Moti­on Cina (00.3532): Ein­sichts­recht in das Betreibungsregister
Abge­lehnt (22.6.2001)

Ein­ge­reich­ter Text

Arti­kel 8a Absatz 3 des Bun­des­ge­set­zes über Schuld­be­trei­bung und Kon­kurs (SchKG) ist wie folgt zu ändern:

Abs. 3

Die Ämter geben Drit­ten von einer Betrei­bung Kennt­nis, wenn:

.…

d. der Schuld­ner die Betrei­bung durch Zah­lung erle­digt hat.

Begrün­dung

Stein des Ansto­sses ist die Tat­sa­che, dass die heu­ti­gen Aus­zü­ge aus dem Betrei­bungs­re­gi­ster nur mehr bedingt aus­sa­ge­kräf­tig sind. Jähr­lich wer­den bei den Betrei­bungs­äm­tern lan­des­weit zu hun­dert­tau­sen­den Boni­täts­aus­künf­te ver­langt, die mit­hel­fen sol­len, Debi­to­ren­ver­lu­ste nach Mög­lich­keit zu ver­mei­den oder zumin­dest ein­zu­schrän­ken. Dass die­se nicht zu ver­nach­läs­si­gen sind, zeigt ein Blick in die Betrei­bungs- und Kon­kurs­sta­ti­stik. Allein im Jah­re 1998 bezif­fer­ten sich die Ver­lu­ste aus den durch­ge­führ­ten Kon­kurs­ver­fah­ren auf rund 4,3 Mil­li­ar­den Fran­ken. Die Ver­lu­ste im Rah­men aus­ge­stell­ter Pfän­dungs­ver­lust­schei­ne gemäss Arti­kel 149 bzw. Arti­kel 115 Absatz 2 SchKG wer­den zwar sta­ti­stisch nicht erfasst, dürf­ten aber eben­falls Mil­li­ar­den Fran­ken betra­gen. Schon aus die­ser Per­spek­ti­ve ist es bedenk­lich, wenn der Gesetz­ge­ber bei der Umschrei­bung der Vor­aus­set­zun­gen zur Ein­sicht­nah­me in die Betrei­bungs- und Kon­kurs­ak­ten all­zu gro­sse Zurück­hal­tung übt.

Gesetz­li­che Grund­la­ge für die Ein­sichts­rech­te Drit­ter bil­det heu­te Arti­kel 8a SchKG. Ins­be­son­de­re durch die unter­schied­li­che Hand­ha­bung von Arti­kel 8a Absatz 3 Buch­sta­be c SchKG durch die Betrei­bungs­äm­ter in den ver­schie­de­nen Kan­to­nen wird jedoch die Aus­sa­ge­kraft eines Aus­zu­ges aus dem Betrei­bungs­re­gi­ster ver­fälscht. Der Grund für die­se höchst unbe­frie­di­gen­de Situa­ti­on ist dar­in zu suchen, dass ein rou­ti­nier­ter Schuld­ner regel­mä­ssig betrie­ben wer­den kann und trotz­dem ein blan­kes Betrei­bungs­re­gi­ster nach aussen vor­wei­sen kann. Betrei­bun­gen, die näm­lich selbst nach voll­zo­ge­nen Betrei­bungs­hand­lun­gen nach­träg­lich vom Gläu­bi­ger ein­ge­stellt wer­den, erschei­nen im betrei­bungs­amt­li­chen Aus­zug nicht mehr. Es gibt sogar Betrei­bungs­äm­ter, die Betrei­bun­gen, die über die Amts­stel­le durch Zah­lung erle­digt und nach erhal­te­ner Zah­lung durch den Gläu­bi­ger als “ein­ge­stellt” gemel­det wur­den, im Betrei­bungs­re­gi­ster ent­spre­chend kenn­zeich­nen, sodass sie im Rah­men einer betrei­bungs­recht­li­chen Aus­kunft nicht mehr in Erschei­nung tre­ten. Gegen eine sol­che Pra­xis weh­ren sich zumin­dest die Betrei­bungs­äm­ter im Kan­ton Zürich zu Recht. Es ist also zu for­dern, dass eine durch Zah­lung des Schuld­ners erlo­sche­ne Betrei­bung nicht nach­träg­lich ein­ge­stellt wer­den kann und so aus dem Betrei­bungs­re­gi­ster ent­fernt wird. Im Wei­te­ren kommt es immer häu­fi­ger vor, dass Schuld­ner nach erhal­te­nem Zah­lungs­be­fehl bzw. nach erfolg­ter Pfän­dungs­an­kün­di­gung direkt an den Gläu­bi­ger bezah­len und danach die Betrei­bung ein­stel­len las­sen. Bei die­ser Kon­stel­la­ti­on erscheint die durch Zah­lung erle­dig­te Betrei­bung nicht im Betrei­bungs­aus­zug, was die Aus­sa­ge­kraft einer sol­chen Aus­kunft stark vermindert.

