Die EU zielt mit dem Euro­pean Acce­s­si­bi­li­ty Act (EAA) auf die Ver­bes­se­rung der digi­ta­len Bar­rie­re­frei­heit in der EU. Der EAA ist kei­ne Ver­ord­nung, son­dern eine Richt­li­nie, die Min­dest­stan­dards für die Bar­rie­re­frei­heit setzt. Sie sind von den EU-Mit­glied­staa­ten umzu­set­zen, die aller­dings auch stren­ge­re Regeln erlas­sen kön­nen. Sie sieht fol­gen­de Fri­sten vor:

  • 28. Juni 2022: Die EU-Mit­glied­staa­ten muss­ten den EAA in natio­na­les Recht umsetzen.
  • 28. Juni 2025: Die Mass­nah­men müs­sen ange­wen­det werden.
  • 28. Juni 2027: Not­fall­dien­ste müs­sen Anfor­de­run­gen erfüllen.
  • 28. Juni 2030: Pro­duk­te und Dienst­lei­stun­gen, die schon vor Juni 2025 auf dem Markt waren, müs­sen den Anfor­de­run­gen entsprechen.
  • 28. Juni 2045 (oder 20 Jah­re nach der Instal­la­ti­on): Selbst­be­die­nungs­ter­mi­nals wie Geld­au­to­ma­ten und Ticket­au­to­ma­ten, die vor Juni 2025 instal­liert wur­den, kön­nen bis zum Ende der Lebens­dau­er ver­wen­det wer­den, aber nicht län­ger als 20 Jah­re nach der Installation.

Mit­glied­staa­ten kön­nen die­se Fri­sten – den Min­dest­stan­dard – verkürzen.

Anwen­dungs­be­reich

Der Euro­pean Acce­s­si­bi­li­ty Act umfasst ein recht brei­tes Spek­trum an Pro­duk­ten und Dienst­lei­stun­gen im B2C-Bereich, die für Men­schen mit Behin­de­run­gen zugäng­lich gemacht wer­den müs­sen. Dazu gehören:

  • Online-Han­dels­platt­for­men ein­schliess­lich Websites
  • Buchungs­sy­ste­me für Ter­mi­ne und Kon­takt­for­mu­la­re, die grenz­über­schrei­ten­de Geschäfts­trans­ak­tio­nen erleichtern
  • per­sön­li­che Gerä­te wie Com­pu­ter, Smart­phones und Betriebssysteme
  • E‑Books, E‑Reader und digi­ta­le Medien
  • Geld- und Ticketautomaten
  • Bank­dienst­lei­stun­gen
  • Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­dien­ste
  • Fern­seh­rund­funk­dien­ste und ent­spre­chen­de Verbrauchergeräte
  • öffent­li­che Verkehrsdienste

Der EAA gilt grund­sätz­lich für alle Unter­neh­men, die Pro­duk­te oder Dienst­lei­stun­gen in der EU in Ver­kehr brin­gen bzw. anbie­ten, unab­hän­gig davon, ob die Anbie­ter oder wei­te­ren Wirt­schafts­ak­teu­re inner­halb der EU ansäs­sig sind. Eine wei­te­re Kon­kre­ti­sie­rung fehlt, eben­so wie eine de mini­mis-Rege­lung. Ent­spre­chend fal­len auch schwei­ze­ri­sche Unter­neh­men in den Anwen­dungs­be­reich der mit­glied­staat­li­chen Umsetzungsgesetze.

  • Anbie­ten” bedeu­tet dabei die Bereit­stel­lung der Dienst­lei­stung für poten­zi­el­le Kun­den in einem EU-Mit­glied­staat. Es umfasst Mar­ke­ting­ak­ti­vi­tä­ten, Wer­bung und die Prä­sen­ta­ti­on von Dienst­lei­stun­gen auf Web­sites und setzt vor­aus, dass ein Ange­bot aktiv auf Kun­den in einem Mit­glied­staat aus­ge­rich­tet ist;
  • Erbrin­gen” bedeu­tet die Aus­füh­rung der Dienst­lei­stung in der EU, wobei am Wohn­sitz des Ver­brau­chers (Kon­su­men­ten) ange­knüpft wer­den dürfte.

