Staatsanwaltschaft I des Kt. ZH: Einstellungsverfügung betr. StGB 271 (22. März 2005) (ZR 104/2005 S. 230):
[…] Der Begründung des Bundesgerichts folgend ist offenbar jede Befragung einer Drittperson eine Zeugenbefragung, wenn der Inhalt der von dieser vorgebrachten Äusserungen in irgendeiner Form anschliessend in ein gerichtliches Verfahren eingeführt wird und dort Beweiswert hat. Das trifft zumindest für den Kanton Zürich nicht zu. Zeugenbefragungen können hierorts nur durch Beamte unter Beobachtung strenger Formvorschriften durchgeführt werden. Immer wieder kommt es vor, dass Anwälte mit potenziellen Zeugen im Sinne der zürcherischen Prozessordnung Gespräche führen und deren Inhalt über eigene Schriften in den Prozess einbringen bzw. Drittpersonen um schriftliche Stellungnahmen ersuchen, die dann den Weg in die Akten finden. Denken kann man weiter an Befragungsprotokolle von internen Untersuchungsorganen einer Gesellschaft in Fällen, in denen ein Mitarbeiter eines Vermögensdeliktes zum Nachteil der Gesellschaft verdächtigt wird, an Erklärungen gegenüber einer Revisionsfirma und viele ähnlichen Dokumente, die vor Anhebung einer Strafanzeige verfasst und dieser dann beigelegt werden. In solch einem Vorgehen liegt, wenn nicht Einfluss auf den Inhalt der Erklärungen genommen wird, nichts strafrechtlich Relevantes und, wie der Entscheid der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich zeigt, auch nichts Standeswidriges vor. Es kann nicht sein, dass Tätigkeiten, die in innerstaatlichen Prozessen erlaubt sind, unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Landessouveränität plötzlich strafbar sein sollen, wenn sie Auswirkungen auf ein ausländisches Verfahren haben. Vielmehr ist auf die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers abzustellen, wonach Handlungen nur dann strafbar sein sollen, wenn sie innerstaatlich ein Verfahren wegen Amtsmissbrauch nach sich ziehen würden. Die gegenteilige Auffassung passt schwer zur Internationalisierung der Gesellschaft, der auch die Schweiz unterworfen ist.[…]