Interpellation Polla (01.3779): Bekämpfung der Cyberkriminalität. Rolle des Dienstes für Besondere Aufgaben des UVEK
9.12.2003: Der Vorstoss wird abgeschrieben, da der/die Urheber/in aus dem Rat ausgeschieden ist
Eingereichter Text
Ich nehme Bezug auf die vom Bundesrat im Bericht über die Legislaturplanung 1999 – 2003 vorgesehenen Massnahmen gegen die Cyberkriminalität und bitte den Bundesrat, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:
1. Welche Rolle nimmt der Dienst für Besondere Aufgaben des UVEK bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität ein?
2. Wie wird seine Arbeit ausgewertet und kontrolliert, insbesondere was die Berücksichtigung der Bedürfnisse der kantonalen Untersuchungsrichterinnen und ‑richter betrifft?
3. Wie gestalten sich die Verbindungen und Beziehungen zwischen dem Dienst für Besondere Aufgaben des UVEK und den kantonalen Gerichts- und Polizeibehörden?
4. Welche Verbindungen gibt es bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität zwischen dem Dienst für Besondere Aufgaben des UVEK und dem EJPD?
Begründung
Die Bekämpfung der Cyberkriminalität ist einer der erklärten Schwerpunkte des Bundesrates in der Legislaturplanung 1999 – 2003. Dieses Ziel des Bundesrates ist heute aus verschiedenen Gründen besonders wichtig. Die Kommunikationsnetze und Informatiksysteme funktionieren staatenübergreifend. Das führt dazu, dass die Schwierigkeiten beträchtlich verstärkt werden, denen die Gerichts- und Strafverfolgungsbehörden schon jetzt innerhalb der Schweiz bei der Verfolgung von Personen, die im Bereich der Informatik Delikte begehen, begegnen.
Zur Bekämpfung der Kriminalität im virtuellen Raum bedarf es ständig neuer Ermittlungsinstrumente. So haben alle G‑8-Staaten Strukturen zur Bekämpfung der Hightech-Kriminalität geschaffen. In diesen Ländern arbeiten die nationalen Polizeibehörden und die verschiedenen gerichtlichen Instanzen bei der Bekämpfung der Informatikkriminalität besonders intensiv und effizient zusammen. Eine solche Zusammenarbeit ist sicher grundlegend, und die Transparenz bei den Tätigkeiten der verschiedenen Instanzen ist unerlässlich für eine wirksame Bekämpfung der Cyberkriminalität. Um diese Herausforderung anzugehen, braucht es in unserem föderalistisch organisierten Land besondere Koordinationsmassnahmen. Die Verteilung der Kompetenzen auf verschiedene Departemente erscheint in diesem Zusammenhang problematisch, vor allem weil über die Gründe und die Zielsetzungen einer solchen Verteilung sowie über ihre Wirksamkeit heute ungenügend informiert wird.
Offiziell wurde der Dienst für Besondere Aufgaben des UVEK geschaffen, um die Ermittlungstätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden zu vereinfachen. In der Praxis ist es aber für die Untersuchungsrichterinnen und ‑richter zuweilen schwierig, innert nützlicher Frist, d. h. sehr rasch, bestimmte Informationen zu erhalten. So ist es z. B. nicht einfach, eine Liste aller Verbindungen, die über eine bestimmte Fernmeldeantenne gelaufen sind, zur Verfügung gestellt zu bekommen oder ausgehend von bekannten IP-Adressen die entsprechenden Log-Dateien von den Internetanbietern zu erhalten. Mit meiner Interpellation möchte ich detailliert Aufschluss erhalten über die genaue Funktion und Arbeitsweise des Dienstes für Besondere Aufgaben des UVEK, seine Wirksamkeit und Transparenz sowie seine Zusammenarbeit mit dem EJPD, den Gerichten und den kantonalen Polizeibehörden bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität.
