Inter­pel­la­ti­on Cas­sis (11.3622): Daten- und Per­sön­lich­keits­schutz im Fall­pau­scha­len-System Swiss DRG

Inter­pel­la­ti­on Cas­sis (11.3622): Daten- und Per­sön­lich­keits­schutz im Fall­pau­scha­len-System Swiss DRG
Erle­digt (30.09.2011)

Ein­ge­reich­ter Text

Im Zusam­men­hang mit der Ein­füh­rung des Fall­pau­scha­len-Systems Swiss DRG per 1. Janu­ar 2012 hat der Eid­ge­nös­si­sche Daten­schutz- und Öffent­lich­keits­be­auf­trag­te (Edöb) am 31. Mai 2011 an einer Medi­en­ori­en­tie­rung betont, dass “die im Tarif­struk­tur­ver­trag Swiss DRG vor­ge­se­he­ne syste­ma­ti­sche Über­mitt­lung der Dia­gno­sen und der durch­ge­führ­ten Pro­ze­du­ren in nichtpseud­ony­mi­sier­ter Form kaum mit dem Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ssig­keit ver­ein­bart wer­den kann”. Die Kran­ken­kas­sen hin­ge­gen ver­lan­gen syste­ma­tisch mit der Rech­nungs­stel­lung alle medi­zi­ni­schen Daten. Das am 31. Mai 2011 ver­öf­fent­lich­te neue Rechts­gut­ach­ten im Auf­trag des Spi­tal­ver­ban­des H plus und der Ver­bin­dung der Schwei­zer Ärz­tin­nen und Ärz­te (FMH) kam zu fol­gen­dem Schluss: “Die von den Kran­ken­kas­sen gefor­der­te syste­ma­ti­sche Lie­fe­rung aller medi­zi­ni­scher Daten­sets mit der Spi­tal­rech­nung ver­letzt das Arzt­ge­heim­nis, ver­stösst gegen den Daten- und Per­sön­lich­keits­schutz und gegen das Prin­zip der Ver­hält­nis­mä­ssig­keit.” Die Ver­ei­ni­gung der kan­to­na­len Daten­schüt­zer Pri­va­tim ver­lang­te am 25. Febru­ar 2011 in einer Medi­en­mit­tei­lung: “Kei­ne Bekannt­ga­be medi­zi­ni­scher Daten auf Vorrat”.

Ich bit­te den Bun­des­rat, fol­gen­de Fra­gen zu beantworten:

1. Ist er gewillt, den Daten- und Per­sön­lich­keits­schutz sowie die Wah­rung des Arzt- und Pati­en­ten­ge­heim­nis­ses im Rah­men der Ein­füh­rung von Swiss DRG kon­se­quent durch­zu­set­zen, not­falls mit einer ent­spre­chen­den stren­gen Verordnung?

2. Wird er dafür sor­gen, dass das EDI im Rah­men der Auf­sicht über die Kran­ken­kas­sen sicher­stellt, dass Kran­ken­kas­sen nicht mehr Daten als unbe­dingt not­wen­dig for­dern, ent­ge­gen­neh­men und aufbewahren?

3. Wird er die Grund­sät­ze des Edöb bezüg­lich der Daten­lie­fe­rung und der prä­zi­sier­ten Vor­stel­lun­gen zur Ver­hält­nis­mä­ssig­keit unter­stüt­zen und die­se Vor­ga­ben umsetzen?

4. Erkennt er bei den gesetz­li­chen Grund­la­gen im KVG- und UVG-Bereich Hand­lungs­be­darf, den Daten- und Per­sön­lich­keits­schutz zu stär­ken und das Arzt­ge­heim­nis zu schützen?

5. Ist er bereit, die Bemü­hun­gen des Edöb mit den in die glei­che Rich­tung zie­len­den Emp­feh­lun­gen der kan­to­na­len Daten­schutz­be­auf­trag­ten und ihrer Ver­ei­ni­gung Pri­va­tim zu koordinieren? 

