Motion Eichenberger-Walther (10.3876): Büpf-Revision
Im Zusammenhang mit der Beratung des Geschäfts 13.025 am 17.06.2015 abgeschrieben
Eingereichter Text
Der Bundesrat wird beauftragt, das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) im Zuge der geplanten Totalrevision so anzupassen, dass folgende Punkte berücksichtig sind:
1. Es ist zu beschreiben, welche normsetzenden, regulativen Aufgaben der Überwachungsdienst weisungsungebunden wahrzunehmen hat und welche Aufgaben der Dienst als ausführendes Organ der Strafverfolgung wahrnimmt. Eine Trennung in zwei Entitäten ist dabei denkbar.
2. Alle Aspekte der Strafverfolgung sind wegzulassen.
3. Die technische Infrastruktur des Dienstes ist dem Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI) zu unterstellen.
4. Die Fernmeldedienstanbieter werden vom Dienst für die effektiv anfallenden Prozesskosten pro Überwachung entschädigt, dies bis zu einem festzusetzenden Maximalbetrag.
Begründung
Die Totalrevision des Büpf stiess in der Vernehmlassung auf breiten Widerstand. Dennoch ist eine Revision notwendig, muss die Strafverfolgung doch als letzte Instanz überwachen können, und zwar auch moderne Kommunikationskanäle, die vom bestehenden Büpf nicht erfasst werden.
Das Büpf soll nichts regeln, was andernorts geregelt ist. Die Möglichkeiten und Prozesse der Strafverfolgung sind in der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) geregelt, einschliesslich Fernmeldeüberwachung und sogenannte Government Software.
Da die neu zu schaffende zentrale technische Infrastruktur des Überwachungsdienstes dem Vollzug einer Zwangsmassnahme und einzig den Strafverfolgungsbehörden dient, ist sie dem BPI zu unterstellen.
Da die Datenherrschaft nicht den Betreibern gemäss Büpf obliegt, sondern den anordnenden Strafverfolgungsbehörden, richtet sich der Datenschutz nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung, des BPI und allenfalls kantonalen oder eidgenössischen Richtlinien.
Andererseits müssen im Gesetz die normsetzenden Aufgaben und Pflichten des Dienstes von den rein exekutiven Pflichten des Dienstes getrennt werden, wie es rechtsstaatlich üblich ist. Die Normsetzung ist so zu regeln, dass für die Fernmeldedienstanbieter Planungssicherheit und für die Strafverfolgung Überwachungssicherheit besteht. Die Finanzen sind so zu regeln, dass die Kosten des Dienstes möglichst gering bleiben, derweil die Überwachungen nach dem Verursacherprinzip bezahlt werden.
Stellungnahme des Bundesrats
1. Der Bundesrat beantragt, Ziffer 1 der Motion anzunehmen. Er weist jedoch darauf hin, dass die Unabhängigkeit des Dienstes nach geltendem Recht (Art. 2 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, Büpf; SR 780.1) das Verhältnis gegenüber dem EJPD und dem Bundesrat betrifft und nicht jenes gegenüber den Strafverfolgungsbehörden. Gegenüber den Strafverfolgungsbehörden ist der Dienst im hierarchischen Sinn ohnehin unabhängig (d.h., es gibt kein Weisungsrecht oder das Recht der Strafverfolgungsbehörden, direkt anstelle des Dienstes zu handeln). Der Dienst ist jedoch an die vollstreckbaren Überwachungsanordnungen der Strafverfolgungsbehörden gebunden.
2. Der Bundesrat beantragt, auch Ziffer 2 der Motion anzunehmen. Die Aspekte der Strafverfolgung sind in der Tat aus dem totalrevidierten Büpf wegzulassen. Der Bundesrat geht beim jetzigen Stand der laufenden Revisionsarbeiten und gestützt auf seinen betreffenden Entscheid vom 23. November 2011 davon aus, dass in der Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage für den Einsatz von Government Software zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs geschaffen werden muss. In diesem Zusammenhang prüft er auch, ob in der StPO eine entsprechende Gesetzesgrundlage für den Einsatz von Identifikations‑, Ortungs- und Abhörsystemen wie den Imsi-Catchern geschaffen werden muss.
3. Der Bundesrat beantragt, Ziffer 3 der Motion abzulehnen. Er kann sich zum darin enthaltenen Vorschlag noch nicht festlegen, da er die Frage im Rahmen der weiteren Arbeiten zur Totalrevision des Büpf noch prüfen muss. Dies zusammen mit damit verbundenen Fragen, die sich aufgrund seines Entscheids vom 23. November 2011, die Überwachungsdaten langfristig in einem zentralen Informatiksystem beim Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr des Bundes zu speichern, ergeben haben. Zu bedenken ist, dass auch dann, wenn das Datenverarbeitungssystem des Dienstes dem Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI; SR 361) unterstellt würde, spezifische Gesetzesbestimmungen für dieses System geschaffen werden müssten, so wie für die anderen, dem BPI unterstellten Systeme auch. Die – nicht zuletzt redaktionelle – Frage, in welchem Gesetz die nötigen Bestimmungen besser untergebracht werden können, sollte nicht vorweggenommen werden. Der Bundesrat wird sich zu diesen Fragen in seiner Botschaft zur Totalrevision des Büpf äussern, die voraussichtlich im Verlauf des Jahres 2012 zur Verfügung stehen wird.
4. Der Bundesrat beantragt, auch Ziffer 4 der Motion abzulehnen. Er kann sich zum darin enthaltenen Vorschlag noch nicht festlegen, da er die Frage der mit der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs verbundenen Kosten – insbesondere die Entschädigungen der Fernmeldedienstanbieter und die Gebühren, für welche die Strafverfolgungsbehörden aufkommen müssen – im Rahmen der weiteren Arbeiten zur Totalrevision des Büpf noch vertieft prüfen muss. Der Bundesrat wird sich auch zu diesem Punkt in seiner Botschaft äussern.