Die Ein­sicht­nah­me in das Betrei­bungs­re­gi­ster ist ein Mit­tel des Ver­mö­gens­schut­zes. Das ent­spre­chen­de Schutz­be­dürf­nis des Gläu­bi­gers ist schon dann zu beja­hen, wenn eine Zah­lung erst auf Betrei­bung erfolgt ist. Dies kann näm­lich schon als erstes und ernst­haf­tes Warn­zei­chen von Sol­venz­pro­ble­men gewer­tet wer­den. Der Schutz des Schuld­ners bleibt trotz­dem gewahrt, kann er doch eine unge­recht­fer­tig­te Betrei­bung mit­tels eines ent­spre­chen­den Ver­fah­rens wei­ter­hin löschen lassen.

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h1>Stellungnahme des Bundesrats

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Das Ein­sichts­recht in die Betrei­bungs­re­gi­ster war bei der jüng­sten umfas­sen­den Revi­si­on des Bun­des­ge­set­zes über Schuld­be­trei­bung und Kon­kurs (SchKG) Gege­stand brei­ter Dis­kus­sio­nen. Schon in der Bot­schaft des Bun­des­ra­tes wur­den die ent­ge­gen­ge­setz­ten Inter­es­sen (Gläu­bi­ger­schutz einer­seits, Daten- bzw. Schuld­ner­schutz ande­rer­seits) aus­führ­lich dar­ge­legt und sorg­fäl­tig gegen­ein­an­der abge­wo­gen (vgl. BBl 1991 III 28ff.). Auch im Par­la­ment wur­de die Pro­ble­ma­tik anschlie­ssend ein­läss­lich dis­ku­tiert. Das Resul­tat die­ser sehr gründ­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen ist der neue Arti­kel 8a SchKG, der seit dem 1. Janu­ar 1997 in Kraft steht und einen ver­nünf­ti­gen Kom­pro­miss zwi­schen Gläu­bi­ger­schutz und Schuld­ner- bzw. Daten­schutz verwirklicht.

Die genann­te Rege­lung geht vom Grund­satz aus, dass jede Betrei­bung in einer Aus­kunft des Betrei­bungs­am­tes zu erwäh­nen ist, solan­ge nicht auf­grund eines Gerichts- oder Beschwer­de­ent­schei­des fest­ge­stellt wird, dass sie zu Unrecht ein­ge­lei­tet wor­den ist. Das Gesetz geht damit – im Inter­es­se der Gläu­bi­ger und des Publi­kums – vom Grund­satz der Aus­kunfts­er­tei­lung aus. Doch will es zugleich sicher­stel­len, dass der Betrie­be­ne durch eine unbe­grün­de­te Betrei­bung in sei­nem Ruf (Kre­dit­wür­dig­keit) nicht unnö­tig Scha­den erlei­det. Wenn der Schuld­ner daher z. B. mit sei­ner Aberken­nungs­kla­ge obsiegt oder der Gläu­bi­ger mit sei­ner Aner­ken­nungs­kla­ge bzw. im Rechts­öff­nungs­ver­fah­ren ver­liert, darf die betref­fen­de Betrei­bung in einer Regi­ster­aus­kunft nicht mehr erwähnt wer­den (Art. 8a Abs. 3 Bst. a und b SchKG). Glei­ches gilt, wenn die Betrei­bung wegen eines gewich­ti­gen Ver­fah­rens­feh­lers auf Beschwer­de oder gar von Amtes wegen auf­zu­he­ben war. Bis zur Fest­stel­lung die­ses Unrech­tes aber geht der Gläu­bi­ger­schutz dem Schuld­ner­schutz vor und wer­den die Betrei­bun­gen in der Aus­kunft erwähnt.

Dar­über hin­aus hält das Gesetz fest, dass auch eine vom Gläu­bi­ger nach­träg­lich zurück­ge­zo­ge­ne Betrei­bung in der Aus­kunft nicht mehr zu erwäh­nen ist (Art. 8a Abs. 3 Bst. c SchKG). Ein sol­cher Rück­zug kommt nament­lich infra­ge, wenn der Schuld­ner die For­de­rung im Lau­fe der Betrei­bung bezahlt.