Umset­zung durch die Mitgliedstaaten

Nach dem EAA waren die EU-Mit­glied­staa­ten ver­pflich­tet, den EAA bis 28. Juni 2022 in natio­na­les Recht umzu­set­zen, und die ent­spre­chen­den Vor­ga­ben sind ab dem 28. Juni 2025 ein­zu­hal­ten. Nicht alle Mit­glied­staa­ten sind dem nachgekommen.

  • Ita­li­en: Umset­zung durch Dekret Nr. 82 vom 27. Mai 2022, das am 28. Juni 2025 voll­stän­dig in Kraft trifft.
  • Öster­reich: Umset­zung v.a. durch das Bun­des-Behin­der­ten­gleich­stel­lungs­ge­setz (BGStG) von 2006, und das Web-Zugäng­lich­keits­ge­setz (WZG).
  • Frank­reich: Umset­zung durch eine Kom­bi­na­ti­on bestehen­der Geset­ze, ins­be­son­de­re Gesetz Nr. 2005-102 vom Febru­ar 2005.

Deutsch­land

In Deutsch­land ist Haupt­in­stru­ment der Umset­zung das Bar­rie­re­frei­heits­stär­kungs­ge­setz (BFSG) vom 16. Juli 2021, das am 28. Juni 2025 in Kraft tritt. Es über­führt den EAA weit­ge­hend “eins zu eins” in deut­sches Recht. Als Ergän­zung wur­de im Juni 2022 eine Ver­ord­nung (die BFSGV) erlas­sen, die die Anfor­de­run­gen präzisiert.

Die all­ge­mei­ne Frist für die Anwen­dung der Mass­nah­men ist der 28. Juni 2025. Für bestimm­te Pro­duk­te und Dienst­lei­stun­gen gel­ten Über­gangs­be­stim­mun­gen, ins­be­son­de­re folgende:

  • Dienst­lei­stun­gen, die Pro­duk­te ver­wen­den (die dann selbst bar­rie­re­frei sein müss­ten), kön­nen bis zum 27. Juni 2030 erbracht werden.
  • Vor dem 28. Juni 2025 geschlos­se­ne Ver­trä­ge über Dienst­lei­stun­gen dür­fen bis läng­stens bis am 27. Juni 2030 unver­än­dert fortbestehen.

Anwen­dungs­be­reich

Das BFSG defi­niert, wel­che Pro­duk­te und wel­che Dienst­lei­stun­gen im B2C-Bereich unter die Bar­rie­re­frei­heits­an­for­de­run­gen fal­len. Dazu gehö­ren fol­gen­de Pro­duk­te:

  • Hard­ware­sy­ste­me für Uni­ver­sal­rech­ner für Ver­brau­cher ein­schliess­lich der dafür bestimm­ten Betriebs­sy­ste­me (z.B. PC, Smart­phones und Tablets, aber nicht Geschäfts­com­pu­ter oder in Ver­brau­cher­elek­tro­nik ein­ge­bet­te­te Spe­zi­al­com­pu­ter, Haupt­pla­ti­nen oder Speicherchips);
  • bestimm­te Selbst­be­die­nungs­ter­mi­nals wie Zah­lungs­ter­mi­nals und zuge­hö­ri­ge Hard­ware und Soft­ware, Geld­au­to­ma­ten, Fahrausweisautomaten;
  • Ver­brau­cher­end­ge­rä­te mit inter­ak­ti­vem Lei­stungs­um­fang, die für Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­dien­ste (z.B. Mobil­te­le­fo­ne, Tablets, Rou­ter, Modems) oder den Zugang zu audio­vi­su­el­len Medi­en­dien­sten ver­wen­det wer­den (z.B. Spiel­kon­so­len, Chro­me­Cast, Apple TV); und
  • E‑Book-Lese­ge­rä­te.

