Eingereichter Text
Ich bitte den Bundesrat, die folgenden Fragen zu beantworten:
1. Wie lautet genau der Auftrag des Beirats “Digitale Transformation”? Wie wurde der Beirat konstituiert, mit Blick auf welches Ergebnis?
2. Es geht um sehr wichtige Fragen, die das Privatleben von Konsumentinnen und Konsumenten und von Personen, die Pflegeleistungen in Anspruch nehmen, betreffen. Warum wurden im Wissen darum die Patientenschutz‑, Konsumentenschutz- und Datenschutzverbände zu keiner einzigen Sitzung eingeladen? Wurde der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte eingeladen?
3. Erwägt der Bundesrat die Möglichkeit, die Kommerzialisierung von Personendaten, insbesondere aus dem elektronischen Patientendossier, zuzulassen? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage, zu welchem Zweck und mit welchen Einschränkungen?
4. Ist der Bundesrat beispielsweise für die Senkung der Krankenkassenprämien für Patientinnen und Patienten, die sich bereit erklären, ihre Daten an eine Versicherung weiterzugeben? Wenn ja, wie steht es mit dem Solidaritätsprinzip?
Begründung
Am 12. Juni 2017 kündigte der Bundesrat die Schaffung des Beirats “Digitale Transformation” unter der gemeinsamen Leitung von WBF und UVEK an. In diesem Gremium kommen Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zusammen, um den Meinungsaustausch über Cybersicherheit, die Schaffung von Clustern und die Verbreitung von Personendaten zu fördern. Das sind heikle Themen. Das Potenzial ist zwar äusserst vielversprechend; die Nutzung von Daten, deren Verbreitung und Kommerzialisierung sind aber auch eine Gefahr für den Schutz der Privatsphäre.
Ende Februar 2019 berichtete die Presse über die fünfte Sitzung des Beirats, die am 25. Oktober 2018 stattfand. Daraus ging hervor, dass man sich um den Schutz des Privatlebens teils wenig schert. Der Chef eines Unternehmens ging gar so weit, diesen als unnötigen Luxus zu bezeichnen. In diesem Sinn ist anzunehmen, dass der Bundesrat der Möglichkeit, dass Patientinnen und Patienten sowie Pflegeleistungen beanspruchende Personen ihre Daten verkaufen, eher positiv gegenübersteht, insbesondere Daten, die in Zukunft im elektronischen Patientendossier enthalten sein werden, das ab Frühling 2020 in den Spitälern obligatorisch sein wird.
Stellungnahme des Bundesrats vom 22.5.2019
1. Der Beirat “Digitale Transformation” wurde von Bundespräsidentin Doris Leuthard und Bundesrat Johann Schneider-Ammann ins Leben gerufen und wird von den zuständigen Bundesräten bzw. Bundesrätinnen geleitet. Der Beirat dient dem Austausch zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft und der Konsultation zu wichtigen Fragen der Digitalisierung. Er wird mehrmals jährlich einberufen und setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern von Unternehmen, Bildungsinstitutionen und Verbänden zusammen, wobei der Teilnehmerkreis je nach Thema variieren kann.
2. Am 12. Juni 2017 hat sich der Beirat “Digitale Transformation” zu seiner ersten konstituierenden Sitzung getroffen. Es handelt sich dabei um ein beratendes Expertengremium und nicht um ein Vernehmlassungs- oder Anhörungsorgan. Es werden keine Entscheide gefällt. Die ständigen Mitglieder des Beirats wurden dazu ad personam berufen. Je nach Thema können zusätzliche Teilnehmende eingeladen werden: Patienten‑, Konsumenten- und Datenschutzvertreter werden je nach Thema einbezogen. So waren beispielsweise Datenschutz und Datenverwendung Kernthemen der Sitzung vom 11. März 2019. An dieser Sitzung nahmen unter anderen der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) sowie ein Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz teil, welche ihre Aspekte zum Thema eingebracht haben.
3. Gesundheitsdaten, wie sie im elektronischen Patientendossier (EPD) enthalten sein werden, sind besonders schützenswerte Personendaten. Das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG; SR 816.1) hält deshalb klar fest, dass nur an der Behandlung eines Patienten oder einer Patientin beteiligte Gesundheitsfachpersonen Zugriff auf das EPD erhalten. Und dies auch nur, wenn ihnen der betroffene Patient oder die betroffene Patientin die entsprechenden Zugriffsrechte erteilt haben.
Krankenversicherer, Arbeitgeber oder Unternehmen aus der Pharma- und Gesundheitsbranche haben somit keinen Zugriff auf die Daten des EPD. Auch die mit der für den Betrieb des EPD notwendigen Datenhaltung beauftragten Unternehmen haben keinen Zugriff auf die Daten der Patientinnen und Patienten. Den Patientinnen und Patienten steht es jedoch jederzeit frei, ob sie – nach entsprechender Aufklärung und Einwilligung – ihre Gesundheitsdaten für Forschungsprojekte zur Verfügung stellen wollen.
4. Wie in der Antwort auf die Frage 3 ausgeführt, haben Krankenversicherer keinen Zugriff auf die Daten des EPD. Dieses Grundprinzip würde auch bei der Einführung alternativer Versicherungsmodelle, bei denen das EPD ein Vertragsbestandteil ist, nicht geändert. Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme zur Motion 19.3130 Hess Lorenz “Elektronisches Patientendossier: Verbreitung mit alternativen Versicherungsmodellen fördern” ausführt, erachtet er es aktuell als verfrüht, die Verbreitung des EPD durch alternative Versicherungsmodelle zu fördern.