In den Januar- und Juni-Ausgaben der “Verwaltungspraxis der Bundesbehörden” (VPB) 2016 wurden mehrere Verfügungen veröffentlicht, die Gesuche um Erteilung einer Bewilligung nach Art. 271 Ziff. 1 StGB betreffen. Es ging dabei um folgende Gesuche:
- Entscheid des EJPD vom 12. Februar 2014 betreffend Erteilung von Auskünften an ein US-Zivilgericht: Feststellung, dass Art. 271 StGB den betreffenden Sachverhalt nicht erfasst – VPB 2016.7
- Entscheid des EJPD vom 10. April 2014 betreffend Heraushabe von Unterlagen in einem englischen Zivilverfahren: Feststellung, dass Art. 271 StGB den betreffenden Sachverhalt nicht erfasst – VPB 2016.3
- Entscheid des EJPD vom 11. April 2016 betreffend Einreichung eines affidavit in einem Zivilverfahren vor dem Grand Court of the Cayman Islands: Feststellung, dass Art. 271 StGB den betreffenden Sachverhalt nicht erfasst – VPB 2016.7
Diese Verfügungen werden von Damian K. Graf besprochen: Graf, Mitwirkung in ausländischen Verfahren im Spannungsfeld mit Art. 271 StGB, GesKR 2016, 169 ff. [Swisslex] Abstract:
Anfangs dieses Jahres wurden in der Verwaltungspraxis der Bundesbehörden (VPB) zwei Verfügungen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) bzw. des Bundesamts für Justiz (BJ) aus dem Jahre 2014 publiziert. Darin befasste es sich mit den Implikationen von Art. 271 StGB auf den noch zulässigen Umfang der Mitwirkung bei der Beweiserhebung im Rahmen ausländischer Verfahren. Auch das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) hat zu dieser Thematik in den vergangenen Jahren – auch ausserhalb der Bankenfälle – zahlreiche, bislang unveröffentlichte Verfügungen erlassen.
Die Auswirkungen der neueren Verwaltungspraxis sind einschneidend: Einerseits scheint die noch zulässige Mitwirkung ausgeweitet worden zu sein, indem das EJPD die Herausgabe gewisser Dokumente und Informationen auch dann noch als zulässig erachtet, wenn für den Fall der Mitwirkungsverweigerung Strafsanktionen angedroht sind. Das soll selbst für verfahrensexterne Dritte gelten. Andererseits hat eine neue Tendenz der Departemente eine empfindliche Einschränkung zur Folge, indem nichtöffentliche identifizierende Drittinformationen nicht mehr ohne Bewilligung herausgegeben werden dürfen sollen.