Erfasst sind wei­ter fol­gen­de Dienst­lei­stun­gen:

  • Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­dien­ste (z.B. Sprach­te­le­fo­nie, VoIP, E‑Mail-Über­tra­gungs­dien­ste, SMS-Dien­ste, Video­kon­fe­renz-Soft­ware, Mes­sen­ger-Dien­ste), aber nicht Über­tra­gungs­dien­ste für die Maschine-Maschine-Kommunikation;
  • Ele­men­te von Per­so­nen­be­för­de­rungs­dien­sten wie Web­sei­ten, mobi­le Anwen­dun­gen, elek­tro­ni­sche Tickets oder elek­tro­ni­sche Rei­se­infor­ma­tio­nen und Selbstbedienungsterminals;
  • bestimm­te Bank­dienst­lei­stun­gen für Ver­brau­cher: Ver­brau­cher­kre­dit­ver­trä­ge (ohne Ober­gren­ze) und Hypo­the­kar­kre­di­te; bestimm­te Wert­pa­pier­dienst­lei­stun­gen, Anla­ge­tä­tig­kei­ten und Neben­dienst­lei­stun­gen (gemäss den Ver­wei­sun­gen des BFSG auf Anhän­ge A und B MiFID II); Zah­lungs­dien­ste; mit einem Zah­lungs­kon­to ver­bun­de­ne Dien­ste; E‑Geld (z.B. Pre­paid-Kar­ten) – nicht aber Versicherungen;
  • E‑Books und hier­für bestimm­te Soft­ware (z.B. digi­ta­le Lern­me­di­en wie E‑Books); und
  • Dienst­lei­stun­gen im elek­tro­ni­schen Geschäfts­ver­kehr, d.h. Dienst­lei­stun­gen, die über Web­sei­ten und Apps ange­bo­ten wer­den und elek­tro­nisch und auf Anfra­ge für den Abschluss eines Ver­brau­cher­ver­trags erbracht wer­den (z.B. Web­sei­ten für den Online-Ver­kauf von Pro­duk­ten oder Dienst­lei­stun­gen, auch wenn die­se Pro­duk­te oder Dienst­lei­stun­gen selbst nicht erfasst wären). Nicht erfasst sind aber Inhal­te von Drit­ten, die vom Betrei­ber weder finan­ziert noch ent­wickelt wer­den noch des­sen Kon­trol­le unterliegen.

Anfor­de­run­gen im Allgemeinen

Das BFSG regelt ins­be­son­de­re die Anfor­de­run­gen an die Wirt­schafts­ak­teu­re – also Her­stel­ler, Impor­teu­re, Händ­ler und Dienst­lei­ster, die Ver­brau­chern bestimm­te Pro­duk­te oder Dienst­lei­stun­gen anbieten​. Es han­delt sich mit ande­ren Wor­ten um eine Pro­dukt- (und Dienstleistungs-)Regulierung nach dem bekann­ten Muster, das ins­be­son­de­re durch den AI Act wei­te­re Bekannt­heit erlangt hat:

  • Die Haupt­pflich­ten trägt der Her­stel­ler, der das Pro­dukt in Ver­kehr bringt (d.h. erst­mals auf dem EU-Markt bereit­stellt), bzw. der Dienst­lei­stungs­er­brin­ger, der eine erfass­te Dienst­lei­stung auf dem Uni­ons­markt für Ver­brau­cher erbringt oder anbie­tet, sie zu erbringen;
  • Die wei­te­ren Akteu­re haben auf ihre Rol­le zuge­schnit­te­ne Pflich­ten – Impor­teu­re bspw. dür­fen nur kon­for­me Pro­duk­te in Ver­kehr brin­gen, und Händ­ler haben bestimm­te Prüf­pflich­ten. Sie kön­nen je nach­dem auch als Her­stel­ler gel­ten, ent­spre­chend dem “dee­med pro­vi­der” nach dem AI Act.
  • Die Markt­über­wa­chung liegt bei den dafür zustän­di­gen Behör­den der Län­der; eine Liste dazu exi­stiert noch nicht.

