- Das Handelsgericht Zürich entschied, dass Art. 28 ZGB und Art. 3 UWG kumulativ anwendbar sind.
- Ein öffentliches Interesse an der Publikation des inkriminierten Beitrags wurde bejaht, trotz fehlender Persönlichkeitsverletzung.
- Der Gesuchsteller war in den Skandal um seine Pensionskasse involviert, die 2002 bankrott ging.
- Berichterstattung über berufliche Vorsorge zählt zu den zentralen sozialpolitischen Herausforderungen.
- Das Handelsgericht wies darauf hin, dass historische Ereignisse weiterhin von öffentlichem Interesse sein können.
Das Handelsgericht des Kantons Zürich hatte im März 2022 in einem Verfahren, das ein Unternehmer gegen den Blick angestrengt hatte (das Handelsgericht Zürich hat seinen Entscheid so notdürftig anonymisiert, dass die Originalquelle sofort zu finden ist), eher obiter festgehalten (Urteil vom 25. März 2022, Geschäfts-Nr.: HE220016), dass die Rechtsbehelfe nach Art. 28 ZGB und jene nach Art. 3 UWG grundsätzlich parallel zur Anwendung kommen:
In der Literatur wird das Verhältnis von Persönlichkeitsschutz und Schutz vor unlauterem Verhalten kontrovers diskutiert (vgl. act. 1 Rz. 17 [Gesuchsteller] und act. 8 Rz. 21 [Gesuchsgegnerin]). Nach der hier vertretenen Auffassung können die Rechtsbehelfe von Art. 28 ZGB und Art. 3 UWG grundsätzlich kumulativ angerufen werden, wenn gleichzeitig Verletzungen der Persönlichkeit und des Lauterkeitsrechts gerügt werden. Dies hat jedenfalls dann zu gelten, wenn sowohl die Persönlichkeit des Gesuchstellers (geschützt durch Art. 28 ZGB) als auch seine berufliche Ehre (geschützt durch Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG) verletzt worden sein soll. Diese – wie gesagt – kontrovers diskutierte Thematik muss hier aber nicht vertieft werden, weil weder eine Persönlichkeitsverletzung noch ein unlauteres Verhalten durch die Gesuchsgegnerin glaubhaft gemacht wird, wie im Folgenden zu zeigen sein wird.
Interessant sind auch die Hinweise des Handelsgerichts auf das – bejahte – öffentliche Interesse an der Publikation des inkriminierten Beitrags:
Wenn eine Verletzung der Ehre oder der Privatsphäre vorläge (Art 28 Abs. 1 ZGB) – was wie erwähnt nicht der Fall ist -, wäre zu prüfen, ob aufgrund des Informationsauftrags der Medien von einem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Verbreitung der Information auszugehen ist (Art. 28 Abs. 2 ZGB). Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Gesuchsteller aus der von ihm zur Jahrtausendwende gegründeten H. “hohe Summen für Private Zwecke abzwackte” und dass die [Pensionskasse] 2002 bankrott ging. Es besteht ein grosses öffentliches Interesse daran, dass über diese bedenklichen Ereignisse berichtet werden darf, auch wenn sie schon lange zurück liegen. Das gilt ganz besonders, weil der Gesuchsteller seither am Aufbau einer Pensionskasse mit 80’000 Kunden und einem Vorsorgekapital von über drei Milliarden Franken in massgebender Weise involviert ist. Hinzu kommt, dass die Thematik (und Problematik) der beruflichen Vorsorge eine der zentralen sozialpolitischen Herausforderungen darstellt, weshalb ein eminentes öffentliches Interesse an der Berichterstattung besteht.