Motion RK‑N (22.3004): Digitale Buchführung erleichtern
Eingereichter Text
Der Bundesrat wird beauftragt, die Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) und weitere dafür nötige Erlasse anzupassen, um die Digitalisierung der Buchführung zu erleichtern. Unterlagen sollen ohne digitale Signatur oder ähnlichen Verfahren auf veränderbaren Datenträgern aufbewahrt werden können, sofern der Nachweis des Ursprungs und der Unverändertheit über die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung nach OR 957ff erbracht werden kann. Eine digitale Signatur von Belegen oder der Einsatz ähnlicher Verfahren sollen freiwillig sein.
Begründung
- Die GeBüV fordert in Art. 9 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Abs. 2 komplizierte und nicht KMU taugliche Verfahren zur digitalen Aufbewahrung von Unterlagen: Belege sollen mit einer digitalen Signatur und einem Zeitstempel versehen werden, damit diese auf handelsüblichen Speichermedien archiviert werden dürfen. Das geforderte Verfahren ist für die meisten KMU zu teuer, zu komplex und zu riskant. Die Umsetzung kostet mehrere zehntausend Franken. Nur ganz wenige KMU sind finanziell, organisatorisch oder technisch in der Lage, einen solchen Prozess nach diesen Anforderungen zu betreiben.
- Die GeBüV setzt für eine praxistaugliche digitale Archivierung wesentlich höhere Anforderungen als das OR voraus. Das OR verlangt für eine digitale Archivierung von Buchungsbelegen keine digitale Signatur und es sind lediglich die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung einzuhalten. Eine qualifizierte elektronische Signatur ist nur dort obligatorisch, wo die eigenhändige Unterschrift zur Einhaltung der Schriftform gleichgestellt wird (z.B. OR 14 IIbis).
- In der Praxis (https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/mehrwertsteuer/fachinformationen/elektronischer-geschaeftsverkehr.html) hat die ESTV die Papierrechnung der gescannten Papierrechnung und der elektronischen Rechnung gleichgestellt. Die ESTV fordert keine digitale Signatur in ihren Kontrollen. Der Nachweis des Ursprungs und der Unverändertheit gilt als erbracht, wenn die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung nach Artikel 957 ff OR eingehalten sind. Andere Behörden auch auf kantonaler Ebene orientieren sich weiterhin an der GeBüV.
- Die Widersprüche zwischen der GeBüV und der Praxis einzelner Behörden schaffen Unsicherheit. Deshalb gehen die meisten KMU auf Anraten ihrer Treuhänder den pragmatischen Weg und führen ihre Buchhaltung weiterhin zu 100% in Papierform, weil dies gemäss GeBüV Art. 9 Abs. 1 lit. a bedenkenlos und ohne komplizierte Verfahren möglich ist.
- Eine digitale Buchhaltung würde den KMU ein erhebliches Potential eröffnen und damit den Standort Schweiz stärken:
- Würden Belege digital ausgetauscht, könnte in der Buchhaltung wesentlich mehr automatische werden. Dies reduziert die Administrationskosten erheblich und macht KMU wettbewerbsfähiger.
- Finanzielle Informationen können anhand digitaler Belege einfacher, schneller und präziser aufbereitet werden. Die so geschaffene finanzielle Transparenz erlaubt es, wichtige Entscheidungen über die Zukunft des KMU auf einer solideren Zahlenbasis zu fällen.
- Der Papierverbrauch wird reduziert und die Umwelt weniger belastet.
Stellungnahme des Bundesrats vom 23.2.2022
Schweizer Unternehmen sind nicht verpflichtet, ihre Buchführung (inkl. Belege) zu digitalisieren. Falls ein Unternehmen eine digitale Buchführung pflegt, so hat es Art. 957 – 958f des Obligationenrechts (OR; SR 220) und die Geschäftsbücherverordnung vom 24. April 2002 (GeBüV; SR 221.431) zu beachten.
Die GeBüV ist technologieneutral formuliert. Das heisst, dass die offene Formulierung der Verordnungsbestimmungen technischen Neuerungen sowie Weiterentwicklungen gegenüber nicht verschlossen ist. Dies sieht man insbesondere an den in der Motionsbegründung erwähnten Art. 9 Abs. 1 Bst. b Ziff. 1 und 2 GeBüV.
Art. 9 Abs. 1 Bst. a GeBüV lässt elektronische Informationsträger ohne zusätzliche Anforderungen zu, wenn sie unveränderbar sind, sprich eine Veränderung oder Löschung nicht vorgenommen werden kann, ohne dass der Vorgang auf dem Datenträger selbst erkennbar ist. Demgegenüber verlangt Art. 9 Abs. 1 Bst. b GeBüV für die Zulässigkeit von veränderbaren Informationsträgern unter anderem ein technisches Verfahren, welches die Integrität der gespeicherten Informationen gewährleistet (Ziff. 1) und, dass der Zeitpunkt der Speicherung der Informationen unverfälschbar nachweisbar ist (Ziff. 2). Dabei nennt der Verordnungstext ausdrücklich als Beispiel digitale Signaturverfahren und Zeitstempel. Damit stellt der Verordnungstext klar, dass das Verwenden von digitalen Signaturverfahren nur eine Möglichkeit, aber keine zwingende Voraussetzung zur Erstellung von digitalen Buchführungsdaten ist. Es gibt in der GeBüV somit keine Pflicht zur Verwendung einer digitalen Signatur oder gar einer geregelten oder qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Bundesgesetzes über die elektronische Signatur vom 18. März 2016 (SR 943.03). Weiter besteht auch die Möglichkeit, Daten auf unveränderbaren Informationsträgern (Art. 9 Abs. 1 Bst. a GeBüV) zu archivieren. Als unveränderbar gelten beispielsweise Datenträger wie WORM-Medien (Write Once, Read Many) oder CD-Rom. Die rechtlichen Grundlagen zu der in der Motion erwähnten und gelobten Praxis der ESTV finden sich in Art. 122 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (SR 641.201). Diese Bestimmung verweist für die Aufbewahrung papierloser Belege auf die Art. 957 – 958f OR und die GeBüV. Es ist aber gerade die GeBüV, die es generell zulässt, dass elektronische Buchführungsbelege nicht über eine digitale Signatur verfügen müssen, um von den Steuerbehörden als Grundlage für die Besteuerung einer Rechtseinheit akzeptiert zu werden.
Angesichts des klaren Wortlauts von Art. 9 Abs. 1 Bst. b GeBüV ist das Ziel der Motion bereits erfüllt und eine Anpassung der Rechtsgrundlagen erübrigt sich.
Antrag des Bundesrats vom 23.2.2022
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
Der NR hat die Motion angenommen.