Die ein­zu­hal­ten­den grund­le­gen­den Anfor­de­run­gen erge­ben sich aus §§ 3 ff. BFSG, wobei zwi­schen Pro­duk­ten und Dienst­lei­stun­gen zu unter­schei­den ist:

  • (Erfass­te) Pro­duk­te und Dienst­lei­stun­gen müs­sen gene­rell bar­rie­re­frei sein, d.h. für Men­schen mit Behin­de­run­gen grund­sätz­lich ohne frem­de Hil­fe auf­find­bar, zugäng­lich und nutz­bar sein. Eine Bar­rie­re ist ein Hin­der­nis, das einen Men­schen mit einer Beein­träch­ti­gung an der Teil­ha­be an der Gesell­schaft hindert.
  • Zudem gel­ten wei­te­re Anfor­de­run­gen sepa­rat für Pro­duk­te und Dienstleistungen.

Anfor­de­run­gen bei Produkten

  • Die Bar­rie­re­frei­heit bei Pro­duk­ten wird ver­mu­tet, wenn sie mit har­mo­ni­sier­ten Nor­men über­ein­stim­men, die im Amts­blatt der EU ver­öf­fent­licht wur­den, und wenn sie den tech­ni­schen Spe­zi­fi­ka­tio­nen ent­spre­chen. Kon­kre­te Anfor­de­run­gen an die Bereit­stel­lung von Infor­ma­tio­nen, die Pro­dukt­ver­packung und Anlei­tun­gen, an die Gestal­tung der Benut­zer­schnitt­stel­le und der Funk­tio­na­li­tät und wei­te­re, beson­de­re Anfor­de­run­gen an bestimm­te Pro­duk­te erge­ben sich aus § 4 der BFSGV.
  • Mass­ge­bend für die kon­kre­te Umset­zung ist der Stand der Tech­nik (§ 4 BFSGV).

Der Pro­dukt­her­stel­ler muss zudem (§§ 6 und 7):

  • eine tech­ni­sche Doku­men­ta­ti­on nach Anla­ge 2 erstellen,
  • ein inter­nes Kon­for­mi­täts­be­wer­tungs­ver­fah­ren durch­füh­ren, eine
  • EU-Kon­for­mi­täts­er­klä­rung ausstellen,
  • eine CE-Kenn­zeich­nung anbringen,
  • das Pro­dukt mit einer Seri­en­num­mer oder einer ande­ren Iden­ti­fi­ka­ti­on versehen,
  • bestimm­te Infor­ma­tio­nen bereit­stel­len (Kon­takt­an­ga­ben, Gebrauchs­an­wei­sung und Sicher­heits­in­for­ma­tio­nen in deut­scher Sprache).
  • Auf Anfra­ge muss er den Markt­über­wa­chungs­be­hör­den der Län­der Infor­ma­tio­nen bereitstellen.

Dazu kom­men Auf­be­wah­rungs­pflich­ten für die Doku­men­ta­ti­on, und Reak­ti­ons­pflich­ten bei erkann­ter Nichtkonformität.

Anfor­de­run­gen bei Dienstleistungen

Anbie­ter und Erbrin­ger müs­sen die Dienst­lei­stung bar­rie­re­frei anbie­ten und erbrin­gen, d.h. so, dass sie für Men­schen mit Behin­de­run­gen in der all­ge­mein übli­chen Wei­se, ohne beson­de­re Erschwer­nis und grund­sätz­lich ohne frem­de Hil­fe auf­find­bar, zugäng­lich und nutz­bar sind (“mate­ri­el­le Kon­for­mi­tät”), und sie müs­sen bestimm­te Infor­ma­tio­nen bereit­stel­len (“for­mel­le Konformität”).