Die­se zusätz­li­che Schran­ke des Ein­sichts­rech­tes wird von der Moti­on kri­ti­siert, denn sie ver­fäl­sche die Aus­sa­ge­kraft der Betrei­bungs­re­gi­ster. Bereits der Umstand, dass jemand erst auf Betrei­bung hin zah­le, sei näm­lich ein Indiz für Insol­venz und schlech­te Zah­lungs­mo­ral, sodass das Publi­kum ent­spre­chend gewarnt wer­den müsse.

Die kri­ti­sier­te Schran­ke des Ein­sichts­rech­tes wur­de bei der Revi­si­on des SchKG erst im Rah­men der par­la­men­ta­ri­schen Bera­tun­gen hin­zu­ge­fügt, wobei sich das Par­la­ment der Pro­ble­ma­tik durch­aus bewusst war. Ihr liegt jedoch das über­wie­gen­de Anlie­gen des Gesetz­ge­bers zugrun­de, die ausser­ge­richt­li­che Rege­lung aus­ste­hen­der Schul­den mög­lichst zu för­dern. Dem Schuld­ner wird durch die Aus­sicht auf ein (wie­der) blan­kes Betrei­bungs­re­gi­ster ein zusätz­li­cher Zah­lungs­an­reiz ver­schafft, sodass sich die voll­stän­di­ge Durch­füh­rung einer Betrei­bung sowie der damit zusam­men­hän­gen­den Gerichts­ver­fah­ren nach­träg­lich erüb­ri­gen kann. Das erspart allen Betei­lig­ten und auch den Betrei­bungs- und Gerichts­be­hör­den erheb­li­che Kosten. Leh­re und Pra­xis begrü­ssen denn auch die­se Ergän­zung des Geset­zes (vgl. den Bas­ler Kom­men­tar zum SchKG, Basel 1998, Art. 8a N 28).

Auch der Bun­des­rat sieht kei­nen Anlass, dar­auf zurück­zu­kom­men. Er legt Wert auf die Fest­stel­lung, dass die Rege­lung des Ein­sichts­rech­tes nach Arti­kel 8a SchKG den Gläu­bi­ger­schutz wei­ter­hin klar in den Vor­der­grund rückt. Denn in einer Betrei­bungs­aus­kunft wer­den alle Betrei­bun­gen erwähnt, so lan­ge sie hän­gig sind, auch wenn sie mög­li­cher­wei­se zu Unrecht ein­ge­lei­tet wur­den. Das Unrecht einer Betrei­bung tritt immer erst nach­träg­lich zuta­ge, und bis dahin wer­den die Betrei­bun­gen in einem Aus­zug immer erwähnt. Das zu war­nen­de Publi­kum ist – nebst den Ein­trä­gen von Ver­lust­schei­nen – vor allem an die­sen lau­fen­den Betrei­bun­gen inter­es­siert, und dies­be­züg­lich bestehen sach­lich kei­ne Schran­ken. Ande­rer­seits muss es dem Schuld­ner mög­lich blei­ben, durch “Tat­be­weis” (hier: Zah­lung) sei­nen guten Ruf wie­der­her­zu­stel­len. Das gebie­tet auch ein wohl­ver­stan­de­ner Datenschutz.

Es ist unbe­strit­ten, dass die Hand­ha­bung von Buch­sta­be c da und dort zu Unsi­cher­hei­ten geführt hat. Doch soll­te dies nicht zum Anlass genom­men wer­den, die Rege­lung gleich wie­der abzu­schaf­fen oder – wie es der Motio­när ver­langt – sie sogar aus­drück­lich in ihr Gegen­teil zu wen­den. Viel­mehr liegt es nahe und ent­spricht auch dem Sinn des Geset­zes, die Zah­lung des Schuld­ners wäh­rend einer lau­fen­den Betrei­bung und deren anschlie­ssen­den Rück­zug durch den Gläu­bi­ger aus­kunfts­recht­lich immer gleich zu behan­deln, unab­hän­gig davon, ob die Zah­lung nun an den Betrei­bungs­gläu­bi­ger oder an das Betrei­bungs­amt erfolgt ist: Die betrof­fe­nen Betrei­bun­gen sol­len dann nicht mehr gezeigt wer­den, denn der genann­te “Tat­be­weis” ist in bei­den Fäl­len erbracht. Damit wären die kri­ti­sier­ten Ungleich­hei­ten behoben.

AI-generierte Takeaways können falsch sein.