Eingereichter Text
Mit den gegenwärtigen strukturellen Veränderungen, namentlich der Digitalisierung, ändern die Gegebenheiten im Bereich der Telekommunikation. Daher müssen neue gesetzgeberische Massnahmen vorgesehen werden, um sich an diese unaufhaltsamen Entwicklungen anzupassen.
Die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter sind fester Bestandteil des Alltags der Schweizerinnen und Schweizer. Die Netzwerke erbringen Dienste für die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten und befinden sich daher digital auf unserem Staatsgebiet. Dennoch haben sie nicht zwangsläufig einen eigenständigen rechtlichen Status in der Schweiz. Diese Situation ist problematisch. In Fällen von Cybermobbing, übler Nachrede oder bei anderen Ermittlungen stösst die Justiz nämlich an Grenzen, wenn es darum geht, für ein Verfahren Daten zu erlangen. Davon zeugt der Bundesgerichtsentscheid 1B_185/2016 in einer Rechtssache zwischen der waadtländischen Staatsanwaltschaft und Facebook Switzerland. Demnach braucht es ein – allzu langsames – Verfahren internationaler Rechtshilfe in Strafsachen, um an die für die Ermittlung nötigen Daten zu gelangen.
Hinzu kommt, dass kürzlich Fälle von geplanter Obsoleszenz Aufsehen erregt haben. Als Beispiele sind hier Epson und Apple zu nennen. Trotz alledem können betroffene Konsumentinnen und Konsumenten – einzeln oder in Gruppen – nur schwer Klage einreichen, da Apple zum Beispiel keine Niederlassung in der Schweiz hat.
Daher stelle ich folgende Fragen:
1. Wie will der Bundesrat das einwandfreie Funktionieren der Justiz sicherstellen, wenn ein soziales Netzwerk von einer Klage betroffen ist? Wie will er die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten vor den Technologie-Riesen schützen?
2. Ist eine Revision des Fernmeldegesetzes oder des Bundesgesetzes über den Datenschutz vorgesehen, um das Problem zu lösen?
3. Müssten grosse Dienstleister wie Apple und Facebook nicht dazu verpflichtet werden, eine gesetzliche Vertretung in der Schweiz einzurichten?
4. Daten machen nicht vor Landesgrenzen Halt. Wurden in Anbetracht dessen Diskussionen auf internationaler Ebene angestossen?
Stellungnahme des Bundesrats vom 23.5.2018
1. – 3. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zur Mo. 16.4082 Levrat (Den Strafverfolgungsbehörden den Zugang zu Daten von sozialen Netzwerken erleichtern) festgehalten, dass er die Situation bei der Rechtsdurchsetzung im Internet für unbefriedigend hält und nach praktikablen und justiziablen Lösungen sucht. Die dort vorgeschlagene Verpflichtung, dass ein Unternehmen im Ausland eine Vertretung in der Schweiz etablieren und in Strafverfahren die benötigten Daten liefern müsste, könnte jedoch nicht durchgesetzt werden.
Wenn solche Unternehmen hingegen eine Vertretung oder ein Zustelldomizil in der Schweiz bezeichnen würden, könnte dies die Kommunikation mit dem Unternehmen im Ausland sowohl für Behörden als auch für Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz erleichtern. Zwar wäre auch hier der Vorbehalt der mangelnden Durchsetzbarkeit anzubringen. Es ist aber davon auszugehen, dass sich die Unternehmen wegen der geringeren Eingriffsintensität eher kooperativ zeigen würden, als dies bei einer Pflicht zur Herausgabe von im Ausland gespeicherten Daten der Fall wäre. Der Bundesrat beantragt denn auch die Annahme der in diese Richtung zielenden Mo. 18.3379 der Rechtskommission des Ständerates und der Mo. 18.3306 Glättli (Rechtsdurchsetzung im Internet stärken durch ein obligatorisches Zustellungsdomizil für grosse kommerzielle Internetplattformen). Ob sich diese Motionen durch die Änderung eines der unter Frage 2 aufgeführten oder eines anderen Gesetzes umsetzen lassen, kann erst nach genauer Prüfung festgelegt werden.
4. Parallel dazu müssen aber weiterhin Lösungen im Rahmen internationaler Kooperationen gesucht werden. Das Cybercrime-Komitee des Europarates arbeitet gegenwärtig an Vorschlägen, damit Strafverfolgungsbehörden innert nützlicher Frist an elektronische Daten im Ausland gelangen. Die Schweiz ist an diesen Arbeiten aktiv beteiligt. Ausserdem finden Gespräche mit der EU und verschiedenen EWR-Staaten statt mit dem Ziel, die gegenseitige Rechtshilfe in Zivilsachen zu vereinfachen.