Anbie­ter und Erbrin­ger von Dienst­lei­stun­gen müs­sen vor allem bestimm­te Infor­ma­tio­nen in bar­rie­re­frei­er Form bereit­stel­len (und sie auf­be­wah­ren), und es bestehen eben­falls Reak­ti­ons­pflich­ten bei erkann­ter Nicht­kon­for­mi­tät, und Mit­wir­kungs­pflich­ten gegen­über den Markt­über­wa­chungs­be­hör­den. Wird für die Dienst­lei­stung ein Pro­dukt ein­ge­setzt, gel­ten für die­se Pro­duk­te die Bar­rie­re­frei­heits­an­for­de­run­gen der BFSGV.

Die bereit­zu­stel­len­den Infor­ma­tio­nen betref­fen die Art, wie die Dienst­lei­stung die Anfor­de­run­gen der Bar­rie­re­frei­heit erfüllt (BFSG, Anla­ge 3), in den AGB oder in ande­rer Wei­se. Dazu gehören:

  • eine all­ge­mei­ne Beschrei­bung der Dienst­lei­stung in einem bar­rie­re­frei­en Format;
  • Beschrei­bun­gen und Erläu­te­run­gen, die zum Ver­ständ­nis der Durch­füh­rung der Dienst­lei­stung erfor­der­lich sind;
  • eine Beschrei­bung, wie die Dienst­lei­stung die Bar­rie­re­frei­heits­an­for­de­run­gen erfüllt;
  • Anga­be der zustän­di­gen Marktüberwachungsbehörde.

Das ist dop­pelt pro­ble­ma­tisch: Zum einen ist unklar, was die “Funk­ti­ons­wei­se” einer Dienst­lei­stung ist. Man könn­te mei­nen, dass die­ses Doku­ment der ent­spre­chen­de Ver­trag ist, aber der Gesetz­ge­ber dach­te offen­bar an eine sepa­ra­te Infor­ma­ti­on. Zum ande­ren über­schnei­det sich die­se Infor­ma­ti­ons­pflicht mit spe­zi­al­ge­setz­li­chen wei­te­ren Infor­ma­ti­ons­pflich­ten etwa im Fern­ab­satz oder im Finanzbereich.

Die­se Infor­ma­tio­nen über die Funk­ti­ons­wei­se müs­sen bar­rie­re­frei bereit­ge­stellt wer­den, d.h. unter ande­rem über mehr als einen sen­so­ri­schen Kanal (z.B. sol­len Hin­wei­se nicht nur visu­ell, son­dern z. B. auch tast­bar oder aku­stisch erfass­bar sein), und Ele­men­te nicht-text­li­chen Inhalts müs­sen alter­na­tiv dar­ge­stellt wer­den kön­nen (Unter­ti­tel, Audio­deskrip­tio­nen usw.). Immer­hin müs­sen weder alle Ver­trags­do­ku­men­te noch alle spe­zi­al­ge­setz­lich ggf. erfor­der­li­chen Infor­ma­ti­ons­blät­ter bar­rie­re­frei ange­bo­ten wer­den, son­dern nur – aber immer­hin – die­se beson­de­ren Infor­ma­ti­ons­ge­hal­te nach BFSG und BFSGV.

