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EGMR i.S. Pod­cha­sov vs. Russ­land: unver­hält­nis­mä­ssi­ger Zugriff auf ent­schlüs­sel­te Kommunikationsdaten

Der Euro­päi­sche Gerichts­hof für Men­schen­rech­te hat sich im Urteil Pod­cha­sov vs. Russ­land vom 13. Febru­ar 2024 mit der Fra­ge beschäf­tigt, wann eine Ver­pflich­tung zur Ent­schlüs­se­lung von Daten kon­ven­ti­ons­kon­form ist.

Das mass­geb­li­che rus­si­sche Recht ver­pflich­tet sog. “Orga­ni­sa­to­ren der Infor­ma­ti­ons­ver­brei­tung im Inter­net”, alle Kom­mu­ni­ka­ti­ons­da­ten ein Jahr und Inhalts­da­ten sechs Mona­te lang auf rus­si­schem Boden vor­zu­hal­ten und sie den Behör­den in bestimm­ten Fäl­len her­aus­zu­ge­ben, ent­schlüs­selt oder mit einer Ent­schlüs­se­lungs­mög­lich­keit, und mit Per­so­nen­da­ten der Nut­zer. Laut dem Klä­ger – Hr. Pod­cha­sov, ein Tele­gram-Nut­zer – ver­let­zen die­se Anfor­de­run­gen an Tele­gram die EMRK. Tele­gram ent­hält eine optio­na­le Ende-zu-Ende-Ver­schlüs­se­lung.

Der EGMR gibt ihm recht. Das ein­schlä­gi­ge rus­si­sche Recht ist unver­hält­nis­mä­ssig und ver­letzt Art. 8 EMRK:

  • Per­so­nen­da­ten zu spei­chern stellt für sich genom­men einen Ein­griff i.S.v. Art. 8 EMRK dar, unab­hän­gig von einer Ver­wen­dung, und wie schon 2015 in Roman Zak­ha­rov fest­ge­hal­ten, stellt die Exi­stenz der rus­si­schen Über­wa­chungs­mass­nah­men einen Ein­griff dar, auch ohne Zugriff, ange­sichts des gehei­men Cha­rak­ters, des brei­ten Anwen­dungs­be­reichs und des Feh­lens wirk­sa­mer Mit­tel zur Anfechtung;
  • eine Recht­fer­ti­gung käme nur durch eine rechts­staat­li­che Grund­la­ge in Fra­ge, die ins­be­son­de­re ver­hält­nis­mä­ssig ist. Sie fehlt in Russ­land. Zwar muss der Daten­zu­griff von einem Gericht geneh­migt wer­den, aber die Anbie­ter müs­sen Gerä­te instal­lie­ren, die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den einen direk­ten Fern­zu­griff auf die gespei­cher­ten Daten ermög­li­chen, und die rich­ter­li­che Geneh­mi­gung brau­chen sie dem Anbie­ter nicht vorzuweisen;
  • Ver­schlüs­se­lung hat eine beson­de­re Bedeu­tung, u.a. weil sie das Pri­vat­le­ben und das Brief­ge­heim­nis im Inter­net schützt;
  • es ist tech­nisch offen­bar unmög­lich, Schlüs­sel für ein­zel­ne Nut­zer von Tele­gram zur Ver­fü­gung zu stel­len – die Ent­schlüss­lung wür­de die gesam­te Ende-zu-Ende-ver­schlüs­sel­te Kom­mu­ni­ka­ti­on betrref­fen, was die Ver­schlüs­se­lungs­tech­no­lo­gie von Tele­gram als sol­che schwächt.

Der EGMR ver­weist in der Begrün­dung u.a. auf

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