Interpellation Moser (24.3152): Gleich lange Spiesse bei Online-Marktplätzen
Eingereichter Text
Seit Jahren locken ausländische Online-Marktplätze wie Shein, Temu oder Wish mit aggressivem Marketing und Tiefstpreisen Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Verschiedene Untersuchungen in der EU wie auch in der Schweiz kommen zum Schluss, dass über diese Plattformen Güter zu Dumping Preisen vermarktet werden, welche unsere gesetzlichen Vorgaben bezüglich Produktesicherheit nicht erfüllen.
Diese Situation stellt nicht nur eine Gefahr für die Konsumierenden dar, sondern benachteiligt auch die inländischen Hersteller und Händler, welche sich durch die Sicherstellung der hiesigen Vorgaben und Produktesicherheitsstandards mit Mehrkosten gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz konfrontiert sehen, die sich in höheren Produktepreisen manifestieren. Diese Vorgaben und Standards werden bei Schweizer Herstellern und Händlern kontrolliert –es kommt auch zu Rückrufaktionen mangelhafter Produkte, was für den Hersteller oder Händler nebst dem finanziellen Schaden auch einen Vertrauensverlust einbringen kann. Dass jedoch in der Praxis eine ostasiatische Billigwarenfabrik – falls sie überhaupt als Herstellerin bekannt ist – belangt werden kann bzw. auf eine Forderung eines europäischen Kunden reagiert, ist zweifelhaft. Das führt zu nicht tolerierbaren ungleichen Wettbewerbsbedingungen von Marktteilnehmern. Ich bitte deshalb den Bundesrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:
- Was unternimmt der Bundesrat, um die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Produktesicherheit auch gegenüber ausländischen Online-Marktplätzen durchzusetzen?
- In der EU ist gemäss Marktüberwachungsverordnung die Anpreisung von Produkten, die nicht den gesetzlichen Sicherheitsanforderungen entsprechen, im Gegensatz zur Schweiz explizit verboten. Dies gilt auch für Online-Marktplätze. Wie stellt sich der Bundesrat zu einer analogen Regelung in der Schweiz?
- Welche anderweitigen Massnahmen sieht er, um die Schaffung gleich langer Spiesse zwischen den in- und ausländischen Marktteilnehmern sicherzustellen?
- In Erfüllung meines Postulates „Gleich lange Spiesse für alle Online-Versandhändler“ (17.4228) hat der Bundesrat 2019 weitere Massnahmen zur Beseitigung von ungleichen Bedingungen zwischen ausländischen und inländischen Versandhändlern vorgeschlagen. Inwiefern wurden diese umgesetzt und konnten diese evaluiert werden?
- Ist dem Bundesrat bekannt, inwiefern ausländische Online-Marktplätze direkt oder indirekt von ihren Herkunftsstaaten finanziell unterstützt werden?
Stellungnahme des Bundesrats vom 15.5.2024
Zu Frage 1:
Ausländische Onlineshops mit Produkten, die direkt für Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten bestimmt sind, unterstehen dem Produktesicherheitsgesetz (PrSG; SR 930.11), wenn sie diese Produkte gewerblich in der Schweiz anbieten oder in Verkehr bringen. Den Schweizer Marktüberwachungsbehörden ist es jedoch aufgrund des Territorialitätsprinzips nicht möglich, gegen ausländische Onlineshops bzw. Webshops vorzugehen, welche Produkte direkt an Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten liefern. Die schweizerischen Konsumentinnen und Konsumenten, die ein Produkt für sich privat erwerben, werden nicht vom PrSG erfasst. Das PrSG findet auch dort keine Anwendung, wo ein Spezialgesetz einen Aspekt abschliessend regelt. So wird beispielsweise nach dem Lebensmittelgesetz (LMG; SR 817.0) das Bestellen von vom LMG erfassten Produkten für den privaten häuslichen Gebrauch vom Geltungsbereich explizit ausgenommen. Privat importierte Produkte können stichprobenweise an der Grenze durch die Zollbehörden kontrolliert und sichergestellt werden.
Zu den Fragen 2 und 3:
In die Schweiz gewerbsmässig importierte Produkte müssen die Sicherheitsvorgaben des PrSG sowie die Konformitätsanforderungen des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (SR 946.51) erfüllen. Die Marktüberwachungsbehörden werden in ihrer Marktüberwachungstätigkeit unter anderem durch KI-basierte Suchmaschinen wie Webcrawler unterstützt, welche Internetplattformen mit Online-Angeboten systematisch durchsuchen können. Zudem informieren die betroffenen Bundesstellen auf ihren Webseiten über die Risiken von Onlinekäufen auf ausländischen Plattformen und empfehlen den Kauf in der Schweiz.
Ausländische Marktüberwachungsbehörden sind mit denselben Herausforderungen konfrontiert wie die nationalen. Folglich engagiert sich die Schweiz für eine enge Zusammenarbeit von Arbeitsgruppen mit Marktüberwachungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten, basierend auf dem Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (SR 0.946.526.81).Der Bundesrat beobachtet die Entwicklungen im europäischen Umfeld und wird mögliche Massnahmen prüfen und allenfalls umsetzen.
Zu Frage 4:
Die im Rahmen des Postulats 17.4228 als am geeignetsten eingestuften Massnahmen wie eine automatisierte und intelligente Risikoanalyse beim Vollzug nichtzollrechtlicher Erlasse werden im Rahmen der Zollrechtsrevision (22.058) und der vom Parlament am 2. September 2017 beschlossene Finanzierung der Modernisierung und Digitalisierung der Eidgenössischen Zollverwaltung (Programm DaziT; 17.021) umgesetzt. Über dern Stand deren Umsetzung informieren der Bundesrat und das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) laufend.
Zu Frage 5:
Dem Bundesrat sind keine entsprechenden Informationen bekannt.