- ETH und Empa untersuchen Vorwürfe gegen Forschungsmitarbeiterpaar seit Februar 2019.
- Die ehemalige Angestellte forderte CHF 50’000 Schadenersatz und Genugtuung, jedoch abgelehnt durch das Bundesverwaltungsgericht.
- Interne Mitteilung der Empa über die Untersuchung verletzte Persönlichkeitsrechte.
- Das Gericht sah keinen Verstoss gegen das Verantwortlichkeitsgesetz aufgrund des überwiegenden Informationsinteresses.
- Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung wurden vollumfänglich abgewiesen.
«ETH und Empa untersuchen Vorwürfe gegen Forscherpaar», titelte die NZZ am 22. Februar 2019 auf ihrer Webseite. Für die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), die im Artikel zu Wort kam, hatte die Angelegenheit ein Nachspiel: Die ehemalige Angestellte forderte Schadenersatz und Genugtuung in Höhe von CHF 50’000 – zu Unrecht, wie das Bundesverwaltungsgericht am 23. März 2021 entschied (Urteil A‑2479/2020).
Auf Anfrage der NZZ hatte die Empa bestätigt, dass man eine Untersuchung wegen Fehlverhaltens eingeleitet habe, die betreffende Angestellte krankgeschrieben sei und im März zurückkehre. Zusätzlich hatte der Direktor der Empa gleichentags eine «Interne Mitteilung» an die Belegschaft – immerhin rund 1’000 Angestellte – verschickt. Die Beschwerdeführerin sah sich dadurch «in ihrer Geltung als ehrbarer Mensch herabgesetzt» (E. 4.1).
Materiell berief sie sich auf das Verantwortlichkeitsgesetz (VG). Dieses schreibt in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 1 Bst. a eine verschuldensunabhängige Staatshaftung fest und knüpft daran vier kumulative Voraussetzungen: Die (i) amtliche Tätigkeit eines Bundesamten muss (ii) adäquat kausal und (iii) widerrechtlich einen (iv) quantizifierten Schaden bewirken.
Vorliegend stand die Widerrechtlichkeit im Zentrum, genauer ein Verstoss gegen Art. 328b Satz 1 OR. Demzufolge dürfen Daten über Arbeitnehmer nur bearbeitet werden, soweit sie die Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder für die Durchführung desselben erforderlich sind. Zusätzlich muss sich die Handlung gegen eine zumindest bestimmbare Person richten. Unter diesem Aspekt schienen die Auskünfte an die NZZ unbedenklich, weil deren Berichterstattung keine Identifizierung erlaubte (E. 4.3.2).
Als persönlichkeitsverletzend erwies sich hingegen die interne Mitteilung. Denn die Bekanntgabe der krankheitsbedingten Abwesenheit, der eingeleiteten Untersuchung und der erfolgten Neubesetzung vermochte das Ansehen und die Privatsphäre der Betroffenen zu beeinträchtigen (E. 4.4.3). Ausgehend davon prüfte das Gericht, ob sich die Empa als Bundesbehörde i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Bst. b DSG auf den Rechtfertigungsgrund von Art. 19 Abs. 1bis DSG berufen könne (E. 4.5.1, 4.6). Dieser gibt Bundesorganen das Recht, im Rahmen ihrer aktiven Informationstätigkeit auch Personendaten weiterzugeben. Vorausgesetzt ist, dass die Daten mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zusammenhängen (Bst. a) und das öffentliche Interesse an ihrer Bekanntgabe überwiegt (Bst. b). Insbesondere bei «mediennotorischen» Fällen wird eine aktive behördliche Veröffentlichung als zulässig erachtet (E. 4.5.1 a.E.). Auch lässt es die Praxis «aus arbeitsorganisatorischen Gründen» zu, Personalmutationen selbst per Massen-E-Mail bekanntzugeben, solange sich die Nachricht in sachlicher Weise darauf beschränkt (E. 4.5.2).
Im Fall der Empa bejahte das Bundesverwaltungsgericht ein überwiegendes Informationsinteresse aufseiten der Belegschaft (E. 4.6.2) und schätzte die Mitteilung als sachlich, wahrheitsgetreu, verhältnismässig und zumutbar ein (E. 4.6.3 ff.). Mit dieser Rechtfertigung entfiel die Widerrechtlichkeit (E. 4.3.1), was wiederum die Ansprüche auf Schadenersatz (E. 4.7) und Genugtuung (E. 5) hinfällig machte. Die Beschwerde wurde vollumfänglich abgewiesen.