Inter­pel­la­ti­on Fia­la (20.3098): E‑Parlament als eine mög­li­che Ant­wort auf Not­si­tua­tio­nen wie das Coronavirus

Inter­pel­la­ti­on Fia­la (20.3098): E‑Parlament als eine mög­li­che Ant­wort auf Not­si­tua­tio­nen wie das Coronavirus

Ein­ge­reich­ter Text

Vor dem Hin­ter­grund einer dro­hen­den Not­stands­si­tua­ti­on auf­grund des Coro­na­vi­rus, auch in der Schweiz, bit­te ich das Büro um Beant­wor­tung nach­ste­hen­der Fragen:

1. Wie kann das gute Funk­tio­nie­ren der Insti­tu­tio­nen in Not­si­tua­tio­nen auf­recht­erhal­ten werden?

2. Wäre es im Grund­satz mög­lich, in Not­si­tua­tio­nen par­la­men­ta­ri­sche Ent­schei­de zu fäl­len, ohne dass das Par­la­ment sich phy­sisch im Par­la­ment versammelt?

3. Falls das heu­te nicht mög­lich ist, wel­che verfassungsrechtlichen/gesetzgeberischen Grund­la­gen müs­sen geschaf­fen wer­den, damit der Rats­be­trieb in Kri­sen­si­tua­tio­nen auch ohne phy­si­sche Anwe­sen­heit auf­recht­erhal­ten wer­den kann?

4. Wel­che tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen (elek­tro­ni­sche Iden­ti­tä­ten, Pro­gram­me zur Abwick­lung von poli­ti­schen Pro­zes­sen etc.) wären erfor­der­lich, um den Rats­be­trieb online sicher und effi­zi­ent zu gestalten?

Begrün­dung

Die Her­aus­for­de­run­gen, die der Rats­be­trieb an die Par­la­men­ta­rie­rin­nen und Par­la­men­ta­ri­er im Miliz­sy­stem im All­tag stel­len, sind bereits gross. Im Zuge von Not­si­tua­tio­nen wie z.B. in der aktu­el­len Aus­gangs­la­ge mit dem Coro­na­vi­rus, ist die Sicher­stel­lung des for­ma­len Rats­be­triebs und der mate­ri­el­len Rats­ar­beit zusätz­lich erschwert.

