2 und 8).

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