Moti­on Leu­ten­eg­ger-Ober­hol­zer (08.3852): Daten­samm­lun­gen des Bun­des. Auskunftsrecht
Abge­lehnt (03.03.2010)

Ein­ge­reich­ter Text

Der Bun­des­rat wird auf­ge­for­dert, bei allen Daten­samm­lun­gen des Bun­des den betrof­fe­nen Per­so­nen ein Aus­kunfts­recht über die gesam­mel­ten Daten nach den Arti­keln 8 und 9 des Bun­des­ge­set­zes über den Daten­schutz sicher­zu­stel­len. Dabei sind ins­be­son­de­re die Beschrän­kung des Aus­kunfts­rechts beim System Bun­des­de­lik­te in Arti­kel 8 und Arti­kel 11 Absatz 6 des Bun­des­ge­set­zes über die poli­zei­li­chen Infor­ma­ti­ons­sy­ste­me des Bun­des sowie Arti­kel 18 BWIS ent­spre­chend anzupassen.

Begrün­dung

Der Bund führt aus sicher­heits­po­li­ti­schen Grün­den ver­schie­de­ne Daten­samm­lun­gen über Per­so­nen. Die Erfah­run­gen mit dem Fichen­skan­dal der Acht­zi­ger-/Neun­zi­ger­jah­re hat gezeigt, dass Samm­lun­gen von Per­so­nen­da­ten die Gefahr von fal­schen Ein­trä­gen und von Inef­fi­zi­en­zen beinhal­ten. Für die betrof­fe­nen Per­so­nen kön­nen die Ein­trä­ge gra­vie­ren­de Fol­gen haben. Umso wich­ti­ger ist es, dass ein indi­vi­du­el­les Aus­kunfts­recht der betrof­fe­nen Per­son besteht. Damit sind auch Kor­rek­tu­ren möglich.

Ver­schie­de­ne Geset­ze sehen nun bloss ein soge­nann­tes indi­rek­tes Ein­sichts­recht vor, das eigent­lich gar kei­ne Ein­sicht ermög­licht. Das indi­rek­te Ein­sichts­recht hat sich nicht bewährt. Am Fall der fichier­ten Gross­rä­te und Gross­rä­tin­nen aus Basel-Stadt zeigt sich auch ein­mal mehr, dass ohne Ein­sichts­recht auch Kor­rek­tu­ren an fal­schen Ein­trä­gen nicht vor­ge­nom­men wer­den kön­nen, da die Rich­tig­keit der Ein­trä­ge nicht über­prüf­bar ist. Das stellt auch die Qua­li­tät der Daten­samm­lun­gen grund­sätz­lich infrage.

Des­halb ist sicher­zu­stel­len, dass bei allen Daten­samm­lun­gen den betrof­fe­nen Per­so­nen ein Aus­kunfts­recht nach den Grund­sät­zen des Daten­schutz­ge­set­zes gewährt wird. Das Daten­schutz­ge­setz sieht in Arti­kel 9 zudem genü­gend Siche­run­gen für sicher­heits­po­li­ti­sche Daten vor. Auch ande­re euro­päi­sche Län­der wie z. B. Frank­reich ken­nen ein grund­sätz­li­ches Ein­sichts­recht von betrof­fe­nen Per­so­nen in die über sie gesam­mel­ten Daten.

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h1>Stellungnahme des Bundesrats

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Gemäss Arti­kel 8 des Bun­des­ge­set­zes über den Daten­schutz vom 19. Juni 1992 (DSG, SR 235.1) kann jede Per­son vom Inha­ber einer Daten­samm­lung Aus­kunft dar­über ver­lan­gen, ob Daten über sie bear­bei­tet wer­den. Das Aus­kunfts­recht stellt ein Grund­prin­zip des Daten­schut­zes dar, das der betrof­fe­nen Per­son ermög­licht, die­se Daten hin­sicht­lich Recht­mä­ssig­keit der Beschaf­fung, Wah­rung von Treu und Glau­ben und Ver­hält­nis­mä­ssig­keit bei der Bear­bei­tung sowie Rich­tig­keit der Daten zu über­prü­fen (Bot­schaft DSG, BBl 1988 II 433). In bestimm­ten Fäl­len wird die Aus­kunfts­er­tei­lung aller­dings ein­ge­schränkt, ins­be­son­de­re wenn über­wie­gen­de pri­va­te oder öffent­li­che Inter­es­sen einer sol­chen ent­ge­gen­ste­hen oder wenn ein Gesetz im for­mel­len Sinn dies vor­sieht (Art. 9 DSG).

