Im Urteil Rs. C‑507/23 vom 4. Okto­ber 2024 – eines von vie­len kürz­li­chen Urtei­len – hat sich der EuGH erneut mit Fra­gen des Scha­den­er­sat­zes befasst.

Im Anschluss an frü­he­re Urtei­le hält er zunächst fest, dass ein Ver­stoss gegen eine DSGVO für sich genom­men noch zu kei­nem Scha­den führt:

29 Nach alle­dem ist auf die erste Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO in Ver­bin­dung mit Art. 8 Abs. 1 der Char­ta dahin aus­zu­le­gen ist, dass ein Ver­stoß gegen Bestim­mun­gen die­ser Ver­ord­nung für sich genom­men nicht aus­reicht, um einen „Scha­den“ im Sin­ne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO darzustellen.

Span­nen­der war die Fra­ge, ob eine Ent­schul­di­gung für einen Feh­ler bereits ange­mes­se­ner Ersatz eines imma­te­ri­el­len Scha­dens sein kann. Der EuGH bejaht dies:

31 Nach stän­di­ger Recht­spre­chung ist es […] Sache der inner­staat­li­chen Rechts­ord­nung […], die ver­fah­rens­recht­li­chen Moda­li­tä­ten der Rechts­be­hel­fe […] fest­zu­le­gen, vor­aus­ge­setzt aller­dings, dass die­se Moda­li­tä­ten bei unter das Uni­ons­recht fal­len­den Sach­ver­hal­ten nicht ungün­sti­ger sind als die­je­ni­gen, die gleich­ar­ti­ge Sach­ver­hal­te regeln, die dem inner­staat­li­chen Recht unter­lie­gen (Äqui­va­lenz­grund­satz), und dass sie die Aus­übung der durch das Uni­ons­recht ver­lie­he­nen Rech­te nicht prak­tisch unmög­lich machen oder über­mä­ßig erschwe­ren (Effek­ti­vi­täts­grund­satz) […].
32 […] haben die natio­na­len Gerich­te zu die­sem Zweck die inner­staat­li­chen Vor­schrif­ten der ein­zel­nen Mit­glied­staa­ten über den Umfang der finan­zi­el­len Ent­schä­di­gung anzuwenden […].
33 Was die Wah­rung des Äqui­va­lenz­grund­sat­zes betrifft, ver­fügt der Gerichts­hof über kei­nen Anhalts­punkt dafür, dass sich die­ser Grund­satz im vor­lie­gen­den Aus­gangs­rechts­streit kon­kret aus­wir­ken könnte.
34 Was die Wah­rung des Effek­ti­vi­täts­grund­sat­zes angeht, bedingt […], dass die Kri­te­ri­en für die Bemes­sung des […] Scha­den­er­sat­zes inner­halb der Rechts­ord­nung der ein­zel­nen Mit­glied­staa­ten fest­zu­le­gen sind, wobei ein sol­cher Scha­den­er­satz voll­stän­dig und wirk­sam sein muss […].
35 Der Gerichts­hof hat fer­ner aner­kannt, dass ein natio­na­les Gericht bei feh­len­der Schwe­re des der betrof­fe­nen Per­son ent­stan­de­nen Scha­dens die­sen aus­glei­chen kann, indem es die­ser Per­son einen gering­fü­gi­gen Scha­den­er­satz zuspricht, sofern die gerin­ge Höhe des gewähr­ten Scha­den­er­sat­zes geeig­net ist, den Scha­den in vol­lem Umfang auszugleichen […].
36 Art. 82 Abs. 1 DSGVO ver­wehrt es auch nicht, dass eine Ent­schul­di­gung einen eigen­stän­di­gen oder ergän­zen­den Ersatz eines imma­te­ri­el­len Scha­dens dar­stel­len kann […], sofern eine sol­che Form des Scha­den­er­sat­zes die Grund­sät­ze der Äqui­va­lenz und der Effek­ti­vi­tät wahrt, ins­be­son­de­re, da er es ermög­li­chen muss, den imma­te­ri­el­len Scha­den, der durch den Ver­stoß gegen die­se Ver­ord­nung kon­kret ent­stan­den ist, in vol­lem Umfang auszugleichen […].
37 Nach alle­dem ist auf die zwei­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin aus­zu­le­gen ist, dass eine Ent­schul­di­gung einen ange­mes­se­nen Ersatz eines imma­te­ri­el­len Scha­dens auf der Grund­la­ge die­ser Bestim­mung dar­stel­len kann […].

Da das schwei­ze­ri­sche DSG imma­te­ri­el­le Schä­den nicht als ersatz­fä­hig bzw. nicht als Scha­den betrach­tet (mit hier nicht ein­schlä­gi­gen Aus­nah­men und unter Vor­be­halt der Genug­tu­ung), ist das Urteil für die Schweiz nicht prä­ju­di­zi­ell, aber Real­scha­den­er­satz ist auch nach schwei­ze­ri­schem Recht aner­kannt. Die Sache zeigt aber, dass sich eine ehr­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on risi­ko­re­du­zie­rend aus­wir­ken kann.

Wie frü­her schon hält der EuGH fer­ner fest, dass “die Hal­tung und die Beweg­grün­de” des Ver­ant­wort­li­chen kein Fak­tor bei der Ersatz­be­mes­sung sein kön­nen, weil es um Scha­dens­aus­gleich und nicht Stra­fe geht.