Das Bun­des­straf­ge­richt hat­te im vor­lie­gen­den Urteil vom 23. August 2013 den Vor­wurf zu beur­tei­len, mit meh­re­ren E‑Mails sei­en Fabri­ka­ti­ons- oder Geschäfts­gehei­nis­se ver­ra­ten wor­den. Die Tat­hand­lung selbst war aner­kannt; strit­tig war nur, ob dadurch ein Fabri­ka­ti­ons- oder Geschäfts­ge­heim­nis iSv StGB 273 ver­letzt wurde.

Den Tat­be­stand von StGB 273 fasst das BSt­Ger wie folgt zusammen:

[…] Der Begriff des Fabri­ka­ti­ons- oder Geschäfts­ge­heim­nis­ses ist nach der Recht­spre­chung zu Art. 273 StGB weit aus­zu­le­gen, da er nach Sinn und Zweck der Bestim­mung alle Tat­sa­chen des wirt­schaft­li­chen Lebens erfasst, an deren Geheim­hal­tung nach schwei­ze­ri­scher Auf­fas­sung ein schutz­wür­di­ges Inter­es­se besteht und die des­halb gegen­über dem Aus­land geschützt wer­den sol­len. Für Art. 273 StGB genügt es, wenn die Tat­sa­che dem Desti­na­t­är nicht bekannt ist, eine rela­ti­ve Unbe­kannt­heit wird nicht vor­aus­ge­setzt (BGE 104 IV 175, E. 1b). Der Geheim­nis­be­griff unter­schei­det sich dadurch vom gleich­lau­ten­den Aus­druck in Art. 162 StGB (und Art. 13 lit. f UWG) (vgl. zum Gan­zen BGE 98 IV 210 , E. 1a; Trechsel/ Vest, a.a.O., Art. 273 N. 3, je mit Hinweisen).
2.2.2 Wie beim Geheim­nis­be­griff nach Art. 162 StGB muss im Wei­te­ren auch beim wirt­schaft­li­chen Nach­rich­ten­dienst der Geheim­nis­herr ein Geheim­hal­tungs­in­ter­es­se sowie einen Geheim­hal­tungs­wil­len auf­wei­sen. Der indi­vi­du­el­le Wil­le des Geheim­nis­herrn ist jedoch nicht schlecht­hin schutz­wür­dig. Geschützt ist ein berech­tig­tes (objek­tiv schutz­wür­di­ges) Inter­es­se an Geheim­hal­tung durch den Geheim­nis­herrn. Das Inter­es­se muss wirt­schaft­li­cher Natur sein (vgl. BGE 101 IV 312; Ger­ber, in: ZStrR 1977, Band 93, S. 279 und 285, Trechsel/Vest, a.a.O., Art. 273 N. 7 f.). Ein feh­len­des schutz­wür­di­ges Geheim­hal­tungs­in­ter­es­se des Geheim­nis­herrn kann auch nicht durch irgend­wel­che Inter­es­sen der natio­na­len Volks­wirt­schaft, wel­che nicht sel­ten je nach Wirt­schafts­zweig und Posi­ti­on in der Wirt­schaft gegen­sätz­li­cher Natur sind, kom­pen­siert wer­den (Urteil OG Luzern vom 26. April 1988, E. 4, in: LVGE 1988 I Nr. 49). Fer­ner hat das Geheim­nis in einer Bezie­hung zur Schweiz zu ste­hen ( Trechsel/Vest, a.a.O., Art. 273 N. 9, mit Hin­weis). Als Desti­na­t­är kom­men nur eine frem­de amt­li­che Stel­le, eine aus­län­di­sche Orga­ni­sa­ti­on oder eine pri­va­te Unter­neh­mung bzw. deren Agen­ten in Frage.
2.2.3 Die Tat­hand­lung gemäss Art. 273 Abs. 2 StGB besteht im “Zugäng­lich­ma­chen”, d.h. dem Aus­land oder des­sen Agen­ten im wei­te­sten Sin­ne die Mög­lich­keit zu ver­schaf­fen, auf unzu­läs­si­ge Wei­se in schwei­ze­ri­sche Wirt­schafts­ver­hält­nis­se Ein­blick zu erhal­ten, wobei nicht erfor­der­lich ist, dass der Ein­blick gelingt ( Trechsel/Vest, a.a.O., Art. 273 N. 11; Hus­mann, Bas­ler Kom­men­tar Straf­recht II, a.a.O., Art. 273 N. 59, je mit Hinweisen).
2.2.4 In sub­jek­ti­ver Hin­sicht ist Vor­satz erfor­der­lich. Es genügt, wenn der Täter bewusst eine gehei­me Tat­sa­che einer frem­den Stel­le ver­rät. Ob er um den staat­li­chen Schutz sol­cher Geheim­nis­se und damit um die Ver­let­zung nicht bloss pri­va­ter, son­dern auch staat­li­cher Inter­es­sen im Fal­le ihrer Preis­ga­be wuss­te, ist uner­heb­lich (BGE 104 IV 182).

Als Täter eines Ver­ra­tes kommt jede Per­son in Fra­ge, die gesetz­lich oder ver­trag­lich einer Geheim­hal­tungs­pflicht gegen­über dem Geheim­nis­herr unter­liegt. Das war vor­lie­gend auf­grund eines Arbeits­ver­trags der Fall. Das BSt­Ger ver­neint aller­dings eine Ver­let­zung von Art. 273 StGB, weil ein Geheim­hal­tungs­in­ter­es­se fehle:

e) Ein berech­tig­tes (objek­tiv schutz­wür­di­ges) Inter­es­se an Geheim­hal­tung durch die Geheim­nis­her­rin kann jedoch nicht ange­nom­men wer­den. Die Infor­ma­tio­nen sind der­art ober­fläch­lich und vage, dass sie kein objek­ti­vier­ba­res Schutz­in­ter­es­se zu begrün­den ver­mö­gen (vgl. supra, E. 2.2.2). Die Aus­sa­ge, dass die Pri­vat­klä­ge­rin “vor Jah­ren” Ver­su­che mit Lang­glas­ein­zug “nicht hin­be­kom­men” habe, führt nicht zu einer wirt­schaft­li­chen Gefahr. Im Übri­gen stellt der Beschul­dig­te A. in der E‑Mail eige­ne Hypo­the­sen auf, er gibt also ein­zig sei­ne per­sön­li­chen Über­le­gun­gen bekannt, was u.a. aus den Sät­zen wie “C. AG wird wohl…”, “die wer­den das ev. …” und “wenn dem so wäre …” her­vor­geht. Dabei han­delt es sich also nicht um Geheim­nis­se der Pri­vat­klä­ge­rin, son­dern um Mut­ma­ssun­gen des Beschul­dig­ten. Somit sind dies­be­züg­lich die objek­ti­ven Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen von Art. 273 Abs. 2 StGB nicht erfüllt, der Beschul­dig­te ist freizusprechen.

AI-generierte Takeaways können falsch sein.