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LG Hei­del­berg: kein DSGVO-Aus­kunfts­an­spruch bei unver­hält­nis­mä­ssi­gem Aufwand

Das Land­ge­richt Hei­del­berg hat am 6. Febru­ar 2020 ein Urteil zum Aus­kunfts­an­spruch nach der DSGVO gefällt (Az. 4 O 6/19). Der Klä­ger, ein frü­he­res Vor­stands­mit­glied des beklag­ten Ver­ant­wort­li­chen, hat­te nicht nur sei­ne Per­so­nal­ak­te ver­langt, son­dern auch E‑Mail-Kor­re­spon­denz mit ca. 10.000 E‑Mails, die bereits archi­viert waren. Der Ver­ant­wort­li­che wehr­te sich gegen letz­te­res mit dem Argu­ment, dass die Kosten für die Wie­der­her­stel­lung bei ca. EUR 4.000 lägen und für die Sich­tung und Schwär­zung der E‑Mails bei ca. EUR 120.000.

Das Land­ge­richt gab dem Ver­ant­wort­li­chen im Wesent­li­chen recht. Die Erwä­gun­gen des Gerichts beru­hen letzt­lich auf dem all­ge­mei­nen Grund­satz, dass auch die DSGVO nichts Unmög­li­ches ver­langt. Inso­weit hat das Urteil über die kon­kret beur­teil­te Kon­stel­la­ti­on hin­aus Bedeutung.

Das Gericht geht zunächst davon aus. dass der Auf­wand im Ver­hält­nis zum feh­len­den oder gerin­gen Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se unver­hält­nis­mä­ssig sei:

Jeden­falls steht zur Über­zeu­gung des Gerichts fest, dass die ver­lang­te Aus­kunft für den Beklag­ten mit einem unver­hält­nis­mä­ßi­gem Auf­wand ver­bun­den ist. Es ist für das Gericht nach­voll­zieh­bar und plau­si­bel, dass vor­lie­gend zur Beschaf­fung der Daten zunächst ein­mal die­se auf. den alten Ser­vern der AG wie­der­her­ge­stellt wer­den müss­ten. Dies­be­züg­lich hat das Gericht kei­ner­lei Zwei­fel dar­an, dass hier­zu Kosten jeden­falls im Bereich bis zu 4.000 € anfal­len würden.

Des Wei­te­ren geht das Gericht davon aus, dass die Daten­ka­te­go­rie E‑Mails jeden­falls meh­re­re tau­send E‑Mail umfas­sen dürf­te. […] Das grund­sätz­li­che Erfor­der­nis der Sich­tung und Schwär­zung die­ser E‑Mails zur Siche­rung berech­tig­ter Inter­es­sen Drit­ter ist zwi­schen den Par­tei­en unstrei­tig und wird auch in der Recht­spre­chung aner­kannt […]. Selbst wenn das Gericht eine deut­lich gerin­ge­re Anzahl an E‑Mails In Kom­bi­na­ti­on mit einem Mit­tel­wert an bear­bei­te­ten E‑Mails pro Tag annimmt, wür­de die Auf­be­rei­tung der Daten eine Per­son über Wochen beschäf­ti­gen. Dies in Rela­ti­on zum – nach Ansicht des Gerichts wenn über­haupt als gering ein­zu­stu­fen­den – Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se des Klä­gers sieht das Gericht als einen unver­hält­nis­mä­ßi­gen Auf­wand an. Vor­lie­gend han­delt es sich um E‑Mails; die bereits neun bis zehn Jah­re alt sind. Der Klä­ger ist zudem seit neun Jah­ren nicht mehr für die AG tätig. Die­se exi­stiert in der bis­he­ri­gen Form sogar nicht ein­mal. mehr. Es ist für das Gericht durch­aus bezeich­nend, dass der Klä­ger sei­nen Aus­kunfts­an­spruch erst Jah­re nach der Been­di­gung der Tätig­keit für die AG im Rah­men eines zivil­recht­li­chen Ver­fah­rens vor dem Land­ge­richt Hei­del­berg […] gel­tend machte. […]

Aller­dings ist nicht ganz klar, wor­auf sich das Gericht hier stützt. Die DSGVO sieht kei­ne Aus­nah­me vom Aus­kunfts­an­spruch wegen unver­hält­nis­mä­ssi­gen Auf­wands vor, son­dern nur bei “offen­kun­dig unbe­grün­de­ten” oder “exzes­si­ven Anträ­gen” (Art. 12 Abs. 5 DSGVO). Das Gericht bezog sich statt­des­sen auf die alte Fas­sung des deut­schen Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes, BDSG, und auf eine Lite­ra­tur­stel­le, wonach die DSGVO nichts Unmög­li­ches ver­lan­gen kann:

[…] Für das Gericht ist durch­aus nach­voll­zieh­bar, dass sich vor­lie­gend kei­ner­lei Spei­cher­me­di­en mehr im Besitz der AG befin­den; son­dern die­se viel­mehr umfas­send an die Q, über­ge­ben wur­den. Hier­an ändert auch ein mög­li­ches Zugriffs­recht des Beklag­ten auf die ehe­ma­li­gen Ser­ver der AG nicht zwangs­läu­fig etwas. Daten in Back­ups sind für den Ver­ant­wort­li­chen näm­lich u.U. nicht unmit­tel­bar greif­bar. Gern. § 34 Abs. 7 i.V.m § 33 Abs. 2 S. 1 N . 2 BDSG a.F durf­te vor­mals die Aus­kunft ent­fal­len, wenn die Daten aus­schließ­lich der Daten­si­che­rung dien­ten und eine Benach­rich­ti­gung einen unver­hält­nis­mä­ßi­gen Auf­wand erfor­dert hät­te. Der Weg­fall die­ser Spe­zi­al­norm bedeu­tet jedoch kei­nes­wegs, dass nun sämt­li­che Back­ups Gegen­stand der Aus­kunfts­ver­pflich­tung gewor­den wären. Viel­mehr kommt es auch hier auf den kon­kre­ten Auf­wand auf Sei­ten des Ver­ant­wort­li­chen an (vgl. Gala DS-GVO/Franck, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 15 Rn. 42), hier­zu sogleich.

Das Gericht bezieht sich dabei auf Gola, der dazu fol­gen­des sagt:

Da Treu und Glau­ben nach Art. 8 Abs. 2 S. 1 GRCh und Art. 5 Abs. 1 lit. a über dem gesam­ten Ver­ar­bei­tungs­vor­gang schwe­ben, wird dem Ver­ant­wort­li­chen per se kein unver­hält­nis­mä­ßi­ger Auf­wand abver­langt. Es sind frei­lich sehr stren­ge Maß­stä­be anzu­le­gen, was die Unver­hält­nis­mä­ßig­keit bei Trans­pa­renz­rech­ten angeht.

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