Eingereichter Text
Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Bericht zusammen mit den Kantonen das Kosten-Nutzen-Verhältnis des elektronischen Patientendossiers (E‑PD) zu untersuchen und, wenn dieses positiv ausfällt, die Instrumente bereitzustellen, damit es rasch generell eingeführt werden kann.
Der erwartete Nutzen des E‑PD sowohl in Bezug auf die Behandlungsqualität als auch auf den Rückgang der Gesundheitskosten dürfte mittelfristig die Einführungskosten bei Weitem übersteigen. Allerdings hängt die Wirksamkeit des E‑PD davon ab, ob das schwächste Glied des Systems seinen Widerstand aufgibt: Ein Teil der auf selbstständigen Ärztinnen und Ärzte, der Apothekerinnen und Apotheker und der Laboratorien wird das E‑PD erst sehr spät einführen, weil sie selbst für die Kosten aufkommen müssen. Nur eine flächendeckende Einführung des E‑PD ermöglicht es aber, dass dessen voller Nutzen zum Tragen kommt.
Gleichzeitig ist zu prüfen, wie der Mangel an Big-Data-Fachleuten im Bereich der Medizin behoben werden kann.
Begründung
Das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) ist am 15. April 2017 in Kraft getreten. Die Kantone haben drei Jahre Zeit, um das E‑PD in den Spitälern, und fünf Jahre, um es in den Pflegeheimen einzuführen. Der Tätigkeitsbericht der Kantone vom Dezember 2017 zeigt, dass die Kantone dabei sehr unterschiedliche Wege einschlagen.
Dank dem E‑PD sollten sich die Qualität der Behandlung verbessern und die Gesundheitskosten eindämmen lassen. Das E‑PD würde zu weniger Hospitalisierungen und weniger Eingriffen (unangemessene Mehrfachbehandlung, gleichartige Untersuchungen und Verschreibungen) führen. Es würde auch erlauben, in Richtung einer “integrierten Versorgung” fortzuschreiten, die laut Curafutura Einsparungen von drei Milliarden bringen könnte.
Das E‑PD ist nur nützlich, wenn es die komplette Krankengeschichte eines Patienten oder einer Patientin enthält. Nun müssen aber die selbstständigen Ärztinnen und Ärzte, die Apothekerinnen und Apotheker und die Laboratorien das E‑PD selbst finanzieren. Die USA schätzen die für 10 Jahre nötige Anstossfinanzierung auf 22,5 Milliarden Dollar. Auf Schweizer Verhältnisse übertragen macht das zu amerikanischen Preisen etwa 60 Millionen Franken aus. Für das EPDG sind auf Bundesebene zurzeit 30 Millionen für drei Jahre bereit gestellt. Das reicht nicht.
Die Einführung des E‑PD erfordert Big-Data-Spezialistinnen und ‑Spezialisten im Bereich der Medizin, die sich darum kümmern müssten, welche Daten in welcher Form für welche Vertraulichkeitsstufe erhoben werden, wer deren Adressatinnen und Adressaten sind und welche medizinischen Statistiken erstellt werden. Der Bundesrat sollte die Ausbildung in diesem Fachbereich im Inland fördern.
Das E‑PD dürfte zu mehr Effizienz und zu geringeren Kosten führen, vorausgesetzt, alle machen mit.
Stellungnahme des Bundesrats vom 23.5.18
Mit dem elektronischen Patientendossier (EPD) sollen die Patientensicherheit, die Behandlungsqualität und die Effizienz der Gesundheitsversorgung verbessert sowie die Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten gestärkt werden. Wie die im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten durchgeführte Regulierungsfolgeabschätzung gezeigt hat, wird der Hauptnutzen des EPD der Bevölkerung zufallen. Insbesondere für die Patientinnen und Patienten, die an einer chronischen Krankheit leiden (in der Schweiz rund 1,7 Millionen Menschen), wird schon wenige Jahre nach Einführung des EPD ein konkreter Nutzen erwartet. Da sich dieser primär in einer besseren Patientensicherheit, einer besseren Behandlung und mehr Gesundheitskompetenz äussern wird, lässt sich dieser jedoch nur sehr schwer quantifizieren. Deshalb unterstützt der Bund den Aufbau der Stammgemeinschaften und Gemeinschaften insgesamt mit bis zu 30 Millionen Franken. Da der Bund nur Projekte mit Finanzhilfen unterstützt, die von Kantonen oder Dritten mindestens im gleichen Umfang mitfinanziert werden, dürften voraussichtlich rund 60 Millionen Franken in den Aufbau von Stammgemeinschaften und Gemeinschaften investiert werden.
Mit der Frage der Verpflichtung aller Gesundheitsfachpersonen, ein EPD anzubieten, hat sich der Bundesrat am 29. März 2018 im Rahmen der Diskussion zum Stand der Umsetzung der Massnahmen, die im Bericht der Expertengruppe “Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung” vorgeschlagen wurden, befasst. Er ist der Ansicht, dass mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 19. Juni 2015 über das elektronische Patientendossier (EPDG; SR. 816.1) am 15. April 2017 und einer Übergangsfrist von drei Jahren für den Anschluss der Spitäler und von fünf Jahren für den Anschluss der Pflegeheime eine Änderung zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht wäre. Zumal sich das Parlament bei der Verabschiedung des EPDG explizit für die Beibehaltung der Freiwilligkeit für die ambulant tätigen Gesundheitsfachpersonen ausgesprochen hat.
Bund und Kantone setzen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dafür ein, dass die für die Umsetzung des elektronischen Patientendossiers notwendigen Fachpersonen ausgebildet werden. Auch der “Aktionsplan Digitalisierung im BFI-Bereich in den Jahren 2019 und 2020” des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation, den der Bundesrat am 5. Juli 2017 zur Kenntnis genommen hat, zielt darauf ab, die Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen im Bereich Digitalisierung zu fördern.
In Ergänzung zur laufenden begleitenden Evaluation, mit welcher die Einführung des EPD stetig optimiert werden soll, wird das EPDG nach den ersten Betriebsjahren (voraussichtlich im Jahr 2025) einer beurteilenden Gesetzesevaluation unterzogen. Deshalb verzichtet der Bundesrat zum aktuellen Zeitpunkt darauf, eine weitere Studie durchzuführen.