Die DSK (die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder) hat eine Orientierungshilfe zur Datenverarbeitung für Werbezwecke unter der DSGVO veröffentlicht. Die DSK hält darin u.a. folgendes fest:
- Bei einer Berufung auf berechtigte Interessen i.S.v. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist eine Interessenabwägung im konkreten Einzelfall durchführen. Dabei sind die berechtigten Erwartungen der betroffenen Personen zu berücksichtigen, die durch den Verantwortlichen innerhalb bestimmter Grenzen beeinflusst werden können:
Die Erwartungen der betroffenen Person werden bei Maßnahmen zur Direktwerbung auch durch die Informationen nach Art. 13 und 14 DS-GVO zu den Zwecken der Datenverarbeitung bestimmt. Informiert der Verantwortliche transparent und umfassend über eine vorgesehene Verarbeitung von Daten für Zwecke der Direktwerbung, geht die Erwartung der betroffenen Personen in aller Regel auch dahin, dass ihre Kundendaten entsprechend genutzt werden. Allerdings kann durch Transparenz der gesetzliche Abwägungstatbestand nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DS-GVO nicht beliebig erweitert werden, da die Erwartungen an dem objektiven Maßstab der Vernunft gemessen werden müssen.
- I.d.R. kann sich der Verantwortliche in den folgenden Fällen auf ein überwiegendes berechtigtes Interesse berufen, sofern Transparenz geschaffen wurde:
- wenn er nach einer Bestellung postalisch einen Werbekatalog oder ein Werbeschreiben schickt, unabhängig davon, ob das Werbeschreiben an alle Kunden (ohne Selektion) versandt wird oder an einzelne Gruppen, sofern sich aus den Selektionskriterien kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn ergibt;
- die werbliche Verwendung von E‑Mail-Adressen, die unmittelbar von den betroffenen Personen im Rahmen einer Geschäftsbeziehung (Bestandskunden) erhoben wurden;
- bei der Verwendung von Postadressdaten, die aus Preisausschreiben und Gewinnspielen stammen sowie aufgrund von Katalog- und Prospektanforderungen;
- wenn Werbung vertraglichen Informationen per Brief beigelegt werden;
- Demgegenüber sprechen folgende Faktoren darür, dass ein Interesse der betroffenen Person am Ausschluss der Datenverarbeitung über-wiegt:
- Profilingmassnahmen wie z.B. automatisierte Selektionsverfahren zur Erstellung detaillierter Profile, Verhaltensprognosen bzw. Analysen, die zu zusätzlichen Erkenntnissen führen; hier reiche das Widerspruchsrecht nach Art. 21 DSGVO nicht aus;
- Erstellung eines Profils unter Verwendung externer Datenquellen (z. B. Informationen aus sozialen Netzwerken) für Werbescores;
- lauterkeitsrechtliche Verbote: Hier könne sich der Verantwortliche auch datenschutzrechtlich nicht auf ein berechtigtes Interesse berufen;
- eine seit der letzten Bewerbung längere Zeit verstrichen ist, wohl etwa 1.5 Jahre;
- Zu weiteren Fällen vgl. die Orientierungshilfe.
Die DSK äussert sich auch
- zur Information über Werbezwecke i.S.v. Art. 13 f. DSGVO. Sie unterstützt ausdrücklich den zweistufigen Ansatz des Datenschutzausschusses (der ehemaligen Art.-29-Datenschutzgruppe), die in einem ersten Schritt eine eingeschränkte Information über bestimmte Punkte genügen lässt (“layered”-Ansatz);
- zur Einwilligung in die Datenbearbeitung zu Zwecken des Direktmarketing. Unter anderen
- seien bei der Einwilligung in Direktmarketing jeweils mind. folgende Punkte zu nennen: die Art der beabsichtigten Werbung (Brief, E‑Mail/SMS, Telefon, Fax); die Produkte oder Dienstleistungen, für die geworben werden soll; die werbenden Unternehmen;
- können Visitenkarten eine wirksame Einwilligung darstellen, wenn sei von den betroffenen Personen auf Messen oder sonstigen Veranstaltungen ausdrücklich zur Informationszusendung oder weiteren geschäftlichen Kontaktaufnahme hinterlassen werden (sofern der Verantwortliche die Einwilligung nachweisen kann;
- ist für elektronische Einwilligungen das Double-Opt-In-Verfahren geboten;
- wenn es um die Einwilligung betr. Telefonnummern geht, ist i.d.R. eine schriftliche Einwilligung erforderlich (bzw. “regelmäßig die beste Möglichkeit für eine spätere Belegbarkeit”);
- ist das Kopplungsverbot zu beachten;
- kann eine Einwilligung gemäss deutscher Rechtsprechung durch Zeitablauf verfallen, d.h. ihre Wirksamkeit verlieren;
- ist für die werbliche Nutzung besonderer Datenkategorien eine ausdrückliche Einwilligung erforderlich.
Weitere Punkte betreffen u.a. Freundschaftswerbung, Empfehlungswerbung und den Widerspruch nach Art. 21.
Bemerkungen zur Orientierungshilfe finden sich bei Carlo Piltz (de lege data).