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Postu­lat SPK‑N (14.3672): Demon­stra­tio­nen und Gross­an­läs­se. Bekannt­ga­be von Internetadressen

Postu­lat SPK‑N (14.3672): Demon­stra­tio­nen und Gross­an­läs­se. Bekannt­ga­be von Internetadressen

Ein­ge­reich­ter Text

14.305, “Fer­tig mit dem anony­men Auf­ruf zu Demon­stra­tio­nen und Gross­an­läs­sen ohne Über­nah­me von Ver­ant­wor­tung”, allen­falls umge­setzt wer­den könnte.

Stel­lung­nah­me des Bundesrats

Die Stan­des­in­itia­ti­ve Bern for­dert, prä­ven­tiv, d. h. vor erfolg­ter Straf­tat, IT-Adres­sen auf gericht­li­che Anord­nung hin den Poli­zei­be­hör­den bekannt­zu­ge­ben. Der Poli­zei soll damit ermög­licht wer­den, die im Inter­net anonym Auf­ru­fen­den zu ermit­teln, damit sie als fak­ti­sche Orga­ni­sa­to­ren in die Pflicht genom­men und im Scha­dens­fall zur Ver­ant­wor­tung gezo­gen wer­den können.

Auf dem Gebiet des Post- und Fern­mel­de­we­sens sowie des Straf- und Straf­pro­zess­rechts bestehen Bun­des­kom­pe­ten­zen (Art. 92 Abs. 1 und Art. 123 Abs. 1 der Bun­des­ver­fas­sung); von die­sen Ver­fas­sungs­nor­men kann eine Recht­set­zungs­kom­pe­tenz des Bun­des für eine all­fäl­li­ge Umset­zung der vor­lie­gen­den For­de­rung abge­lei­tet werden.

Schon heu­te kann unter Ein­hal­tung der Bedin­gun­gen gemäss der Schwei­ze­ri­schen Straf­pro­zess­ord­nung (StPO; SR 312) und gestützt auf das Bun­des­ge­setz zur Über­wa­chung des Post- und Fern­mel­de­ver­kehrs (Büpf; SR 780.1) eine Teil­neh­mer­iden­ti­fi­ka­ti­on ange­ord­net wer­den, wenn eine Straf­tat über Inter­net began­gen wird (z. B. Auf­for­de­rung zu Straf­ta­ten, ins­be­son­de­re Gewalt­tä­tig­kei­ten gemäss Art. 259 des Straf­ge­setz­bu­ches; SR 311.0). Zudem erlaubt das Bun­des­ge­setz über Mass­nah­men zur Wah­rung der inne­ren Sicher­heit (Art. 13 Abs. 1bis; SR 120) dem Nach­rich­ten­dienst des Bun­des, Adres­sie­rungs­ele­men­te zu eru­ie­ren und die­se Teil­neh­mer zu iden­ti­fi­zie­ren, wenn die Auf­ru­fe aus einem gewal­tex­tre­mi­sti­schen oder ter­ro­ri­sti­schen Milieu stammen.

Aller­dings erach­tet der Bun­des­rat den Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ssig­keit nicht für gewahrt, wenn die Iden­ti­tät der anony­men Per­so­nen bekannt­ge­ge­ben wird und deren Auf­ruf zu Demon­stra­tio­nen oder ande­ren Gross­an­läs­sen kei­ne Auf­for­de­rung zu Ver­bre­chen oder Gewalt­tä­tig­kei­ten ent­hält: Der Auf­ruf zu einer unbe­wil­lig­ten Demon­stra­ti­on oder Ver­samm­lung allein ist kei­ne Straf­tat gemäss Straf­ge­setz­buch und stellt nicht per se eine Gefähr­dung der öffent­li­chen Sicher­heit dar. Kommt es an einem Anlass spon­tan zu Stö­run­gen des öffent­li­chen Lebens und zu einer Bedro­hung oder Ver­let­zung von Teil­neh­men­den und Pas­san­ten, darf eine straf- und zivil­recht­li­che Mit­ver­ant­wor­tung der Initi­an­ten des Anlas­ses nicht ohne Wei­te­res ange­nom­men wer­den. Somit dürf­te das erklär­te Ziel der Mass­nah­me, die auf die­se Wei­se iden­ti­fi­zier­ten Initi­an­ten eines ausser Kon­trol­le gera­te­nen Anlas­ses recht­lich belan­gen zu kön­nen, kaum rea­li­sier­bar sein. Auch setzt die Teil­neh­mer­iden­ti­fi­ka­ti­on gemäss Büpf (bzw. StPO) den Ver­dacht der Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den vor­aus, dass eine Straf­tat began­gen wor­den ist; die Bekannt­ga­be die­ser Infor­ma­tio­nen an die Poli­zei für rein prä­ven­ti­ve Zwecke ist danach nicht zuläs­sig. Für den Bun­des­rat ist kei­ne Situa­ti­on erkenn­bar, bei der die Teil­neh­mer­iden­ti­fi­ka­ti­on zum Zweck einer prä­ven­ti­ven Anspra­che gegen­über Initi­an­ten von Ver­samm­lun­gen ein taug­li­ches Instru­ment dar­stel­len wür­de, um spon­ta­ne Exzes­se künf­ti­ger Teil­neh­men­der zu ver­hin­dern. Auch kom­men bei Pro­vi­dern mit Sitz im Aus­land zusätz­li­che Schwie­rig­kei­ten bei der Durch­setz­bar­keit einer sol­chen Rege­lung zur Teil­neh­mer­iden­ti­fi­ka­ti­on hin­zu. Schliess­lich wür­de von der ins Auge gefass­ten Rege­lung auch eine pro­hi­bi­ti­ve Wir­kung aus­ge­hen, was einen erheb­li­chen Ein­griff in die ver­fas­sungs­recht­lich garan­tier­te Ver­samm­lungs­frei­heit dar­stel­len würde.

Aus den genann­ten Grün­den bean­tragt der Bun­des­rat die Ableh­nung des Postulates.

Soll­te die­ses trotz­dem ange­nom­men wer­den, ist zu berück­sich­ti­gen, dass vor­lie­gend die Kan­to­ne mit ein­be­zo­gen wer­den müs­sen. Die Ver­ab­schie­dung eines Berich­tes wäre daher frü­he­stens im Herbst 2015 möglich.

Stän­de­rat, Win­ter­ses­si­on 2014, 10.12.14

17.2.2016: Bericht des Bun­des­ra­tes in Erfül­lung des Postu­lats 14.3672 der Sicher­heits­po­li­ti­schen Kom­mis­si­on des Stän­de­ra­tes vom 1.September 2014.Demonstrationen und Gross­an­läs­se. Bekannt­ga­be von Internetadressen

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