Eingereichter Text
Schweizer Unternehmen setzen vermehrt auf den Einsatz von algorithmischen Systemen. Davon sind auch die Arbeitnehmenden betroffen. Ein Rechtsgutachten der Universität St. Gallen zeigt auf, dass es im aktuellen gesetzlichen Rahmen Lücken gibt, gerade in Bezug auf die Beteiligung der Arbeitnehmenden. Dadurch können Risiken entstehen, die den Nutzen dieser Systeme schmälern. Daraus ergeben sich folgende Fragen an den Bundesrat:
- Teilt der Bundesrat die Einschätzung des Rechtsgutachtens, dass es im Bereich der Mitwirkung gesetzliche Lücken gibt, insbesondere wenn vermehrt algorithmische Systeme genutzt werden? Wie sollen diese Lücken geschlossen werden?
- Wie schätzt der Bundesrat die Risiken für Arbeitnehmende, die sich aus der Nutzung algorithmischer Systeme am Arbeitsplatz ergeben, ein? Wie sieht der Bundesrat vor, diesen Risiken zu begegnen?
- Inwiefern kann die bestehende Sozialpartnerschaft gestärkt werden, um auf eine vermehrte Nutzung von Künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz vorbereitet zu sein?
- Welche Zahlen gibt es zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz und den positiven und negativen Auswirkungen, die diese Nutzung bereits jetzt auf Arbeitnehmende hat?
Stellungnahme des Bundesrates vom 14.2.2024
Zu Frage 1: Das Mitwirkungsgesetz (SR 822.14) sieht ein allgemeines Informationsrecht vor (Art. 9), das durch besondere Mitspracherechte ergänzt wird, namentlich im Bereich der Gesundheit am Arbeitsplatz (Art. 10 Abs. 1 Bst. a i. V. m. Art. 48 Abs. 1 Bst. a des Arbeitsgesetzes [ArG]). Zusätzlich zum Informations- und dem Mitspracherecht gibt es Vorschriften zum Gesundheitsschutz, die den Einsatz von Überwachungs- oder Kontrollsystemen, die das Verhalten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsplatz überwachen sollen, verbieten (Art. 26 Abs. 1 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz [ArGV 3]). Das neu revidierte Datenschutzgesetz (SR 235.1) verstärkt unter anderem die Informationspflicht bei automatisierten Entscheidungen und führt die Möglichkeit ein, die Überprüfung durch eine natürliche Person zu verlangen. Weiter ist darin die Pflicht zur Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung verankert, wenn die geplante Bearbeitung ein hohes Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person mit sich bringen kann.
Künstliche Intelligenz entwickelt sich somit nicht in einem rechtsfreien Raum. Der Bundesrat hat am 22. November 2023 eine Auslegeordnung möglicher Regulierungsansätze zum Einsatz von künstlicher Intelligenz unter der Federführung des UVEK und des EDA in Auftrag gegeben, die auch allfälligen sektorspezifischen Regulierungsbedarf umfassen wird. Die Ergebnisse dieser Arbeiten werden voraussichtlich Ende 2024 vorliegen. Gestützt auf diese Arbeiten wird der Bundesrat beurteilen, ob in den genannten Rechtsgebieten allenfalls Lücken im Hinblick auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz bestehen und entscheiden, welcher gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht und wie diesem Rechnung getragen werden soll. Den Ergebnissen dieser Arbeiten soll nicht vorgegriffen werden.
Zu Frage 2: Der Bundesrat ist sich bewusst, dass der zunehmende Einsatz von algorithmischen Systemen am Arbeitsplatz mit Unsicherheiten verbunden ist. Die mögliche Regulierung von KI in der Schweiz ist daher auch ein Fokusthema der Strategie «Digitale Schweiz» 2024, die sich für eine verantwortungsvolle digitale Transformation der Schweiz zugunsten der gesamten Bevölkerung einsetzt. Allfällige Risiken für Arbeitnehmende werden in diesem Zusammenhang diskutiert und adressiert werden.
Zu Frage 3: Beim Erlass des Mitwirkungsgesetzes ging der Gesetzgeber davon aus, dass die Sozialpartner gemeinsam Lösungen erarbeiten. Es ist nun primär an den Sozialpartnern selbst, diese Verantwortung wahrzunehmen und sich auf eine vermehrte Nutzung von künstlicher Intelligenz vorzubereiten.
Zu Frage 4: Der Bundesrat verfügt nicht über detaillierte Zahlen zur Nutzung von künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz. Hingegen zeigt der Monitoringbericht des Bundesrats vom 09. Dezember 2022 zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt, dass sich Berufe und Tätigkeiten seit dem letzten Monitoring 2017 zwar laufend veränderten, dass sich daraus jedoch keine negativen Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung oder die Qualität der Beschäftigungsverhältnisse ergaben. Der Bundesrat beobachtet die Entwicklung weiterhin aufmerksam.