Web­sei­ten und Apps, die für die Erbrin­gung der Dienst­lei­stung ver­wen­det wer­den (d.h. auf denen die Ange­bo­te vor­ge­stellt oder Buchun­gen und Zah­lun­gen getä­tigt wer­den kön­nen), müs­sen eben­falls “auf kon­si­sten­te und ange­mes­se­ne Wei­se wahr­nehm­bar, bedien­bar, ver­ständ­lich und robust gestal­tet werden”:

  • Die mass­ge­ben­de Norm ist die EN 301 549. Das BFSG nennt sie selbst zwar nicht, aber Pro­duk­te und Dienst­lei­stun­gen gel­ten als kon­form, wenn sie euro­päi­schen Nor­men ent­spre­chen, die die gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen „abdecken“. Weil die EN 301 549 als har­mo­ni­sier­te Norm für den Bereich der Bar­rie­re­frei­heit aner­kannt ist, wird sie damit indi­rekt zur ver­bind­li­chen Grund­la­ge. Die EN 301 549 wird für Pri­va­te mit Blick auf die EEA über­ar­bei­tet.
  • Für Web­sites ver­weist die EN 301 549 auf den Stan­dard Web Con­tent Acce­s­si­bi­li­ty Gui­de­lines (WCAG), Ver­si­on 2.1, Kon­for­mi­täts­stu­fe AA.

Auch Doku­men­te müs­sen bar­rie­re­frei sein (z.B. im PDF/UA-For­mat), wenn sie Teil der Dienst­lei­stung sind. Das dürf­te bei Ban­ken etwa Kon­to­in­for­ma­tio­nen, Ver­trags­un­ter­la­gen, Kon­to­aus­zü­ge oder ande­re im Rah­men von Bank­dienst­lei­stun­gen bereit­ge­stell­te Doku­men­te betreffen.

Wer­den Help-Desk, Call-Cen­ter, tech­ni­sche Unter­stüt­zung, Relais­dien­ste und Schu­lungs­dien­ste oder ande­re Unter­stüt­zun­gen ange­bo­ten, müs­sen die­se die Infor­ma­tio­nen über die Bar­rie­re­frei­heit und die Kom­pa­ti­bi­li­tät der Dienst­lei­stung mit assis­sti­ven Tech­no­lo­gien mit bar­rie­re­frei­en Kommunikationsmitteln
bereitstellen.

Funk­tio­na­le Ele­men­te von Dienst­lei­stun­gen, für die kei­ne son­sti­gen beson­de­ren Anfor­de­run­gen gel­ten, müs­sen eben­falls bar­rie­re­frei sein. Das betrifft jeweils visu­el­le Bedie­nungs­for­men, audi­tive Bedie­nungs­for­men, Stimm­ein­ga­ben, manu­el­le Bedie­nun­gen, und Bedien­ele­men­te – hier gel­ten jeweils die Anfor­de­run­gen nach § 21 BFSGV.

Bei bestimm­ten Dienst­lei­stun­gen gel­ten wei­te­re Anfor­de­run­gen, zum Bei­spiel für Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­dien­ste, Per­so­nen­be­för­de­rungs­dien­ste, Ver­kehr, E‑Books, Dienst­lei­stun­gen im elek­tro­ni­schen Geschäfts­ver­kehr und Bank­dienst­lei­stun­gen für Verbraucher.

Aus­nah­men

Die Bar­rie­re­frei­heits­an­for­de­run­gen gel­ten in drei Fäl­len nicht:

  • nur Dienst­lei­stun­gen: für Kleinst­un­ter­neh­men (< 250 Per­so­nen und Umsatz und Jah­res­bi­lanz­sum­me nicht > EUR 2M; bei Pro­duk­ten gel­ten die Anfor­de­run­gen, aber mit gewis­sen Erleich­te­run­gen in Nebenanforderungen);
  • wenn die Erfül­lung zu einer wesent­li­chen Ände­rung des Pro­dukts oder der Dienst­lei­stung füh­ren wür­de, die zu einer grund­le­gen­den Ver­än­de­rung füh­ren wür­de. Die­se Aus­nah­me wird aller­dings dadurch erkauft, dass eine ent­spre­chen­de Beur­tei­lung doku­men­tiert und fünf Jah­re auf­be­wahrt wer­den muss und dass die zustän­di­ge Markt­über­wa­chungs­be­hör­de zu infor­mie­ren ist;
  • wenn die Erfül­lung zu einer unver­hält­nis­mä­ssi­gen Bela­stung füh­ren wür­de – die Kri­te­ri­en dafür defi­niert Anla­ge 4. Auch hier muss eine Beur­tei­lung erstellt, doku­men­tiert und auf­be­wahrt wer­den, und die Infor­ma­ti­ons­pflicht zuhan­den der Markt­über­wa­chungs­be­hör­de greift auch hier.

