Eingereichter Text
Trotz des Verbots der nachrichtendienstlichen Beobachtung von Wahlveranstaltungen in Basel, das seit 2008 besteht, ist mindestens ein Dossier über eine öffentliche Wahlveranstaltung erstellt.
Obwohl in der Schweiz die kurdische Organisation PKK nicht verboten ist und im Lagebericht des NDB auch nicht als gefährlich eingestuft wird, wurde in Basel eine Wahlveranstaltung im Kurdischen Kulturzentrum im September 2015 durch die Fachgruppe 9 der Kriminalpolizei (FG9) beobachtet. Dies obwohl seit einem ähnlichen Fichenskandal vor 10 Jahren klar festgehalten wurde, dass öffentliche (Wahl-)Veranstaltungen nicht fichiert werden dürfen.
- Wurden über weitere Wahlveranstaltungen oder Veranstaltungen der kurdischen Bevölkerung in der Schweiz Fichen angelegt?
- Wie wird die Fichierung der kurdischen Bevölkerung bzw. Teile von ihr begründet?
- Wie steht der Bundesrat zur Haltung der Regierung Basel-Stadt, welche die kurdische Bevölkerung in der Schweiz dem Generalverdacht der Terrorismusunterstützung unterstellt?
- Wurden die in Basel-Stadt gesammelten Daten an den NDB weitergeleitet?
- Was geschah bzw. geschieht mit den im Zusammenhang mit Wahlveranstaltungen oder Veranstaltungen kurdischer Gruppen gesammelten Daten? Wurden sie inzwischen vernichtet?
- Unter welchen Umständen werden Daten ans Ausland geliefert? Oder kann ausgeschlossen werden, dass die Daten ins Ausland gelangten?
- Werden die betroffenen Personen über angelegte Daten informiert?
- Wie wird sichergestellt, dass betroffene Personen, im aktuellen Fall speziell von der kurdischen Bevölkerung, nicht mit Repression aus dem Ausland zu rechnen haben?
- Wie wird sichergestellt, dass in Zukunft keine öffentlichen Wahlveranstaltungen mehr fichiert werden?
- Wie wird in Zukunft verhindert, dass der Nachrichtendienst die kurdische Bevölkerung in der Schweiz oder Teile von ihr entgegen dem eigenen Lagebericht als terroristische Organisation behandelt und öffentliche Veranstaltungen fichiert?
- Werden auch weitere Migrationsorganisationen fichiert?
Stellungnahme des Bundesrats vom 22.11.2017
Der Bundesrat äussert sich nicht zu vom Nachrichtendienst des Bundes bearbeiteten Einzelfällen. Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte sowie das parlamentarische und das unabhängige Organ stellen die erforderliche Kontrolle sicher.
Vor diesem Hintergrund beantwortet der Bundesrat die Fragen wie folgt:
- Das Nachrichtendienstgesetz (NDG; SR 121) sieht vor, dass der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) keine Informationen über die politische Betätigung und über die Ausübung der Meinungs‑, Versammlungs- oder Vereinigungsfreiheit in der Schweiz beschafft und bearbeitet. Einzige Ausnahme ist, wenn dem NDB konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Organisation oder Person ihre Rechte ausübt, um terroristische Tätigkeiten vorzubereiten oder durchzuführen, oder wenn eine Organisation auf der Beobachtungsliste erfasst ist und mit der Informationsbeschaffung die Bedrohungen, die von dieser Organisation für die Sicherheit der Schweiz und ihrer Bevölkerung ausgehen, beurteilt werden können.
- Die Beschaffung von Informationen über Einzelpersonen oder Gruppierungen erfolgt im strengen Rahmen des NDG (namentlich Art. 5, 44 – 46 und 59 – 67).
- Nach Ansicht des Bundesrates kann nicht grundsätzlich davon gesprochen werden, dass die kurdische Bevölkerung in der Schweiz den Terrorismus unterstützt. Hingegen könnte die PKK jederzeit wieder in Westeuropa ihre Mittel nutzen, um rasch Sympathisanten zu mobilisieren und sich deren Gewaltpotenzial zunutze zu machen.
- Die Informationsbeschaffung durch die kantonalen Vollzugsbehörden und die allfällige Weitergabe der Informationen an den NDB richtet sich nach dem NDG (Art. 9, 19, 46).
- Die Bearbeitung von Personendaten und deren Archivierung ist durch das NDG strikt geregelt (Art. 45).
- Die Grundsätze der Bekanntgabe von Daten ins Ausland sind ebenfalls im NDG präzise geregelt (Art. 61).
- Jede Person kann jederzeit Auskunft darüber verlangen, ob ihre Personendaten vom NDB bearbeitet werden.
- Der Auftrag des NDB trägt dazu bei, die Sicherheit der Schweiz und ihrer Bevölkerung zu garantieren. Dieser Auftrag schliesst die Verhinderung von verbotenem Nachrichtendienst durch Staaten ein. Der NDB und die Kantonspolizeien melden solche Fälle den Strafverfolgungsbehörden, sobald sie davon Kenntnis erlangen. Zudem hat der Bundesrat wiederholt in aller Klarheit sein Festhalten an der Neutralität und der Unabhängigkeit der Schweiz bekräftigt und er achtet darauf, dass diese Grundsätze eingehalten werden.
- Siehe Antwort auf die Fragen 1 und 2.
- Siehe Antwort auf die Fragen 1, 2 und 3.
- Siehe Antwort auf die Fragen 1 und 2.