BVGer, A5715/2018: Recht auf Infor­ma­ti­on in der inter­na­tio­na­len Amts­hil­fe in Steu­er­sa­chen (Art. 4 Abs. 3 StAhiG)

Gemäss BVGer sind auch die von einem inter­na­tio­na­len Amts­hil­fe­ge­such nicht betrof­fe­nen Per­so­nen, deren Daten an ersu­chen­de Behör­den über­mit­telt wer­den sol­len, vor­gän­gig zu informieren.

Hin­ter­grund war eine ent­spre­chen­de Emp­feh­lung des EDÖB vom 18. Dezem­ber 2017. Die Emp­feh­lung rich­te­te sich gegen die Pra­xis der ESTV, in der US-Amts­hil­fe nur die for­mell von Ersu­chen betrof­fe­nen Per­so­nen zu infor­mie­ren. Die übri­gen in den edier­ten Bank­un­ter­la­gen erschei­nen­den Dritt­per­so­nen wer­den „man­gels Bezie­hungs­nä­he zum Streit­ge­gen­stand“ ledig­lich als „indi­rekt betrof­fen“ und damit als „nicht per se als beschwer­de­be­rech­tigt“ bezeich­net – und folg­lich auch nicht von der ESTV infor­miert (Emp­feh­lung, S. 3).

Die ESTV lehn­te die Emp­feh­lung des EDÖB ab. Die Emp­feh­lung sei mit der völ­ker­recht­li­chen Ver­pflich­tung der Schweiz, einen wirk­sa­men Infor­ma­ti­ons­aus­tausch sicher­zu­stel­len, nicht ver­ein­bar. Der EDÖB bean­trag­te gestützt auf Art. 27 Abs. 5 DSG beim Eid­ge­nös­si­schen Finanz­de­par­te­ment erfolg­los, die ESTV zur Umset­zung sei­ner Emp­feh­lung zu ver­pflich­ten. Dar­auf erhob der EDÖB Beschwer­de beim BVGer.

Aus den Erwä­gun­gen des BVGer:

4.7 Als Zwi­schen­er­geb­nis kann somit fest­ge­hal­ten wer­den, dass im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren das DSG auf­grund der spe­zi­al­ge­setz­li­chen daten­schutz­recht­li­chen Rege­lun­gen im StA­hiG als auch im Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men zwi­schen der Schweiz und den USA (vgl. hier­zu sogleich) ledig­lich als Aus­le­gungs­hil­fe zur Anwen­dung gelangt. Es sind im Fol­gen­den des­halb die grund­le­gen­den Rege­lun­gen der Amts­hil­fe in Steu­er­sa­chen, inklu­siv deren daten­schutz­recht­li­chen Bestim­mun­gen, die der Beschwer­de­füh­rer gestützt auf Art. 27 Abs. 1 DSG eben­falls über­wacht, darzulegen.

5.5 Als Zwi­schen­fa­zit kann fest­ge­hal­ten wer­den, dass Dritt­per­so­nen, d.h. Per­so­nen, die nicht direkt vom Amts­hil­fe­ver­fah­ren betrof­fen sind, gestützt auf Art. 14 Abs. 2 StA­hiG das Recht haben, dar­über infor­miert zu wer­den, sobald ihre Daten für eine Über­mitt­lung an eine ersu­chen­de Steu­er­be­hör­de vor­aus­sicht­lich rele­vant im Sin­ne von Art. 4 Abs. 3 StA­hiG und Art. 26 DBA CH-USA 96 sind. Sind die­se nicht vor­aus­sicht­lich rele­vant, ist die Über­mitt­lung ihrer Daten unzu­läs­sig und ihre Daten sind aus­zu­son­dern oder unkennt­lich zu machen (Art. 17 Abs. 2 StA­hiG). Der Begriff der nicht betrof­fe­nen Per­son nach Art. 4 Abs. 3 StA­hiG ist gemäss Recht­spre­chung restrik­tiv zu ver­ste­hen, das heisst, dass die­je­ni­gen Per­so­nen zu schüt­zen sind, die nichts mit dem im Amts­hil­fe­er­su­chen geschil­der­ten Sach­ver­halt zu tun haben und deren Namen rein zufäl­lig in den zu über­mit­teln­den Doku­men­ten auftauchen.

7. Zusam­men­fas­send ist somit fest­zu­hal­ten, dass von einem Amts­hil­fe­er­su­chen nicht betrof­fe­ne Per­so­nen, d.h. Dritt­per­so­nen, deren Daten an die ame­ri­ka­ni­schen und ande­re ersu­chen­de Behör­den über­mit­telt wer­den sol­len, grund­sätz­lich gestützt auf den ihnen zuste­hen­den Rechts­schutz im StA­hiG als auch auf­grund des DSG, vor­gän­gig zu infor­mie­ren sind. Für Fäl­le, in wel­chen mit der erfor­der­li­chen Infor­ma­ti­on unver­hält­nis­mä­ssi­ger Auf­wand ver­bun­den ist und der Voll­zug der Amts­hil­fe ver­un­mög­licht oder unver­hält­nis­mä­ssig ver­zö­gert wür­de, haben die zustän­di­gen Behör­den in geeig­ne­ter Form, zum Bei­spiel mit­tels Wei­sun­gen oder Richt­li­ni­en, gemein­sa­me Lösun­gen im Sin­ne von Aus­nah­me­re­ge­lun­gen zu erarbeiten.

Das gestern publi­zier­te Urteil vom 3. Sep­tem­ber 2019 ist noch nicht rechts­kräf­tig. Mit einer Beschwer­de an das Bun­des­ge­richt ist zu rechnen.

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