Parl. Initiative Frick (03.435): Beseitigung von überflüssigen Überwachungsmassnahmen im Internetverkehr
26.04.2004: zurückgezogen.
Eingereichter Text
Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung und Artikel 21bis des Geschäftsverkehrsgesetzes reiche ich folgende Parlamentarische Initiative in der Form der allgemeinen Anregung ein:
Das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf, insbesondere Artikel 15) ist so zu ändern, dass die sechsmonatige Aufbewahrungspflicht der so genannten Randdaten für Provider (Internetanbieter) entfällt.
Begründung
Auf der Grundlage von Artikel 15 Büpf hat der Bundesrat mit der Verordnung (Vüpf; SR 780.11) zwei wesentliche Dinge geregelt:
- Bei Verdacht einer Straftat ist der Internetverkehr innert Stunden zu überwachen, und die übermittelten Daten sind im Detail festzuhalten. Das ist nötig und mit vernünftigem Aufwand machbar. Wer sich dem begründeten Verdacht aussetzt, via Internet kriminell tätig zu sein, soll ohne jedes Pardon gründlich überwacht werden.
- Der Bundesrat ordnet auch die allgemeine rückwirkende Überwachung aller Verkehrs- und Rechnungsdaten an. Jeder Provider muss auf sechs Monate zurück jederzeit angeben können, welcher Internetbenutzer zu welchem Zeitpunkt ein Mail an welche Person gesandt bzw. ein Mail erhalten hat.
Soweit das Büpf in Artikel 15 die Grundlage für die rückwirkende Überwachung schafft, schiesst es über das Ziel hinaus:
1. Gemäss der bundesrätlichen Antwort auf meine Interpellation (02.3739) sei die Aufbewahrung für die Rechnungsstellung nötig, damit die Rechnungsstellung der Provider überprüft werden könne. Nun ist die Realität aber so, dass kein Provider Rechnung nach der Anzahl der versandten oder eingegangenen Nachrichten stellt. Also ist die Vorschrift von daher – anders als beim Telefonverkehr – nicht nötig.
2. Für die Bekämpfung der Kriminalität bringt die Vorschrift aus drei Gründen nichts (offenbar ging der Gesetzgeber vor einigen Jahren von Vorstellungen aus, die durch die Realität völlig überholt sind):
- Jedermann kann auf einen ausländischen Provider irgendwo auf der Welt ausweichen, in dessen Staat keine analoge Überwachung stattfindet. Auch die EU kennt übrigens keine solche Vorschrift.
- Jedermann kann den Provider umgehen und “sein eigener Provider” sein. Nötig sind nur Investitionen von einigen hundert Franken und einige Stunden Arbeit.
- Für die Bekämpfung der Kriminalität ist die Bestimmung unergiebig, weil nur die Randdaten (im Wesentlichen: Absender, Empfänger und Zeit) aufbewahrt werden, welche über den Inhalt nichts aussagen.
3. Die Bestimmung verlangt einen Kosteneinsatz, der in keinem Verhältnis zum Ertrag steht. Kleine Provider müssen Erstinvestitionen in der Grösse von 50 000 bis 100 000 Franken tätigen, was bis zu 10 Prozent des Umsatzes ausmacht. Für grosse sind es weit mehr als eine Million Franken. Für den Betrieb – Wartung, Update, Software und Arbeitsleistungen im Betrieb – fallen jährlich nochmals die gleichen Kosten an. Derartige Kosten den Unternehmen aufzubürden, um eine unergiebige Detailüberwachung aller Internetbenutzer zu erzwingen, ist sinnlos und wirtschaftlich schädlich.
Artikel 15 Absatz 3 Büpf und gegebenenfalls auch weitere Bestimmungen sind zu ändern, damit diese überflüssige, kostentreibende und nutzlose Überwachung – “Orwell made in Switzerland 2003” – rückgängig gemacht wird.