Stel­lung­nah­me des Bundesrats

1. Dem Bun­des­rat ist der Schutz der Daten der Ver­si­cher­ten ein wich­ti­ges Anlie­gen. Im Rah­men der Ver­ord­nungs­an­pas­sun­gen zur Spi­tal­fi­nan­zie­rung hat der Bun­des­rat des­halb bereits Arti­kel 59 der Ver­ord­nung über die Kran­ken­ver­si­che­rung (KVV) ergänzt und fest­ge­hal­ten, dass einer­seits eine kla­re Tren­nung zwi­schen der Rech­nung für die obli­ga­to­ri­sche Kran­ken­pfle­ge­ver­si­che­rung und der­je­ni­gen für die Zusatz­ver­si­che­rung erfol­gen muss, d. h. sepa­ra­te Rech­nun­gen zu erstel­len sind, und dass ande­rer­seits die dia­gno­se­be­zo­ge­nen Anga­ben in pseud­ony­mi­sier­ter Form auf­zu­be­wah­ren sind und die Pseud­ony­mi­sie­rung nur durch den Ver­trau­ens­arzt des Ver­si­che­rers auf­ge­ho­ben wer­den kann. Nach­dem die Ver­ein­ba­rung vom 5. Juli 2011 zwi­schen H plus, “Die Spi­tä­ler der Schweiz”, und San­té­su­i­s­se, mit wel­cher auch die Daten­über­mitt­lung hät­te gere­gelt wer­den sol­len, nicht zustan­de gekom­men ist, wird der Bun­des­rat die Ver­an­ke­rung der not­wen­di­gen Grund­sät­ze auf dem Ver­ord­nungs­weg prüfen.

2. Was die Über­mitt­lung der Daten im Rah­men der Rech­nungs­stel­lung angeht, so hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in einem Grund­satz­ur­teil vom 29. Mai 2009 (C‑6570/2007) zur Aus­le­gung der Arti­kel 42 KVG und 59 KVV fest­ge­hal­ten, dass die gel­ten­den Bestim­mun­gen eine tarif­ver­trag­li­che Rege­lung bezüg­lich der syste­ma­ti­schen Wei­ter­ga­be bestimm­ter medi­zi­ni­scher Aus­künf­te erlau­ben, wobei selbst­ver­ständ­lich der Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ssig­keit zu beach­ten ist. Das zustän­di­ge Bun­des­amt für Gesund­heit wird im Rah­men sei­ner Kom­pe­ten­zen bei der Auf­sicht über die Kran­ken­ver­si­che­rer dar­auf ach­ten, dass die Ver­si­che­rer die ihnen über­mit­tel­ten Daten geset­zes­kon­form bear­bei­ten und aufbewahren.

3. Die Rah­men­be­din­gun­gen für die Daten­über­mitt­lung im Zusam­men­hang mit der Rech­nungs­stel­lung sind aus der Sicht des Bun­des­ra­tes – ins­be­son­de­re mit Blick auf das genann­te Urteil – bekannt. Der Bun­des­rat wird im Rah­men sei­ner Kom­pe­ten­zen die erfor­der­li­chen Ent­schei­dun­gen unter Berück­sich­ti­gung des Daten­schut­zes tref­fen. Der Eid­ge­nös­si­sche Daten­schutz- und Öffent­lich­keits­be­auf­trag­te wird in sol­chen Ver­fah­ren regel­mä­ssig einbezogen.

4./5. Der Daten- und Per­sön­lich­keits­schutz ist im Bun­des­ge­setz über den Daten­schutz (DSG) gere­gelt und fin­det im Grund­satz auch Anwen­dung auf die Sozi­al­ver­si­che­run­gen. Der Bun­des­rat sieht daher kei­nen Anlass, im KVG- oder UVG-Bereich zusätz­li­che gesetz­li­che Rege­lun­gen vorzuschlagen. 

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