Das OLG München hat am 16. Juli 2019 ein Urteil im Zusammenhang mit einer App eines schweizerischen Anbieters gefällt. Offenbar hatte eine Anbietern über einen Internetauftritt mit einer .de-Domain in Deutschland Leistungen einer Tochter angeboten, eines Krankenversicherers, u.a. einen “digitalen Arztbesuch” bei schweizerischen Ärzten. Aus Sicht des OLG München verstösst diese Werbung gegen das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (HWG) und ist unzulässig.
Folgende Leitsätze:
1. § 9 S. 1 HWG ist nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass das Werbeverbot für Fernbehandlungen akzessorisch die Unzulässigkeit der beworbenen Behandlung voraussetzen würde. Vielmehr kommt § 9 HWG ein eigener Regelungsgehalt zu, indem er nicht die Fernbehandlung an sich verbietet, sondern die Werbung hierfür.
2. Der Gesetzgeber hat auch mit der neuen Regelung des § 9 HWG (gültig ab 19.12.2019) an der grundsätzlichen Wertung festgehalten, dass eine Werbung für Fernbehandlungen im Interesse der Vermeidung der mit einer solchen Werbung verbundenen Gefahren für die allgemeine Gesundheit im Allgemeinen untersagt ist (vgl. § 9 Satz 1 HWG). Lediglich unter den in § 9 S. 2 HWG genannten Voraussetzungen ist die Werbung mit Fernbehandlungen nunmehr gesetzlich erlaubt.
3. Eine Werbung für ärztliche Fernbehandlungen in Form eines digitalen Arztbesuchs, wobei mittels einer App in Deutschland lebenden Patienten angeboten wird, über ihr Smartphone von Ärzten, die im Ausland sitzen, für nicht näher konkretisierte Behandlungsfälle und ‑situationen Diagnosen, Therapieempfehlungen und Krankschreibungen zu erlangen, wird von dem Ausnahmetatbestand des § 9 Satz 2 HWG, wonach vorausgesetzt wird, dass ein ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nach allgemein anerkannten Standards in den beworbenen Fällen nicht erforderlich ist, nicht gedeckt.
Das deutsche Recht war nach Art. 6 Abs. 1 der Rom-II-Verordnung anwendbar (Auswirkungsprinzip).