Stellungnahme des Bundesrats
Der Bundesrat ist sich der besonderen Koordinationsbedürfnisse zur effizienten Bekämpfung der Internetkriminalität bewusst. Er will deshalb auf den 1. Januar 2003 gemeinsam mit den Kantonen eine nationale Koordinationsstelle schaffen. Mit dieser Stelle wird im Bundesamt für Polizei das Internet-Monitoring wieder aufgenommen und neu eine Clearing-Stelle eingeführt. Damit wird ein einheitlicher Ansprechpartner für das Ausland geschaffen. Die Realisierung der Koordinationsstelle ist ausserdem Voraussetzung für die Anwendung der Cybercrime-Konvention des Europarates in der Schweiz und ermöglicht es, dem von der EU geförderten G‑8-Netzwerk beitreten zu können.
Der Dienst für Besondere Aufgaben des UVEK (DBA) ist zuständig für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs und in dieser Funktion die administrative und technische Verbindungs- und Koordinationsstelle zwischen den kantonalen bzw. eidgenössischen Strafverfolgungsbehörden einerseits und den Anbieterinnen von Fernmeldediensten andererseits.
Der DBA ist dem UVEK administrativ zugeordnet und erfüllt seine Aufgabe weisungsungebunden. Bei der Verbrechensbekämpfung hat er insofern keine eigenständige Rolle, als er ausschliesslich auf Begehren der kantonalen oder eidgenössischen Strafverfolgungsbehörden aktiv wird. Seine Tätigkeit stützt sich auf das Bundesgesetz über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs vom 6. Oktober 2000 (BÜPF; SR 780.1) und die dazugehörende Verordnung vom 31. Oktober 2001 (VÜPF; SR 780.11), beide in Kraft seit dem 1. Januar 2002.
1. Für den Bereich der Bekämpfung der Cyberkriminalität hat der DBA die gleichen Aufgaben und Kompetenzen wie bei der übrigen Verbrechensbekämpfung. Er nimmt die Gesuche für die Überwachung des Fernmeldeverkehrs entgegen, prüft ob die formellen Voraussetzungen gegeben sind, ermittelt die Anbieterin, die die Überwachungsmassnahme umsetzen muss und gibt der Anbieterin den entsprechenden Auftrag. Die von der Anbieterin erhobenen Daten leitet er an die Behörde weiter, die die Überwachungsmassnahme beantragt hat.
2. Der DBA führt für jede Überwachungsmassnahme ein Dossier, in dem die wesentlichen Daten des Überwachungsgesuches enthalten sind. Insbesondere ist daraus auch die antragstellende Behörde, die Genehmigungsbehörde, der Zeitpunkt der Auftragserteilung und der Auftragserledigung enthalten. In dieser Hinsicht obliegt dem DBA die Aufsicht über die korrekte und zeitgerechte Erledigung des Auftrages.
Die Auswertung der Arbeit, d. h. die Auswertung der Ergebnisse einer bestimmten Überwachungsmassnahme, erfolgt nicht durch den DBA, sondern durch diejenigen Strafverfolgungsbehörden, die den Auftrag erteilt haben.
3. Der DBA ist ein Dienstleistungsunternehmen, das die Aufträge der kantonalen und eidgenössischen Strafverfolgungsbehörden erfüllt. In diesem Rahmen steht er den Strafverfolgungsbehörden für sämtliche Fragen im Zusammenhang mit den Überwachungsmassnahmen beratend zur Verfügung (Auskünfte über technische Möglichkeiten, zu erwartende Kosten, usw.). Ferner engagiert sich der DBA auf Einladung hin in den verschiedenen Gremien und an den Tagungen der Strafverfolgungsbehörden, es besteht eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der Strafverfolgungsbehörden, des DBA und des GS UVEK, das regelmässig Fragen im Zusammenhang mit der Überwachung des Fernmeldeverkehrs diskutiert.
4. Es besteht eine Arbeitsgruppe zwischen dem Bund und den Kantonen, unter Federführung des Bundesamtes für Polizei, in dem Fragen der Cyberkriminalität diskutiert werden (AG Bemik, Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des Missbrauchs der Informations- und Kommunikationstechnik). Der DBA wurde eingeladen, an den Arbeitsgruppensitzungen teilzunehmen und benutzt sie als Informationsplattform für seine Tätigkeit. Darüber hinaus gehende Verbindungen zwischen EJPD und DBA im Hinblick auf die Bekämpfung der Cyberkriminalität existieren nicht und sind im Hinblick auf die vorstehend geschilderte Funktion des DBA auch nicht erforderlich.