Eingereichter Text
Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine gesetzliche Grundlage zu unterbreiten, die vorsieht, dass sowohl die medizinischen Patientendokumentationen elektronisch strukturiert geführt wird sowie für die Behandlung relevante Dokumente wie Rezepte, Überweisungen und Untersuchungsberichte elektronisch in strukturierter Form übermittelt werden.
Begründung
Der Bericht der Expertengruppe “Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung” sieht mit Massnahme 38 die Aufhebung der doppelten Freiwilligkeit bezüglich der Nutzung des elektronischen Patientendossiers vor. Unabhängig davon, ob das EPD für Ärzte verpflichtend wird oder nicht, muss für Leistungserbringer die Verpflichtung geschaffen werden, Patientendokumentationen elektronisch zu führen und für die Behandlung relevante Daten elektronisch auszutauschen. Für die Codierung und Strukturierung sind möglichst internationale gebräuchliche Normen anzuwenden.
Die Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Patientendokumentation bezieht sich einzig auf das Führen einer elektronischen Krankengeschichte in einem so genannten Primärsystem wie z. B. einem Praxisinformationssystem. Sie bildet die Basis für eine koordinierte Versorgung und schafft die technische Voraussetzung zur elektronischen Vernetzung des ambulanten Sektors. Es wird die Möglichkeit geschaffen, dass das EPD überhaupt eingesetzt werden kann.
Der Wechsel von handschriftlichen zu elektronischen Daten erhöht die Effizienz und Qualität der Leistungserbringung, leistet einen Beitrag an die Patientensicherheit und dämpft die Kosten. Ineffizienzen wie doppeltes Erfassen gleicher Daten, Rückfragen bei unleserlicher Schrift oder daraus resultierende Fehler bei der Medikation lassen sich vermeiden. Auch das Recht der Patientinnen Patienten, eine Kopie der Krankengeschichte zu erhalten, kann einfacher gewährleistet werden. Mit der Umsetzung der Motion kann das Ziel des Bundesrats der Strategie Gesundheit 2020 erreicht werden, Medikationsfehler zu vermeiden und die Patientensicherheit zu gewährleisten.
Elektronische Krankengeschichten sowie der elektronische Austausch relevanter Patientendaten leisten einen Beitrag an die Qualitätssicherung, die gemäss KVG Artikel 58 vorgeschrieben ist und mit der KVG-Revision “Qualität und Wirtschaftlichkeit” verbindlich durchgesetzt wird.
Stellungnahme des Bundesrats vom 5.9.18
Das schweizerische Gesundheitswesen ist im Vergleich zu anderen Ländern in geringem Ausmass digitalisiert. Dies betrifft insbesondere den ambulant-ärztlichen Bereich. Lediglich 35 Prozent der Arztpraxen führen die Behandlungsdokumentation vollständig elektronisch. Dies ist insofern problematisch, als die Digitalisierung im ambulanten Umfeld zur Erhöhung der Behandlungsqualität beitragen soll. In einer 2015 veröffentlichten Studie für die Schweiz gaben 57 Prozent aller elektronisch dokumentierenden Ärztinnen und Ärzte an, dass sich die Qualität ihrer Arbeit mit der Digitalisierung der Praxis erhöhte (Sima Djalali et al, Undirected health IT implementation in ambulatory care favors paper-based workarounds and limits health data exchange, in International Journal of Medical Informatics, 2015). Andere Länder haben vor Jahren die Ärzte und Ärztinnen verpflichtet, die Behandlung digital zu dokumentieren (z. B.: Schweden, Kanada). Eine Evaluations-Studie zum Nutzen der digitalen Gesundheitsinformation aus Kanada zeigt positive Auswirkungen hinsichtlich Qualität, Zugang und Produktivität (Gartner: Connected Health Information in Canada: A Benefits Evaluation Study, Report Prepared for Canada Health Infoway, April 2018).
Die Zielsetzung der Motion stimmt mit den gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates überein, die Qualität der Leistungen und der Versorgung zu fördern, indem insbesondere eHealth gestärkt wird (Strategie Gesundheit 2020 vom 23. Januar 2013). Aus der Strategie Gesundheit 2020 leitet sich die gemeinsame Strategie des Bundes und der Kantone eHealth Schweiz 2.0 vom 1. März 2018 ab, welche insbesondere die Einführung und aktive Förderung des elektronischen Patientendossiers vorantreibt. Die Kantone sind somit in die laufenden Arbeiten im Bereich der Digitalisierung des Gesundheitswesens aktiv eingebunden.
Die Sorgfaltspflicht der medizinischen Fachpersonen gemäss Artikel 40 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (MedBG; SR 811.11) umfasst auch die Pflicht zur Dokumentation und zum Führen einer Krankheitsgeschichte. Sie dient dem Schutz der Patientinnen und Patienten und ist gesundheitspolizeilich motiviert. Gesundheitspolizeiliche Vorschriften liegen aufgrund der verfassungsmässigen Kompetenzaufteilung im Zuständigkeitsbereich der Kantone (Art. 3 Bundesverfassung vom 18. April 1999 der Schweizerischen Eidgenossenschaft; SR 101). Dementsprechend haben die Kantone die Behandlungsdokumentation bereits verschiedentlich geregelt. Es obliegt darum den Kantonen, die in der Strategie eHealth Schweiz 2.0 vorangetriebene Digitalisierung in ihr eigenes Recht zu überführen.
Diese Stossrichtungen können krankenversicherungsrechtlich mit der Vorlage zur Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung betreffend der Zulassung von Leistungserbringern (18.047) ergänzt werden, welche zur Zeit im Parlament beraten wird. So soll der Bundesrat in Zukunft im ambulanten Bereich Auflagen erlassen, insbesondere in Bezug auf die Qualität und die Wirtschaftlichkeit. Ein mögliches Element des Qualitätsmanagements könnte hierbei die elektronisch geführte Krankengeschichte sein.