Im Bun­des­ge­setz über Mass­nah­men zur Wah­rung der inne­ren Sicher­heit vom 21. März 1997 (BWIS, SR 120) wird das Aus­kunfts­recht schon seit län­ge­rer Zeit ein­ge­schränkt; sein Arti­kel 18 sta­tu­iert ein bloss indi­rek­tes Aus­kunfts­recht. Die Ein­schrän­kung des Aus­kunfts­rechts wur­de kürz­lich anläss­lich der Schaf­fung des Bun­des­ge­set­zes über die poli­zei­li­chen Infor­ma­ti­ons­sy­ste­me des Bun­des vom 13. Juni 2008 (BPI, SR 361) wie­der­um aus­führ­lich dis­ku­tiert und im Ver­gleich mit Arti­kel 18 BWIS in abge­schwäch­ter Form (direk­tes Aus­kunfts­recht mit Mög­lich­keit des Auf­schubs der Ant­wort in bestimm­ten Fäl­len) und beschränkt auf einen engen Gel­tungs­be­reich, näm­lich auf Bun­des­de­lik­te, auch in Arti­kel 8 BPI fest­ge­setzt. Ausser­dem erlaubt Arti­kel 11 Absatz 6 BPI, Per­so­nen­da­ten ohne das Wis­sen der betrof­fe­nen Per­so­nen zu sam­meln, sofern es wich­ti­ge Inter­es­sen der Straf­ver­fol­gung erfor­dern. Ist die Beschaf­fung der Daten für die betrof­fe­ne Per­son nicht erkenn­bar, so muss die­se aller­dings infor­miert wer­den, sobald der Grund für die Geheim­hal­tung ent­fal­len ist und die­se Infor­ma­ti­on nicht mit einem unver­hält­nis­mä­ssi­gen Auf­wand ver­bun­den ist.

Der Bun­des­rat ist der Auf­fas­sung, dass die mit der Schaf­fung von Arti­kel 8 BPI ein­ge­schla­ge­ne Rich­tung wei­ter­zu­ver­fol­gen ist. Er ist bereit, die Bestim­mun­gen über das Aus­kunfts­recht im BWIS und im BPI im Sinn der Moti­on zu über­prü­fen und eine Rege­lung im Sinn der Moti­on anzu­stre­ben. Ange­sichts der gro­ssen Bedeu­tung des Aus­kunfts­rechts für den Daten­schutz muss eine Ein­schrän­kung in jedem Fall auf das zeit­lich und sach­lich unbe­dingt Not­wen­di­ge begrenzt wer­den, was auch vom Bun­des­ge­richt und fer­ner vom Euro­päi­schen Gerichts­hof für Men­schen­rech­te betont wird (sie­he BGE 125 II 473 E. 4c; EGMR Urteil vom 6. Juni 2006, Seger­stedt-Wiberg und ande­re / Schwe­den, Nr. 62332/00, Ziff. 88). Das indi­rek­te Aus­kunfts­recht ist vor die­sem Hin­ter­grund grund­sätz­lich pro­ble­ma­tisch. Es ent­spricht nicht einem ech­ten Aus­kunfts­recht. Der Bun­des­rat teilt daher im Grund­satz die Auf­fas­sung der Motio­nä­rin, dass bei allen Daten­samm­lun­gen, mit­hin auch bei den­je­ni­gen in den Berei­chen inne­re Sicher­heit und poli­zei­li­che Infor­ma­ti­on, den betrof­fe­nen Per­so­nen ein Aus­kunfts­recht gemäss Arti­kel 8 DSG zu gewäh­ren ist und dass die Aus­nah­men davon im Rah­men von Arti­kel 9 DSG zu bestim­men sind. All­fäl­li­ge spe­zi­al­ge­setz­li­che Rege­lun­gen sind auf ein Mini­mum zu beschränken.

Bera­tung

AI-generierte Takeaways können falsch sein.