Stel­lung­nah­me des Büros vom 1.5.2020

1. Das Büro kann zum Umgang mit der Coro­na-Pan­de­mie kon­kret fol­gen­de Anga­ben machen:

Wäh­rend der Früh­lings­ses­si­on 2020 spitz­te sich die Gesund­heits­la­ge ste­tig zu. Am Frei­tag, 13. März 2020, ver­schärf­te der Bun­des­rat die bereits bestehen­den Mass­nah­men zum Schutz der Gesund­heit (u.a. Ver­bot von Ver­an­stal­tun­gen mit mehr als 100 Per­so­nen). Über das Wochen­en­de nahm die Ver­brei­tung der Coro­na-Infek­tio­nen in der Schweiz deut­lich zu. Die Büros ent­schie­den dar­auf­hin am Sonn­tag, 15. März 2020, die letz­te Woche der Früh­lings­ses­si­on aus­fal­len zu las­sen und die geplan­ten Kom­mis­si­ons­sit­zun­gen vor­erst aus­zu­set­zen. Am Mon­tag, 16. März 2020, rief der Bun­des­rat die ausser­or­dent­li­che Lage aus. Die Rats­prä­si­di­en, die Ver­wal­tungs­de­le­ga­ti­on sowie die Büros der Räte arbei­te­ten und plan­ten wei­ter und stell­ten via Rats­prä­si­di­en den Aus­tausch mit dem Bun­des­rat sicher. Es wur­den umge­hend die not­wen­di­gen Mass­nah­men ergrif­fen, damit Rat und Kom­mis­sio­nen unter den gebo­te­nen Schutz- und Hygie­ne­vor­ga­ben wie­der die Arbeit zu den wich­tig­sten anste­hen­den Geschäf­ten auf­neh­men konn­ten. So ver­an­lass­ten die Büros das Not­wen­di­ge, damit Kom­mis­sio­nen in grö­sse­ren Sit­zungs­zim­mern tagen kön­nen, und beauf­trag­ten die Par­la­ments­dien­ste, ein System für Video- und Tele­fon­kon­fe­ren­zen für die Sit­zun­gen der par­la­men­ta­ri­schen Orga­ne bis zur Ver­trau­lich­keits­stu­fe “INTERN” ein­zu­rich­ten. Zudem wur­de per Beschluss der Koor­di­na­ti­ons­kon­fe­renz vom 26. März 2020 geprüft, unter wel­chen recht­li­chen und prak­ti­schen Vor­aus­set­zun­gen die­se Sit­zun­gen abge­hal­ten wer­den kön­nen. Bereits am 22./23. März 2020 tag­te die Finanz­de­le­ga­ti­on. Am 26. März 2020 infor­mier­ten die Büros die Rats­mit­glie­der und die Öffent­lich­keit über die geplan­te ausser­or­dent­li­che Ses­si­on auf dem Gelän­de der Ber­nex­po und leg­ten nach Kon­sul­ta­ti­on der Kom­mis­si­ons­prä­si­di­en fest, wel­che Kom­mis­sio­nen (WAK, WBK und SGK) an Sit­zun­gen einen Mit­be­richt an die Finanz­kom­mis­sio­nen zu den dring­li­chen Kre­di­ten rich­ten konn­ten. Am 6. April 2020 nah­men erste Kom­mis­sio­nen ihre Arbei­ten auf. Glei­chen­tags leg­ten die Büros einen Sit­zungs­plan für die Kom­mis­sio­nen bis zur ausser­or­dent­li­chen Ses­si­on vor, zudem wur­de für jede Kom­mis­si­on ein Sit­zungs­tag vor der Som­mer­ses­si­on reser­viert. Zusätz­li­che Sit­zun­gen wur­den in Form von Video­kon­fe­ren­zen zuge­las­sen. Die Büros haben dafür gesorgt, dass der par­la­men­ta­ri­sche Betrieb nicht unter­bro­chen wur­de; da aber alles in kur­zer Zeit vor­be­rei­tet und ent­schie­den wer­den muss­te, ist sicher nicht alles ganz opti­mal gelau­fen. Nach Ein­schät­zung des Büros ist es ins­ge­samt jedoch gelun­gen, die Hand­lungs­fä­hig­keit der Bun­des­ver­samm­lung auch unter erschwer­ten Rah­men­be­din­gun­gen stets zu gewähr­lei­sten. Aus die­sen Erfah­run­gen kön­nen für das Funk­tio­nie­ren der Bun­des­ver­samm­lung in Not­si­tua­tio­nen für die Zukunft sicher wert­vol­le Erkennt­nis­se gewon­nen wer­den (vgl. dazu auch die Ant­wort auf Fra­ge 4).

2. und 3. Die recht­li­chen Anfor­de­run­gen für die Durch­füh­rung von Kom­mis­si­ons­sit­zun­gen sind nicht so hoch wie für das Rats­ple­num. Des­halb hat das Büro es den Kom­mis­sio­nen frei­ge­stellt, ihre Bera­tun­gen auch über Video­kon­fe­ren­zen abzu­hal­ten. Sowohl die Büros als auch die Kom­mis­sio­nen mach­ten und machen davon Gebrauch. Für das Rats­ple­num ist die phy­si­sche Anwe­sen­heit jedoch unab­ding­bar und auf Ver­fas­sungs­stu­fe gere­gelt: “Die Räte kön­nen gül­tig ver­han­deln, wenn die Mehr­heit ihrer Mit­glie­der anwe­send ist.” (Art. 159 Abs. 1 BV). Eine Abkehr von der phy­si­schen Prä­senz bedarf des­halb einer Ände­rung der Bundesverfassung.

4. Die Orga­ni­sa­ti­on einer vir­tu­el­len Sit­zung der Räte stellt hohe tech­ni­sche Anfor­de­run­gen. Es geht u.a. dar­um, die Iden­ti­tät der Rats­mit­glie­der zu garan­tie­ren und ihre Rede‑, Antrags- und Abstim­mungs­rech­te ohne Ver­fäl­schungs­ge­fahr zu gewähr­lei­sten. Neben tech­ni­schen Aspek­ten und Ver­fah­rens­fra­gen gibt es auch zen­tra­le The­men des Daten­schut­zes sowie wich­ti­ge staats- und demo­kra­tie­po­li­ti­sche Fra­gen zu klä­ren. Das Büro wür­de es des­halb begrü­ssen, wenn sich die zustän­di­gen Sach­kom­mis­sio­nen im Fal­le einer Über­prü­fung der heu­ti­gen Rege­lung auch damit aus­ein­an­der­set­zen wür­den, was für Aus­wir­kun­gen eine vir­tu­el­le Rats­sit­zung bei­spiels­wei­se für das Öffent­lich­keits­pri­ni­zip und die Reprä­sen­ta­ti­ons­funk­ti­on des Par­la­ments, aber auch für die Medi­en und Inter­es­sen­ver­tre­ter hat.

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