Sank­tio­nen

Ist ein Pro­dukt oder eine Dienst­lei­stung im Anwen­dungs­be­reich des BFSG nicht bar­rie­re­frei, kön­nen die Markt­über­wa­chungs­be­hör­den Abhil­fe ver­lan­gen und im Extrem­fall den Markt­zu­gang unter­bin­den. Zudem kön­nen Ver­brau­cher und Ver­brau­cher­ver­bän­de bei den Markt­über­wa­chungs­be­hör­den Beschwer­den einlegen.

Je nach Art der Ver­let­zung kön­nen zudem Bus­sen bis EUR 100’000 aus­ge­spro­chen werden.

Weil die Ein­hal­tung des BFSG wett­be­werbs­re­le­vant sein dürf­te, kom­men auch Abmah­nun­gen von Ver­brau­chern, Ver­bän­den und Mit­be­wer­bern in Betracht.

Acce­s­si­bi­li­ty in der Schweiz

Die Schweiz hat auf Bun­des­ebe­ne das Behin­der­ten­gleich­stel­lungs­ge­setz (BehiG) von 2004. Das BehiG ist aber vor allem auf Bun­des­or­ga­ne und öffent­li­che Orga­ni­sa­tio­nen in der Schweiz anwendbar.

Nach Art. 14 Abs. 2 BehiG müs­sen die Behör­den im Ver­kehr mit der Bevöl­ke­rung auf die beson­de­ren Anlie­gen der Sprach‑, Hör- oder Seh­be­hin­der­ten Rück­sicht neh­men und Dienst­lei­stun­gen auf Inter­net für Seh­be­hin­der­te ohne erschwe­ren­de Bedin­gun­gen zugäng­lich machen.

Art. 10 BehiV ver­langt dar­über hin­aus­ge­hend, dass Infor­ma­ti­on und Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Trans­ak­ti­ons­dienst­lei­stun­gen über das Inter­net für Sprach‑, Hör- und Seh­be­hin­der­te sowie moto­risch Behin­der­te zugäng­lich sind und Inter­net­an­ge­bo­te dazu gemäss der inter­na­tio­na­len Infor­ma­tik­stan­dards ein­zu­rich­ten sind, ins­be­son­de­re nach den Richt­li­ni­en des World Wide Web Kon­sor­ti­ums (W3C) über den Zugang von Inter­net­sei­ten – also die WCAG – und, sub­si­di­är, ent­spre­chend den natio­na­len Informatikstandards.

Die Öffent­lich-recht­li­che Rah­men­ver­ein­ba­rung über die E‑Go­vern­ment-Zusam­men­ar­beit in der Schweiz 2020 sieht sodann vor, dass sich die Gemein­we­sen bei der Erar­bei­tung von E‑Go­vern­ment-Lei­stun­gen an inter­na­tio­na­len oder natio­na­len Stan­dards ori­en­tie­ren sol­len und die Stan­dards des Ver­eins eCH2 als natio­na­le Stan­dards gel­ten, die i.d.R. ver­bind­lich sind. Ent­spre­chend gilt der eCH-0059 Acce­s­si­bi­li­ty Stan­dard Ver­si­on 3.0. Er basiert auf den WCAG 2.1‑Richtlinien.

Eine Acce­s­si­bi­li­ty-Check­li­ste ist hier zu fin­den, und ein Rat­ge­ber für Gemein­den hier.