- Das OLG Nürnberg entschied, dass die DSGVO ein allgemeines Rechtsmissbrauchsverbot für Betroffenenbegehren kennt.
- Ein Auskunftsanspruch ergibt sich nicht aus Art. 15, da ein Weigerungsrecht nach Art. 12 Abs. 5 besteht.
- Die Rechtsmissbräuchlichkeit wird am Schutzzweck der DSGVO gemessen, insbesondere den Anforderungen aus Erwägungsgrund 63.
- Der Kläger strebt Informationen zur Überprüfung von Prämienanpassungen an, was nicht dem Schutzzweck der DSGVO entspricht.
Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat mit Urteil vom 13. Juli 2021 wie andere Gerichte zuvor entschieden, dass die DSGVO bei den Betroffenenbegehren ein allgemeines Rechtsmissbrauchsverbot kennt:
(4) Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO. Denn der Beklagten steht ein Weigerungsrecht aus Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b) DS-GVO zu. Die Vorschrift führt zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen „exzessiven“ Antrag auf. Die Verwendung des Wortes „insbesondere“ macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will […].
Interessant: Sedes materiae ist nicht Art. 15 DSGVO, sondern Art. 12 Abs. 5 DSGVO, der sich nicht nur auf Art. 15 DSGVO (Auskunftsrecht) bezieht, sondern auch auf die Informationspflicht nach Art. 13 und 14 DSGVO und die weiteren Betroffenenrechte (Art. 16 – 22), und auch auf Art. 34 (Benachrichtigung über eine Datensicherheitsverletzung). Bei allen diesen Ansprüchen kann sich der Verantwortliche demnach auf Rechtsmissbrauch berufen, sofern die Voraussetzungen im einzelnen gegeben sind (was in erster Linie auf das Auskunftsrecht zu treffen wird).
Die Rechtsmissbräuchlichkeit ist sodann u.a. am Schutzzweck der DSGVO zu messen:
Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DS-GVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DS-GVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung überprüfen zu können […]. Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kläger aber ersichtlich nicht. Sinn und Zweck der von ihm begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr – wie sich aus der Koppelung mit den unzulässigen Klageanträgen auf Feststellung und Zahlung zweifelsfrei ergibt – ausschließlich die Überprüfung etwaiger von der Beklagten vorgenommener Prämienanpassungen wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 WG. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DS-GVO aber nicht umfasst […].
Diese Rechtsprechung deckt sich mit jener des Bundesgerichts zu Art. 8 DSG.