Der EuGH hatte im Verfahren C‑708/18 auf Vorlage des Landgerichts Bukarest, Rumänien, die Frage zu beantworten, ob nationale Vorschriften, die eine Videoüberwachung in Gemeinschaftsbereichen eines Wohngebäudes zum Schutz und zur Sicherheit von Personen und Eigentum erlauben, mit der Datenschutz-Richtlinie (EG/95/46) im Licht der Charta vereinbar sind. Der EuGH hält dabei fest, dass
- der Schutz des Eigentums, der Gesundheit und des Lebens der Miteigentümer eines Gebäudes ist ein „berechtigtes Interesse“ i.S.v. Art. 7 lit. f der Richtlinie;
- das berechtigte Interesse muss zum Zeitpunkt der Verarbeitung entstanden und vorhanden sein, d.h. es darf zu diesem Zeitpunkt nicht hypothetisch sein. Das verlangt aber nicht, dass die Sicherheit des Eigentums und der Personen zuvor bereits beeinträchtigt worden ist. Vorliegend genügt es vielmehr, dass vor Inbetriebnahme des Videoüberwachungssystems Diebstähle, Einbrüche und Vandalismus vorgekommen sind, obwohl am Gebäudeeingang ein Sicherungssystem mit Gegensprechanlage und Magnetkarte installiert war;
- da alternative Massnahmen in Form des am Gebäudeeingang installierten Sicherungssystems ergriffen worden waren, sich aber als unzureichend erwiesen haben, und da sich die Videoüberwachung auf Gemeinschaftsbereiche des Gebäudes und auf die Zugangswege zu ihm beschränkten, war die Verhältnismässigkeit gewahrt. Es ist aber zu prüfen, ob es ausreicht, wenn die Videoüberwachung nur in der Nacht oder ausserhalb der normalen Arbeitszeit in Betrieb ist und wenn Bilder von Bereichen, die nicht überwacht werden müssen, blockiert oder unscharf eingestellt werden;
- die erforderliche Interessenabwägung ist im Einzelfall vorzunehmen. Ein Mitgliedstaat kann die Verarbeitung bestimmter Kategorien von Personendaten nicht kategorisch und allgemein ausschliessen, ohne Raum für eine konkrete Abwägung zu lassen.