Das BVGer hatte im vorliegenden Entscheid von 22. Mai 2017 eine Frage des sachlichen Anwendungsbereichs des BGÖ zu klären. Hintergrund waren Gesuche an das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) um Zugang zu einer gesamtschweizerischen Liste der Ärzte der Regionalen Ärztlichen Dienste (RAD) und zu Namen und weiteren Daten zu Mitarbeitern der IV-Stellen. Das BAG verweigerte den Zugang teilweise und informierte die IV-Stellen. In der Folge ging beim EDÖB eine grössere Anzahl an Schlichtungsanträgen betroffener Ärzte ein. Gleichwohl empfahl der EDÖB, das BSV solle den Zugang zu den Namen wie beantragt gewähren. Das BSV erliess darauf anfechtbare Verfügungen über den Zugang, die vor BVGer angefochten wurden.
Strittig war unter anderem, ob die kantonalen IV-Stellen dem BGÖ überhaupt unterstellt sind. Das BVGer hält dazu fest, die Vorinstanz, das BSV, unterstehe als Teil der Bundesverwaltung dem BGÖ, so dass grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Dokumenten im Besitz des BSV besteht. Dass die kantonalen IV-Stellen ihrerseits nicht dem BGö unterstehen, ändere daran nichts:
5.2 Zwar dürfte es zutreffen, dass die kantonalen IV-Stellen, von denen die Vorinstanz die erwähnten Informationen erhalten hat, ihrerseits nicht dem BGÖ unterstehen […]. Der Umstand, dass eine Information von einer Organisation oder Person stammt, die selber nicht dem BGÖ untersteht, schliesst die Anwendung dieses Gesetzes jedoch nicht aus (vgl. dazu Botschaft, S. 1993; betreffend von Privaten stammende Informationen zudem BVGE 2013/50 E. 5.2). Entscheidend ist daher, ob die Behörde, welche die Information im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Bst. b BGÖ in Besitz hat, dem BGÖ untersteht. Dieses Verständnis ergibt sich nur schon aus der Zuständigkeitsnorm von Art. 10 Abs. 1 BGÖ, wonach Zugangsgesuche an diejenige Behörde zu richten sind, „die das Dokument erstellt oder von Dritten, die nicht diesem Gesetz unterstehen, als Hauptadressatin erhalten hat“.
Dies sei auch der Grund dafür, dass Art. 7 Abs. 1 lit. e BGÖ die Einschränkung, die Verweigerung oder dem Aufschub des Zugangs zu einem amtlichen Dokument erlaubt, wenn dadurch die Beziehungen zwischen dem Bund und den Kantonen beeinträchtigt werden können.
Damit entscheidet das BVGer ausdrücklich gegen die Botschaft zum BGÖ:
5.3 Einzuräumen ist allerdings, dass der Bundesrat in der Botschaft teilweise einen anderen Standpunkt vertritt. Dort wird ausgeführt, wenn eine nicht der Bundesverwaltung angehörende Organisation im Sinn von Art. 2 Abs. 1 Bst. b BGÖ der Verwaltung ein Dokument zur Verfügung stelle, so betreffe dieses Dokument grundsätzlich nur so weit eine „öffentliche Aufgabe“, als die betreffende Organisation selber dem BGÖ unterstellt sei (vgl. Botschaft, S. 1995). Dieser Standpunkt vermag indes nicht zu überzeugen: Er steht zu den bereits erwähnten Ausführungen der Botschaft in Widerspruch, wonach Informationen von Dritten, die dem BGÖ überhaupt nicht unterstehen, ein amtliches Dokument darstellen können (vgl. wiederum Botschaft, S. 1993). Es ist nicht ersichtlich, weshalb dies bei Informationen von Dritten, die dem BGÖ anderweitig sogar unterstehen, ausgeschlossen sein soll. Eben dies wird in der Lehre denn auch kritisiert (vgl. Kurt Nuspliger, in: Stämpflis Handkommentar, Öffentlichkeitsgesetz, 2008, Art. 5 Rz. 23). Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits festgehalten, diese Kritik sei berechtigt (vgl. BVGE 2013/50 E. 5.2.4).
Das BVGer wendet daher das BGÖ auf den vorliegenden Fall an. Im Rahmen der Interessenabwägung kommt es dabei zum Ergebnis, das „erhebliche öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Stellenantrittsdaten und der Stellenprozente der Beschwerdeführenden“ überwiege klar die „stark zu relativierenden“ privaten Interessen der beschwerdeführenden Ärzte. Ob die Interessenabwägung auf Art. 7 Abs. 2 BGÖ beruht oder auf Art. 9 Abs. 2 BGÖ i.V.m. Art. 19 DSG, lässt das BVGer dabei offen; das Verhältnis dieser Bestimmungen bleibt daher ungeklärt.