BVGer (A‑1353/2022): abge­schlos­se­nes Zoll­straf­ver­fah­ren; kei­ne Ein­sicht in Ein­ver­nah­me­pro­to­koll eines Drit­ten; DSG 8 f. und 19

Das heu­ti­ge Bun­des­amt für Zoll und Grenz­si­cher­heit (BZG) hat­te 2016 eine Ver­wal­tungs­straf­un­ter­su­chung wegen des Ver­dachts auf Wider­hand­lun­gen gegen die Zoll­ge­setz­ge­bung bei der Ein­fuhr von Kunst­wer­ken für einen der Betrof­fe­nen ohne Fol­ge ein­ge­stellt. Die­ser erhielt eine Kopie der rele­van­ten Ermitt­lungs­ak­ten mit geschwärz­ten Pro­to­kol­le von Ein­ver­nah­men Drit­ter. Die Ermitt­lun­gen gegen ande­re Betrof­fe­ne wur­den fortgesetzt.

Der Betrof­fe­ne ver­lang­te in der Fol­ge die Her­aus­ga­be der voll­stän­di­gen Akten, ins­be­son­de­re das unge­schwärz­te Pro­to­koll einer Ein­ver­nah­me eines Drit­ten, und einen Aus­zug der betref­fen­den Daten aus dem Infor­ma­ti­ons­sy­stem für Straf­sa­chen BZG. Offen­bar war er der Mei­nung, das Ver­fah­ren beru­he auf einer ver­leum­de­ri­schen Anschul­dung des Einvernommenen.

Das BZG ver­wei­ger­te die Aus­kunft teil­wei­se (u.a. mit Bezug auf das Pro­to­koll). Eine Beschwer­de beim Direk­tor des BZG blieb erfolg­los. Dage­gen gelang­te der Betrof­fe­ne ans Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, das die Beschwer­de nun abwies. Im Zusam­men­hang mit der­sel­ben Unter­su­chung hat­te der Betrof­fe­ne schon frü­her ein Ein­sichts­ge­such gestellt, das vom BVGer eben­falls abge­wie­sen wor­den war, damals weil die Unter­su­chung noch hän­gig gewe­sen war (Art. 2 DSG).

Der Betrof­fe­ne hat­te sich in erster Linie auf das Aus­kunfts­recht des DSG gestützt, in Über­ein­stim­mung mit Art. 14 Abs. 1 der Ver­ord­nung über das Infor­ma­ti­ons­sy­stem für Straf­sa­chen des BFD (ISV-BFD), wonach sich das Aus­kunfts­recht bei abge­schlos­se­nen Straf­ver­fah­ren nach dem DSG und dem VStrR rich­tet, die Akten­ein­sicht wäh­rend der Unter­su­chung dem­ge­gen­über nach Art. 26 ff. VwVG.

Das BGer bestä­tigt das Urteil des BVGer mit fol­gen­den Überlegungen:

  • Umfasst ein Aus­kunfts­be­geh­ren bei einem Bun­des­or­gan Per­so­nen­da­ten Drit­ter, gilt neben Art. 8 DSG auch die beson­de­re Bestim­mung zur Bekannt­ga­be an Drit­te von Art. 19 DSG. Dabei hand­le es sich gewis­ser­ma­ssen um eine all­ge­mei­ne Bestim­mung über die Amts­hil­fe und eine Aus­füh­rungs­be­stim­mung zum all­ge­mei­nen Amtsgeheimnis.
  • Art. 19 Abs. 1 DSG ver­langt eine bestimm­te Grund­la­ge für die Bekannt­ga­be. Gilt kei­ne ande­re, ver­langt lit. d, dass der Emp­fän­ger glaub­haft macht, die betrof­fe­ne Per­son ver­wei­ge­re ihre Ein­wil­li­gung in die Bekannt­ga­be, um den Emp­fän­ger an der Durch­set­zung von Rechts­an­sprü­chen oder der Wahr­neh­mung ande­rer schutz­wür­di­ger Inter­es­sen zu hin­dern. Das hat­te der Betrof­fe­ne hier behaup­tet – er wol­le Ansprü­che gegen den Ein­ver­nom­me­nen wegen fal­scher Anschul­di­gung prü­fen. Dem BVGer reicht dies nicht: Die Tat­sa­che allein, dass das Zoll­straf­ver­fah­ren und meh­re­re Straf­ver­fah­ren gegen den Betrof­fe­nen – anschei­nend eben­falls auf den Ein­ver­nom­men zurück­zu­füh­ren – ein­ge­stellt wur­den, macht Ansprü­che noch nicht glaubhaft.
  • Zudem sieht Art. 19 Abs. 4 lit. b DSG vor, dass die Bekannt­ga­be abzu­leh­nen oder ein­zu­schrän­ken ist, wenn dies gesetz­li­che Geheim­hal­tungs­pflich­ten ver­lan­gen. Das sei hier der Fall. Das Steu­er­ge­heim­nis nach Art. 74 MWSTG sei an sich eine sol­che Grund­la­ge, eben­so wie Art. 110 DBG (so schon BGer 1C_541/2014). Aller­dings schüt­ze das Steu­er­ge­heim­nis nicht die Ver­wal­tung, son­dern das Ver­trau­en des mit einer Mit­wir­kungs­pflicht bela­ste­ten Steu­er­pflich­ti­gen oder Drit­ten. Es sei ent­spre­chend unklar, ob es auch für Infor­ma­tio­nen gel­te, die nicht mit einem Ver­an­la­gungs- oder Nach­er­he­bungs­ver­fah­ren in Zusam­men­hang ste­hen oder von Drit­ten mit­ge­teilt wer­den, aber nicht deren per­sön­li­chen oder finan­zi­el­len Ver­hält­nis­se betreffen.
  • Das kön­ne aller­dings offen­blei­ben, denn zumin­dest das Unter­su­chungs­ge­heim­nis nach Art. 73 StPO ste­he einer Bekannt­ga­be ent­ge­gen – sie könn­te eine Gefahr von Kol­lu­si­on, einer Beein­träch­ti­gung von Beweis­mit­teln oder für den Pro­zess der Mei­nungs­bil­dung und Ent­schei­dungs­fin­dung begrün­den und pri­va­te Inter­es­sen der Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten ver­let­zen. Dies gel­te auch, wenn die Unter­su­chung einer Ver­wal­tungs­be­hör­de über­tra­gen wurde.

Da auch aus dem Akten­ein­sichts­recht nichts abzu­lei­ten war, wies das BGer die Beschwer­de ab.

Was das BVGer lei­der nicht ange­spro­chen hat, ist die Fra­ge, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Infor­ma­tio­nen in einem Doku­ment als Per­so­nen­da­ten über eine bestimm­te Per­son zu betrach­ten sind.

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