Postulat Müller-Altermatt (13.3482): Rechtliche Grundlagen für den “Steuerpranger”
Abgeschrieben 19.06.2015
Eingereichter Text
Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht zur rechtlichen Situation und zur aktuellen Praxis bezüglich des Inkassos von Steuerschulden bei Gemeinden und Kantonen zu verfassen. Insbesondere soll dargestellt werden,
1. welche datenschutzrechtlichen Grundlagen auf Bundes- und Kantonsebene bestehen, mit denen die Veröffentlichung von Steuerschulden geregelt wird;
2. welche Unterschiede zwischen den Kantonen bestehen hinsichtlich der Veröffentlichung von Steuerschulden;
3. welche bundesrechtliche Anpassung nötig wäre, um einen “Steuerpranger” zu legalisieren;
4. wie ein “Steuerpranger” ausgestaltet werden könnte, damit die Persönlichkeitsrechte der Angeprangerten nicht verletzt werden (z. B. durch Definition der Kriterien zur Veröffentlichung, zwingender Verfahrensablauf usw.).
Begründung
Für Kantone und Gemeinden stellt das Inkasso der Steuergelder eine immer grössere Herausforderung dar. Die abnehmende Zahlungsmoral und der stark ausgebaute Datenschutz führen zu immer grösseren Ausständen bei Steuern und Gebühren. Einige Gemeinden haben aus dieser unbefriedigenden Situation heraus Massnahmen ergriffen, welche die Grenzen des Legalen überschritten haben. Mit einem “Steuerpranger” haben sich beispielsweise die Gemeindebehörden von Egerkingen strafbar gemacht. Tatsächlich ist das Anprangern zahlungsunwilliger Mitbürger mit Blick auf deren Persönlichkeitsschutz bedenklich. Ebenso bedenklich ist aber die Tatsache, dass sich Leute hinter diesem Persönlichkeitsschutz verstecken und die Allgemeinheit um ihre Zahlung prellen können.
Es ist daher angezeigt, Wege zu finden, welche die Zielkonflikte zwischen Persönlichkeitsschutz und Steuerprellerei auflösen können. Eine Auslegeordnung der rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten sowie der angewendeten Praxis soll diese Wege frei machen.
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h1>Stellungnahme des Bundesrats
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Der Postulant ersucht den Bundesrat um einen Bericht über die Veröffentlichung von Steuerschulden bei Kantonen und Gemeinden, wobei insbesondere die Möglichkeit der Einführung eines “Steuerprangers” für säumige Steuerschuldner ausgelotet werden soll.
Gemäss der geltenden Steuergesetzgebung des Bundes und der Kantone sind alle Personen, die mit dem Vollzug der Steuergesetze betraut sind, zur Verschwiegenheit über die dabei gemachten Feststellungen und über die Verhältnisse der Steuerpflichtigen verpflichtet (vgl. Art. 110 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer, DBG; SR 642.11). Dies wird als Wahrung des Steuergeheimnisses bezeichnet. Die Einführung des beantragten “Steuerprangers” würde diesem Grundsatz widersprechen.
Bund, Kantone und Gemeinden haben sich für das Inkasso der ihnen zustehenden Steuern an die Vorschriften des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG; SR 281.1) zu halten. Der Gesetzgeber hat seit je darauf verzichtet, dem Fiskus besondere Mittel zur Eintreibung seiner öffentlich-rechtlichen Forderungen in die Hand zu geben, die den Gläubigern von privatrechtlichen Forderungen nicht zur Verfügung stehen. Es trifft zu, dass die Kantone und Gemeinden bei etlichen Steuerschuldnern auf grosse Schwierigkeiten stossen, wenn sie die offenen Steuerschulden eintreiben wollen. Private Gläubiger können jedoch beim Eintreiben ihrer Forderungen auf ähnliche Schwierigkeiten stossen. Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Gläubiger wäre es deshalb problematisch, einen vom Postulanten ins Auge gefassten “Steuerpranger” zugunsten des Fiskus einzuführen.
Der Postulant weist selber darauf hin, dass sich aus der Einführung des “Steuerprangers” Probleme mit dem Persönlichkeits- und Datenschutz ergeben würden. Es wäre kaum möglich, bei der Einführung des “Steuerprangers” die Persönlichkeitsrechte der davon Betroffenen zu wahren. Der “Steuerpranger” soll ja durch die öffentliche Nennung der Namen der Schuldner diese dazu bewegen, ihre Steuerausstände zu begleichen. Die Verletzung von deren Persönlichkeitsrechten wäre somit gewollt oder würde zumindest in Kauf genommen.
Zusammenfassend erweist sich die Einführung des “Steuerprangers” als mit der geltenden Rechtsordnung unvereinbar, weshalb auf die Erstellung des vom Postulanten beantragten Berichtes zu verzichten ist.